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Toyota
Mit einer Armada keilförmiger Klappscheinwerfer-Coupés konterten Nippons Automobilhersteller den Angriff der europäischen GTI-Kompaktklasse vor genau einem Vierteljahrhundert. Zum ultimativen Höhepunkt der Samurai-Sportschau avancierte der erschwingliche Mittelmotor-Racer MR2, mit dem Toyota endgültig das Image des biederen Großserienherstellers ablegte. In drei Generationen konnte der MR2 – das kryptische Kürzel steht für „midship-engine, rear-drive, 2-seater“, Zweisitzer mit Mittelmotor und Hinterradantrieb – die ursprünglich europäische Idee des kompromisslos kurvensüchtigen kleinen Zweisitzers mit neuem Leben erfüllen.
Mit abnehmbarem Targadach flankierte der MR2 das durch den Mazda MX-5 eingeleitete Roadster-Revival, ehe der flinke Toyota in dritter Auflage selbst zum nach oben gänzlich offenen [foto id=“329506″ size=“small“ position=“left“]Kehren- und Kurvenstar mutierte. Bereits von den ersten zwei MR-2-Generationen wurden weltweit rund 300.000 Einheiten verkauft – rekordverdächtig für einen „Runabout“ mit Mittelmotor. Nichts war damals unmöglich bei Toyota. Leider auch nicht der 2007 verfügte Produktionsstopp für alle sportlichen Baureihen. Schnell fiel die Marke zurück in die tiefe Tristesse eines emotionslosen Massenherstellers. Eine Entwicklung, die dem Aufstieg zum Produktionsweltmeister aber nicht entgegenstand. Die für Toyota völlig überraschende Qualitätsdiskussionen machte allerdings eine Überprüfung der Markenwerte und die Neuauflage einer spannenden Sportschau notwendig. So sollen künftig der designierte Celica-Nachfolger FT86 und ein frisches MR2-Konzept die Sucht nach schnellen Kurven befriedigen.
Die Talente einer Fahrmaschine mit motorradähnlichem Spaßfaktor wurden dem MR2 bereits 1976 in die Wiege gelegt: Auf der Suche nach einem sparsamen Spaßauto dachte Toyota an die damals modernen Mittelmotorsportler Fiat X1/9 oder Lancia [foto id=“329507″ size=“small“ position=“right“]Beta Montecarlo – und auch an den gerade abgelösten VW–Porsche 914 mit guter Gewichtsverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse bei gleichzeitig geringem Gesamtgewicht. Fünf Jahre später konnten die Toyota-Ingenieure den Formel-1-Champion und Toyota-Testfahrer Dan Gurney der Legende nach nur mit Mühe davon abhalten, den ersten Prototypen SA-X direkt von der Rennstrecke Willows Springs in die heimische Garage zu überführen. Da war es schon kein Wunder mehr, dass der bereits seriennahe Klappscheinwerferkeil SV-3 im Jahr 1983 als Megastar der 25. Tokyo Motor Show gefeiert wurde. Publikum und Presse fieberten der Markteinführung des Produktionsmodells MR2 nun ähnlich entgegen wie sechs Jahre später beim Mazda MX-5. Mit dem Unterschied, dass sich der Toyota gleich nach seinem Debüt gegen eine ganze Flotte an Asphalt-Samurais durchsetzen musste: Honda CRX, Mazda RX-7, Mitsubishi Cordia, Nissan Silvia, Subaru XT und etwas verzögert der Isuzu Piazza waren Herolde einer neuen fernöstlichen Sportlichkeit, die weltweit Erfolge erzielte.
Allein der 960 Kilogramm leichte MR2 schaffte es jedoch, schon während seiner Produktionszeit Kultstatus zu erlangen. Dazu genügten dem „Mister Two“, wie ihn seine Fans liebevoll nannten, die betörend aggressive Optik, zuverlässige Technik [foto id=“329508″ size=“small“ position=“left“]aus dem biederen Corolla inklusive des weltweit ersten Großserien-Sechzehnventilers mit zwei obenliegenden Nockenwellen sowie das Mittelmotor-Layout mit niedrigem Fahrzeugschwerpunkt und fast perfekter Achslastverteilung: 55 Prozent ruhten auf der Hinterachse und 45 Prozent vorne. Ein kurvengieriges Antriebskonzept, das Porsche mit dem 1996 lancierten Boxster wieder aufgriff. So offen wie der Boxster war der MR2 anfangs zwar nicht, aber bereits die optional herausnehmbaren Dachhälften des MR2 T-Bar versprachen in einer Zeit, zu der die klassischen Roadster fast ausgestorben waren, den Himmel auf Erden. Bodenständig war dagegen das Leistungsangebot des Japaners: 91 kW/124 PS waren manchen MR2-Junkies zu wenig, so dass Toyota 1987/88 einen MR2 Supercharged nachlegte – leider nicht für Europa. Ein kleiner Roots-Kompressor und ein Denso-Ladeluftkühler erhöhten die Leistungsausbeute auf 108 kW/145 PS, genug für einen Sprint auf Tempo 100 in unter 7 Sekunden.
