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VW
Kein anderes deutsches Unternehmen war in den Fünfzigern und Sechzigern des letzten Jahrhunderts so erfolgreich wie Volkswagen. Mit Millionen von Käfern, den vor dem Krieg von Ferdinand Porsche entwickelten „KdF-Wagen“, symbolisierten die Wolfsburger wie kein anderer Konzern seiner Zeit das deutsche Wirtschaftswunder. 1962 baute VW alleine in Deutschland 819.326 Käfer, 1964 bereits 867.328 und 1965 fiel mit 1.008.983 Einheiten die Latte von einer Million Fahrzeugen aus heimischer Produktion. Der seit 1948 amtierende Vorstandsvorsitzende Heinrich Nordhoff und seine Mannschaft wiegten sich in der trügerischen Hoffnung, dass die heckgetriebene Vorkriegskonstruktion das Wohl des Herstellers auf lange Zeit weiter gewährleisten würde.
Als 1946 die Fahrzeugproduktion in Wolfsburg nennenswert angelaufen war, war der Käfer das richtige Auto zum richtigen Zeitpunkt gewesen. Ausgereift, robust und rationell zu produzieren, stillte das Auto den rasant wachsenden Bedarf an Fahrzeugen im privaten wie im öffentlichen Bereich. Da störte es wenig, dass dem Konzept des Käfers einige grundsätzliche Mängel anhafteten. Der Vierzylinder-Boxer war zwar langlebig aber mit seinen 30 PS für die „Standard-Ausgabe“ nicht eben leistungsstark. Dafür aber recht durstig. Das Platzangebot, vor allem für Gepäck, war eher suboptimal und die Luftkühlung sah sich nie in der Lage, das Auto bei tiefen Temperaturen angemessen zu temperieren.[foto id=“510402″ size=“small“ position=“right“]
Und die Konkurrenz schlief nicht. Opel feierte 1962 das 100jährige Firmenjubiläum mit einem ganz neu entwickelten Modell, das direkt auf den Käfer zielte. Der Kadett war mit 3,990 Metern 7 Zentimeter kürzer als der Käfer, vor allem im Innenraum aber heller und geräumiger. Sein neuer Vierzylinder mit 993 Kubikzentimeter Hubraum leistete 40 PS und bot entsprechend bessere Fahrleistungen. Die Karosserievarianten umfassten Limousine, Coupé und Kombi. In den ersten drei Produktionsjahren überzeugte der Kadett 649.512 Kunden.
Auch Ford in Köln hatte sich mächtig ins Zeug gelegt, um dem Käfer endlich wirksam Paroli bieten zu können. Die Tochter des US-Herstellers stellte 1962 den 4,25 Meter langen Taunus 12 M vor. Das komplett neu entwickelte Modell war das stattlichste seiner Klasse, bot einen Vierzylinder in V-Konfiguration in drei Leistungsstufen: 40, 50 und 55 PS. Bis 1966 lieferten die Kölner 672.629 Einheiten aus. Auch Importeure attackierten den Käfer erfolgreich. Allen voran Renault mit dem revolutionären R4. Mit Frontantrieb und Einzelradaufhängung war der 1961 vorgestellte, 3.63 Meter lange Viertürer ungleich geräumiger und damit praktischer als der Wolfsburger Bestseller.
Zu Beginn der Sechziger hatte das Wirtschaftswunder längst für allgemeinen Wohlstand gesorgt. 1962 nahm das Bruttosozialprodukt die Hürde von 6.000 Mark pro Einwohner. Besonders die stark gewachsene Mittelschicht formulierte inzwischen in punkto individueller Motorisierung mehr Wünsche als die reine Erfüllung der Grundbedürfnisse, für die der Käfer stand. Diese Kunden waren längst in Richtung Opel Rekord oder Ford 17 M abgewandert. Zudem lockte ab 1962 BMW mit dem 1500, der „neuen Klasse“, Kunden mit der ersten sportlichen Mittelklasse-Limousine. Zwar hatte VW für die Aufstiegswilligen 1961 den VW 1500 vorgestellt. Doch die 4.23 Meter lange Limousine mit der Antriebstechnik des Käfers konnte nie in den Erfolgsmaßstäben von VW reüssieren.[foto id=“510403″ size=“small“ position=“left“]
1965 war das erfolgreichste Jahr der Käfer-Geschichte. VW feierte den Bau des 10.000.000sten Modells und den Produktionsrekord von 1.317.295 Einheiten. Nicht zuletzt der brummende Export in die gesamte Welt stützte die Produktion. Doch schon 1967 befanden sich die Konjunktur im Allgemeinen und die bei VW im Besonderen im Sinkflug. Das erste Quartal brachte Kurzarbeit, die Neuzulassungen gingen um 40 Prozent zurück. Bei den Händlern waren die Lager mit 340.000 Autos gefüllt.
