AMG GT3

Premiere des Mercedes-AMG GT R: Überflieger

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Die Symbolik war eindeutig, die Show spektakulär: Hier schwebt ein Überflieger herein. Am Stahlseil unter einem Hubschrauber hängend erscheint vom Himmel hoch der Mercedes AMG GT R seinen Premierengästen. Und dann greift auch noch ein amtierender Weltmeister ins Steuer. Ein bisschen obendrauf geht immer, und wenn andere Sportwagenhersteller wieder und wieder eine Schippe Mehrleistung in ihre ohnehin nicht untermotorisierten Boliden schaufeln, darf Mercedes keinesfalls zurück stehen. Schließlich hat die Marke AMG im Motorsport ihre Wurzeln, weshalb der neue AMG GT R als straßenzugelassener Rennwagen anzusehen ist. Und obwohl beide Termine nicht das Geringste miteinander zu tun haben, entbehrt es nicht einer gewissen Pikanterie, dass ein deutscher Konzern sein jüngstes High-Tech-Produkt genau dort vorstellt, wo künftiger Gemeinsamkeit beider Länder soeben eine Absage erteilt wurde. Doch der Schauplatz der Premiere war förmlich zwingend, denn mehr Renntradition findet man auf diesem Planeten nirgends sonst: Der Rundkurs von Brooklands, gelegen im Südwesten der britischen Hauptstadt London und eröffnet vor fast genau 109 Jahren, gilt als weltweit erste ausschließlich für den Motorsport gebaute Strecke.
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Basis ist der AMG GT3

Und auf so einer Strecke ist der AMG GT3 zu Hause, der für offizielle Wettfahrten nach FIA-Reglement homologisiert ist und die technische Basis für den GT R hergab. Nicht erst beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring, wo die PS-Geschosse mit dem Stern drei von vier vordere Plätze belegten, hat der GT3 sein Leistungsvermögen unter Beweis gestellt. Die „zivile“ Version wartet mit 430 kW / 585 PS auf, wuchtet 700 Newtonmeter Drehmoment an die Hinterachse, wo ein Sperrdifferenzial für sorgfältige Portionierung sorgt. Der Vier-Liter-V8-Motor wäre leicht auch auf 600 oder mehr Pferdestärken zu bringen gewesen, doch die Leistungszumessung „orientiert sich am Wettbewerb“, sagt Jochen Hermann von der Gesamt-Fahrzeugentwicklung. Und dieser Wettbewerb wird von Fahrzeugen wie Porsche GT3, Jaguar F-Type SVR oder Audi R8 V10 definiert. Wer einen begehrenswerten PS-Protz kreieren will, hat es mitunter einfacher als die Konstrukteure von Familienkutschen. Fragen wie Ladekantenhöhe, Kopf- und Beinfreiheit, Rundumsicht oder Durchschnittsverbrauch müssen sie nicht interessieren, statt dessen dürfen ihre kompromisslos auf Leistung getrimmten Hervorbringungen eng, laut und durstig sein. Allenfalls die Aufnahmefähigkeit von ein oder zwei Golfbags ist noch von Relevanz. Beim GT R ging es noch um mehr: So viel Rennsport wie irgend möglich sollte auf die öffentliche Straße gebracht werden. Gemessen an dem martialischen Auftritt des Wagens kann das nur als gelungen angesehen werden. Die verbreiterte Spur umfassen ausladende Kotflügel aus Karbonmaterial. Vorn ist der GT R um 46 Millimeter breiter als sein nächster Verwandter, der AMG GT S, hinten sogar um 57 mm. Für Dach, Querstreben, Kardantunnel und eine Reihe anderer Bauteile wird ebenfalls der Kohlefaser-Werkstoff verwendet, wo dieser für die wirkenden Kräfte zu spröde erscheint, kommt Fiberglas zum Einsatz. Magnesium am Frontträger, Aluminium für die meisten Karosserieteile – alles dient nur einem Ziel: Gewicht einzusparen. Am Ende stehen 1555 Kilogramm zu Buche, so dass jede Pferdestärke nur rund 2,6 Kilogramm zu bewegen hat. Das Leistungsgewicht hätte sogar noch eine Idee besser ausfallen können, wäre auf die Hinterachslenkung verzichtet worden. Sie soll aber noch mehr Dynamik ermöglichen, was auch Aufgabe des beweglichen Front- sowie des starren Heckspoilers ist. Alle Aerodynamikmaßnahmen zusammen genommen erhöhen den Anpressdruck des Fahrzeugs bei Höchsttempo um rund 150 Kilogramm, wovon etwa 40 Kilogramm auf die Vorderachse wirken. Dort verbessert gute Haftung die Lenkbarkeit, was nicht zuletzt wegen der serienmäßigen UHP-Reifen unabdingbar ist. Gewindefahrwerk, adaptive Dämpfer, individuell wählbares Set-Up und eine neunstufige Traktionskontrolle – all das dient der individuellen Anpassung des Autos an die Bedürfnisse des Fahrers. Die Bedürfnisse des Motors nach ausreichender Kühl- und Verbrennungsluft schlagen sich in der Gestaltung der Frontpartie nieder, was der Hersteller für eine besondere Reminiszenz an die Mercedes-Motorsporthistorie nutzte. Der große Einlass wird durch 15 senkrechte Streben strukturiert, ganz so, wie bei jenem 300 SL, der 1952 das Panamericana-Rennen in Mexiko gewann. Der Eindruck trügt nicht: Die Straßenzulassung braucht der GT R eigentlich nur, um dorthin zu gelangen, wo eine artgerechte Haltung dieses Urviechs möglich ist, etwa auf der Nordschleife des Nürburgrings. Dahin hätte der Premieren-Pilot den in stumpfem „Green Hell Magno“ lackierten Vorführwagen wohl am liebsten gleich mitgenommen. Als sei die bombastische Inszenierung noch nicht vollständig, erschien Formel-1-Champion Lewis Hamilton wie zufällig auf der Bildfläche und nahm AMG-Geschäftsführer Tobias Moers das Steuer aus der Hand. Der an Superlativen reichen Faktensammlung aus dem Datenblatt des GT R ließ sich auf diese Weise noch ein nicht zu unterschätzender VIP-Faktor beimischen. Wenn es um die Aufzählung von Spitzentempo (318 km/h) oder Spurtvermögen (3,8 Sekunden von Null auf 100 km/h) geht, ist AMG recht auskunftsfreudig. Eher einsilbig jedoch, wenn nach dem Preis des neuen Topmodells gefragt wird. Die Vermutung, er könnte bei etwa 200.000 Euro liegen, quittiert Tobias Moers mit einem wissenden Lächeln: „Wir werden ein faires Angebot machen.“

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