Was dem MR2 zeitlebens verwehrt blieb, war eine Rennsportkarriere. Ein vom Toyota Team Europe lanciertes Engagement bei der Rallyeweltmeisterschaft 1986 starb mit dem Verbot der legendären Gruppe-B-Autos. Die Gruppe-B-MR2 [foto id=“329509″ size=“small“ position=“right“]trugen den internen Codenamen 222D und setzten mindestens 560 kW/750 PS frei – genug, um gegen potentielle Rivalen wie den Ford RS200 zu bestehen, aber wie bei der Konkurrenz mit zu viel Leistung, um noch die Startfreigabe zu erhalten.
Diese bekam dafür vier Jahre später die zweite straßentaugliche Generation des MR2. Mit mehr Leistung, modischen Rundungen, markantem Heckflügel, auffälligen seitlichen Lufteinlässen, größeren Abmessungen und meist leuchtend roten sowie gelben Lackierungen genoss der MR2 aber schnell den zweifelhaften Ruf eines „Arme-Leute-Ferrari“. Tuningkits im Stil eines Ferrari 348 und F355 verschärften das Imageproblem noch, ganz besonders, als der MR2 verstärkt auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu finden war. Dazu beigetragen hatte auch die für Toyota rekordverdächtig lange, immerhin zehnjährige Produktionszeit des neuen MR2. Die der sportlichen Karosserie angemessenen Turbomotoren wurden übrigend nie offiziell in Deutschland angeboten. Und in den Verkaufszahlen konnte der neue Toyota-Targa nicht ganz an den glorreichen Vorgänger anknüpfen, aber es reichte doch immer noch für ein zufriedenes Lächeln auf den Gesichtern der Konzernleitung.
Allein das Motorsportengagement wurde erneut von Fehlzündungen begleitet. So entstand auf MR2-Basis der Le-Mans-Rennwagen Sard MC8-R mit einem 450 kW/600 PS starkem 4,0-Liter-V8-Motor. In der GT1-Klasse konnte er es jedoch nicht mit Wettbewerbern wie dem Porsche 911 aufnehmen, sogar an der Zuverlässigkeit ließ es der Toyota bisweilen mangeln. Nur in der japanischen Grand Touring Championship brachte es der Mittelmotor-Rennwagen auf Achtungserfolge. Auf der Straße war der MR2 dafür ein besonders alltagstauglicher Flitzer mit gutem Raumangebot und einwandfreier Verarbeitung, der jetzt [foto id=“329511″ size=“small“ position=“left“]auch bei Frauen punkten konnte.
Einen weiblichen Bonus konnte auch der dritte und vorerst letzte MR2 für sich in Anspruch nehmen. Die Frauen verziehen dem kleiner und schwächer gewordenen, 3,89 Meter kurzen Roadster sogar den fehlenden Kofferraum – zwei Ministaufächer mit zusammen 90 Liter Volumen mussten für Zahnbürste und Kosmetiktasche genügen. Größere Taschen oder Getränkekisten belegten zwangsläufig den Beifahrerplatz und machten aus dem Zweisitzer einen Monoposto, der aber hinter dem Lenkrad sogar Großgewachsenen eine gute Sitzposition bot, wie zeitgenössische Presseberichte anmerkten. Viel wichtiger waren allerdings erneut die Fahrtalente des „Mister Two“. In den Disziplinen Motor, Leistung und Fahrspaß konnte es der offene Toyota mit den allmählich zahlreicheren Wettbewerbern wie Mazda MX-5, BMW Z3, Fiat Barchetta und MG F aufnehmen. Immer wieder wurde sogar der Porsche Boxster zum Vergleich herangezogen. Nicht ganz so erfolgreich waren die Absatzzahlen des ersten Großserienroadsters von Toyota, der allerdings auch nicht mehr auf allen traditionellen MR2-Märkten angeboten wurde. Dennoch brachte es der nur mit einem einzigen 103 kW/140 PS starken 1,8-Liter-Vollaluminium-Triebwerk bestellbare Zweisitzer auf eine immerhin sieben Jahre währende Produktionszeit.
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Nun warten die Fans auf eine Wiederauferstehung des Kultmobils: Als schicker Zweisitzer mit Hinterradantrieb, angetrieben von einem Subaru-Motor. Ob der Roadster aber wieder MR2 heißen wird, ist unklar, denn zumindest der Mittelmotor wird bei Toyota wohl leider schöne Vergangenheit bleiben.
