VW Bus Doka

Dieser VW Bus fuhr in 54 Jahren nur 348 Kilometer

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Da steht er nun. Mit einem Motor, der in mehr als einem halben Jahrhundert wohl nur eine Handvoll mal angelassen wurde. Mit einer ausgesprochen niedrigen Laufleistung von kaum glaubhaften 348 Kilometern. Das klingt nach einem nicht mal richtig eingefahrenen Neuwagen. Irgendwie ist er das ja auch, der „Sir Adam“ von Manfred Klee aus Waldesch bei Koblenz. Aber: „Sir Adam“ ist ein VW Bus Doka. Und der rollte bereits im Jahre 1960 – also vor 54 Jahren – vom Band. Doka (heute schreibt man neudeutsch DoKa), das stand und steht bei Volkswagen für eine Doppel-Kabine, also einen Transporter mit Pritsche oder Aufbau hinter einem Fahrerhaus mit bis zu sechs Sitzplätzen. Und das ist schon seit Jahrzehnten so. Die Doka von Manfred Klee hat eine seltsame – und eine recht traurige – Geschichte hinter sich. Ausgeliefert wurde sie am 8. April 1960 vom Volkswagen-Händler Jack Adams in Wuppertal-Barmen. Diesem Händler – und Klees Kumpel Adam Balkanli, der ihm seinerzeit viel geholfen hat – verdankt der Bus übrigens auch seinen adligen Kosenamen. Bei Kilometerstand 003 machte Jack Adams am 8. April 1960, so ist es dokumentiert, die Übergabeinspektion. Der Käufer des lichtgrauen VW-Bus-Doppelkabiners war Werkzeugmacher aus Remscheid. Der Handwerker ahnte offenbar, dass seine Gattin mit seinem Kauf nicht ganz einverstanden war, denn er ließ seinen neuen Transporter hinter einer Wand in seiner Garage verschwinden, gut versteckt vor den wachsamen Augen seiner Frau. Am 14. Mai 1962, also erst gut zwei Jahre später, kam der Bus erneut in die Werkstatt von VW-Händler Jack Adams. Bei einem Kilometerstand von 118 Kilometern wurde in Wuppertal eine erste Durchsicht durchgeführt, wie das Kundendienst-Heft belegt. Nach ihrer Rückkehr nach Remscheid dürfte die Doppelkabine nicht mehr viel bewegt worden sein. Auch die Pritsche hinter dem sechssitzigen Fahrerhaus, die immerhin 2,8 Quadratmeter Ladefläche bietet, schaut so aus, als hätte sie nie Werkzeug oder Material befördert. Der Besitzer verstarb schon bald nach dem ersten Werkstatt-Aufenthalt seines Transporter-Schätzchens. Seine Frau hatte nach wie vor keine Kenntnis von seinem einstigen heimlichen Kauf. Der unauffällig lichtgrau lackierte Bus fiel – bei Kilometerstand 342 – in einen ruhigen und lange andauernden Dornröschen-Schlaf hinter seiner Sichtschutzwand. Erst eine Katastrophe brachte den Wagen wieder ans Licht. Am 8. Dezember 1988 stürzte in Remscheid um 13.26 Uhr eine US-amerikanische Militärmaschine vom Typ A-10 Thunderbolt II ab. Der Kampf-Jet fiel in ein Wohngebiet, krachte brennend in mehrere Wohnhäuser. Sechs Menschen – darunter der Pilot – starben. 50 Personen werden teilweise schwer verletzt. Während ganze Straßenzüge in Schutt und Asche lagen, blieb der VW unversehrt und wurde schließlich von der überraschten Witwe des verstorbenen Werkzeugsmachers entdeckt. Ein paar Häuser weiter erfuhr Manfred Klee, VW-Bus-Freak der ersten Stunde, Initiator und Organisator diverser VW-Bus-Deutschland-Treffen und schon fast Dauer-Präsident des Koblenzer VW-Bus-Clubs, von dem seltenen Fundstück und seiner traurigen Historie. Klee überlegte nicht lange. Er kaufte den „Scheunenfund“ und blätterte einen fünfstelligen Betrag für die die automobile Kostbarkeit hin. „Ein Mehrfaches des damaligen Neupreises“, wie der Architekt sagt. „Der Doppelkabiner war praktisch neuwertig, von ein bisschen Flugrost mal abgesehen. Ich war vermutlich der erste, der die hintere Tür des Doppelkabiners geöffnet haben dürfte“, erinnert er sich. Bis heute ist der Transporter, der im Fahrerhaus bis zu sechs Personen auf zwei durchgehenden Dreier-Sitzbänken Platz bieten, bestens in Schuss. Kein Wunder, denn er wird nicht gefahren und kommt lediglich bei Sonnenschein aus Klees geräumiger Garage. Wahrscheinlich hat der in Hannover gebaute „Sir Adam“ noch nie Regen gesehen. Der niedrige Kilometerstand soll – absolute Ehrensache für Manfred Klee – erhalten und auch künftig möglichst gering bleiben. Wenn es nicht anders möglich ist und der Wagen auf eigener Achse rollen soll, wird er geschoben – natürlich rückwärts. Allerdings klappt das nicht immer so hundertprozentig. 1994 etwa stand der Handwerker-Transporter als Exponat auf der Nutzfahrzeug-IAA – und legte immerhin satte sechs Kilometer in den Messehallen zurück. Manfred Klee ließ es sich nicht nehmen, den damaligen Werbeslogan von VW „Versprochen ist versprochen“ auf die Probe zu stellen. Die bei 500 Kilometern fällige Inspektion, so versprachen einst die Wolfsburger Väter der Doka, werde umsonst erledigt. Zu zahlen, so hieß es, habe der Kunde lediglich fürs Öl. Damals, im Jahre 1960, lag der Preis für den notwendigen Motor-Schmierstoff bei gerade einmal zwei Mark. Die Probe aufs Exempel gelang. Die entsprechenden Arbeiten führte im September 1990 ein nahegelegener VW-Händler durch. Auch andere Preise waren damals, zu Produktionszeiten von „Sir Adam“, durchaus noch volkstümlich. Der Ausbau- und Einbau des Motors steht mit 7,50 DM in der Preisliste. Einmal Motor zerlegen, Teile prüfen, reinigen und zusammenbauen kostete damals 61,80 DM. Für den Gegenwert in Euro würde ein Mechaniker heute wohl nicht einmal den Diagnose-Computer in die Hand nehmen. Zugegeben, wirklich viel ist ja auch nicht dran und drin. Außen gibt es bei dem Vertreter der ersten Baureihe des Typ 2, gebaut bis 1967, ein paar zierende Chromteile, etwa rund um die vorwitzig in die Welt schauenden Frontscheinwerfer. Innen informiert lediglich ein einziges, etwas einsames Rundinstrument unter dem spindeldürren Lenkrad über die Betriebszustände des Fahrzeugs. Ein paar Schalter reichen dem Doppelkabiner völlig aus, alles ist sehr übersichtlich gestaltet. Manfred Klee weiß ganz genau, welches Schätzchen auf Rädern er da hüten darf. „Klar, die Dichtungen an den Türen sind mittlerweile porös. Ich hab’ schon mehrfach überlegt, sie auszutauschen. Aber dann wäre ie DoKa ja nicht mehr so hundertprozentig original.“ Und das wäre schade. Also bleibt alles so, wie es war, beim Auslieferungszustand. Und die DoKa wird nach wie vor so oft es irgend geht rückwärts geschoben.
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