So stand 1968 der erste Wechsel an der Konzernspitze an. Kurt Lotz löste 1968 Heinrich Nordhoff ab. Lotz, Ex-Vorstand des Schweizer Elektrik-Konzerns BBC, kam die Aufgabe zu, den Autobauer zu neuen Ufern zu führen. Zwar übersprang die Käferproduktion bis 1970 wieder die Millionengrenze, doch die Baureihen 1500/1600 und 411/412 floppten. Über den richtigen Rettungsweg für das Unternehmen zerstritt sich Kurt Lotz und übergab 1971 den Staffelstab an Rudolf Leiding. Das VW Urgestein hatte sich zuvor in Neckarsulm mit dem erfolgreichen Audi 100 empfohlen.
Als erste Amtshandlung zog Leiding am 22. Oktober 1971 die Reißleine beim Projekt „EA 266“. Die kompakte Limousine sollte 1972 den Käfer ablösen. Zum unausgewogenen Design gesellte sich ein untaugliches Antriebskonzept. Entwicklungspartner Porsche hatte aus dem traditionellen Vierzylinder-Boxer eine wassergekühlte Variante gebaut, die ihren Platz in Mittelmotorlage finden sollte. Der Stopp des bis zur Vorserienreife gebrachten Projekts kostete VW rund 500 Millionen Mark.
Eingedenk der unterentwickelten gestalterischen Kompetenz der Wolfsburger Designer lenkte Leiding die Federführung für die Formfindung zum jungen Designer Giorgetto Giugiaro um. Der 1938 geborene Italiener hatte 1967 sein eigenes Designzentrum gegründet und lieferte nun mit dem Golf eine Autoform ab, die sich zu einer der erfolgreichsten in der Autogeschichte entwickeln sollte. [foto id=“510404″ size=“small“ position=“right“]Der Antrieb erfolgte erstmals bei VW über die Vorderräder, der Motor war quer eingebaut. Hier konnten die VW-Ingenieure auf eine moderne Neuentwicklung der Konzerntochter Audi zurückgreifen. Der Basismotor mit 1,1 Liter Hubraum leistete 50 PS, der 1,5 Liter 70 PS. Im Angesicht der ersten Ölkrise von 1973/74 erwiesen sich die sparsamen Vierzylinder geradezu als prophetisch.
Der Golf kam für VW praktisch in letzter Minute. Die Anstrengungen für die Erneuerung der Produktpallette waren enorm gewesen. 1973 war die neue Mittelklasse, der Passat erschienen, für 1975 stand der moderne Kleinwagen Polo in den Startlöchern und mit dem Golf debütierte 1974 auf identischer Plattform der zweitürige Scirocco, der als legitimer Nachfolger des Karman Ghia antreten konnte. Nur ein Flop und VW wäre Geschichte gewesen.
Doch der Golf kam, sah und siegte. Mit den erfolgreichen Derivaten GTI oder Golf Diesel avancierte der Kompakte nicht nur zum Bestseller, sondern als Vorreiter, der bei seinem Erscheinen Volkswagen nicht nur rettete, sondern noch immer ein wichtiges Standbein repräsentiert. 2013 feierte VW die Produktion des 30.000.000sten Exemplars in der aktuell siebten Generation. Der Käfer hatte es zwischen 1945 und 2003 „nur“ auf 21.529.464 Exemplare gebracht.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 12.05.2014 aktualisiert am 12.05.2014
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