Ausgewählte Produktionszahlen |
Toyota MR2 Generation 1 (Serie AW von 1984-1989) insgesamt 163.845 Einheiten Generation 2 (Serie SW von 1989-2000) insgesamt 130.732 Einheiten Generation 3 (Serie ZZW für Nordamerika von 2000-2005) insgesamt 27.941 Einheiten Verkaufszahlen Generation 1 und 2 von 1984-1999 in Japan 109.559 Einheiten in Nordamerika 129.977 Einheiten in Großbritannien 31.209 Einheiten in Deutschland 9.850 Einheiten in Schweiz 4.695 Einheiten insgesamt weltweit 293.847 Einheiten |
Motoren |
Toyota MR2 (1985-1990); 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner mit 85 kW/115 PS bzw. 91 kW/124 PS Leistung (USA:84 kW/112 PS; Japan 96 kW/130 PS Leistung); 1,5-Liter-Vierzylinder-Benziner (nur Japan) mit 61 kW/82 PS Leistung; 1,6-Liter-Kompressor-Vierzylinder-Benziner (nur Japan und USA) mit 108 kW/145 PS Leistung. Toyota MR2 (1990-1999); 2,0-Liter-Vierzylinder-Benziner mit 115 kW/156 PS bzw. 125 kW/170 bzw. 129 kW/175 PS Leistung. Toyota MR2 (2000-2007); 1,8-Liter-Vierzylinder-Benziner mit 103 kW/140 PS Leistung. |
Preisbeispiele |
Toyota MR2 (1985): ab 28.990 Mark Toyota MR2 Katalysator (1986): ab 33.680 Mark Toyota MR2 T-Bar (1987): ab 35.080 Mark Toyota MR2 2.0 GTi-16 (1990): ab 44.000 Mark Toyota MR2 2.0 GTi-16 (1992): ab 50.340 Mark Toyota MR2 (2000): ab 44.900 Mark Toyota MR2 SMT (2001): ab 49.130 Mark Toyota MR2 (2004): ab 24.200 Euro |
Modellgeschichte |
1976: Toyota startet ein Entwicklungsprojekt für ein sparsames Spaßauto in Form einer Limousine oder eines Sportwagens 1979: Toyota-Testingenieur Akio Yoshida prüft verschiedene Antriebsalternativen zum Standardkonzept Frontmotor und Hinterradantrieb 1981: Präsentation des ersten Prototyps SA-X. Die Erprobung erfolgt in Japan und in Kalifornien, u.a. mit dem Ex-Formel-1-Champion Dan Gurney auf der Rennstrecke Willow Springs 1983: Auf der Tokyo Motor Show wird das neue Concept Car SV-3 von Publikum und Presse begeistert aufgenommen. Toyota beschließt für das Folgejahr den Produktionsstart des Serienmodells MR2 (steht ursprünglich für „Mid engined Runabout, 2seater“, später für „midship-engine, rear-drive, two-seater“ – Zweisitzer mit Mittelmotor und Hinterradantrieb) 1984: In Japan erfolgt der Produktionsanlauf des Toyota MR2 (Serie AW10/11) 1985: Im März erfolgt die Markteinführung des MR2 in Deutschland. Hierzulande ohne T-Bar, aber mit Glashebedach. Unter dem Projektnamen 222D entwickelt das Toyota Team Europa Rallyeversionen für die Gruppen S und B. Nach dem Reglementverbot für die Gruppe-B-Boliden wird auch das Projekt 222D eingestellt 1986: Modellpflege zum Modelljahr 1987, u.a. mit Stoßfänger und Frontspoiler in Wagenfarbe, überarbeiteten Getrieben, optionalem geregeltem Katalysator, optionaler Lederausstattung, neuen Farben und T-Dach-Option (ab Mitte 1987) 1987: Vorstellung eines 108 kW/145 PS starken Spitzenversion unter dem Signet MR2 Supercharged mit Roots-Kompressor und Denso-Intercooler, zunächst für Japan, ein Jahr später auch für die USA. Kein Export nach Europa. Ab September nur noch mit geregeltem Katalysator erhältlich 1989: Der MR2 „Super Edition“ in „midnight blue-“ und „white/gold-„Lackierung und Vollaustattung erscheint in jeweils 270 Exemplaren zum Finale der ersten MR2-Generation 1990: Im März erfolgt die deutsche Markteinführung der zweiten MR2-Generation 1992: Im Februar Einführung eines überarbeiteten MR2 mit geändertem Frontspoiler, Fahrerairbag, Seitenaufprallschutz, größeren Bremsen etc. 1993: Leistungssteigerung auf 129 kW/175 PS und geringe optische Modifikationen 1996: Präsentation der 2+2sitzigen Roadsterstudie MRJ. Das elektrisch versenkbare Kohlefaserdach senkt sich in einer Öffnung hinter dem Mittelmotor 1998: Neuer dreifach verstellbarer Heckspoiler. Die dritte MR2-Generation debütiert in Form einer Studie 1999: Weltpremiere der Serienversion des MR2-Roadsters auf der Tokyo Motor Show. Modellbezeichnungen MR2 (Europa), MR-S (Japan) und MR2 Spyder (USA) 2000: Im April erfolgt die europäische Markteinführung 2001: Ab Februar als MR2 Roadster SMT mit sequentiellem Schaltgetriebe 2002: Im Herbst leichte Überarbeitung von Exterieur und Interieur 2005: Importstopp in Nordamerika. Für Großbritannien wird die finale „Special Edition TF300“ aufgelegt, die einzeln durchnummeriert ist 2007: Im Juli Produktionsauslauf |
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 03.11.2010 aktualisiert am 03.11.2010
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