40 Jahre Zwölfzylinder-Limousinen nach dem Krieg

Die Krönung im Motorenbau ist seit jeher der Zwölfzylindermotor. Die unvergleichliche Laufruhe und gleichmäßige Leistungsentfaltung lockt seit fast 100 Jahren ein solventes Autopublikum. Nach dem zweiten Weltkrieg dauerte es bis 1972, bis Jaguar wieder Zwölfzylinder in Großserie fertigte und damit Limousinen antrieb. 1987 folgte BMW als erster heimischer Hersteller.

Den ersten Zwölfzylindermotor pflanzte 1916 der amerikanische Hersteller Packard unter die Motorhaube eines Autos. Das Motorenkonzept hatte im Ersten Weltkrieg als leistungsstarker Antrieb für Flugzeuge einen enormen Aufschwung erlebt. In den Zwanzigern des letzten Jahrhunderts wollte kaum ein namhafter Hersteller auf den prestigeträchtigen Antrieb verzichten. Trotz der dramatischen Wirtschaftssituation stellte in Deutschland Maybach 1929 den ersten Wagen mit Zwölfzylinder vor, Horch folgte 1931.

Die Anordnung von zwölf Verbrennungseinheiten in V-Form zu jeweils sechs Zylindern pro Bank erfolgte nicht nur aus Gründen des Prestiges, sondern bringt auch aus technischer Sicht Vorteile. Ein Zwölfzylinder läuft beispielsweise frei von sogenannten „Massenkräften“. Das sind Kräfte, die in kleineren Motoren durch Kolbenbewegungen entstehen, die sich [foto id=“440113″ size=“small“ position=“left“]unterschiedlich auf den Kurbeltrieb abstützen und damit Schwingungen erzeugen. Diese Schwingungen belasten den Motor und mindern den Laufkomfort. Darüber hinaus gewährleisten Zylinder im Dutzend Drehfreudigkeit und gleichmäßige Leistungs- und Kraftentfaltung. Dem stehen in erster Linie der hohe mechanische Aufwand, das Gewicht und der hohe Verbrauch als Nachteile gegenüber.

Nach dem Zweiten Weltkrieg strichen alle Hersteller die Zwölfzylinder aus dem Programm. Alle bis auf den italienischen Ex-Rennfahrer, Vorkriegs-Teamchef von Alfa Romeo und mittelständischen Maschinenbauer Enzo Ferrari. Der ließ 1947 einen revolutionären Rennwagen bauen. Sein Ferrari 125 C zeichnete sich durch einen V12-Motor mit gerade einmal 1,5 Liter Hubraum aus. Die Maschine ermöglichte eine erstaunliche Drehfreudigkeit bei gleichzeitiger Standfestigkeit. Der V12 erwies sich als so ausbaufähig, dass er es auf vier Liter Hubraum und 340 PS Leistung brachte.

Das weltweite Ferrari-Monopol für Zwölfzylinder-Sportwagen unterbrach ab 1963 der italienische Unternehmer Ferruccio Lamborghini, ein unzufriedener Ferrari-Kunde, der einfach bessere Zwölfzylinder-Sportwagen bauen wollte. Während die italienischen V12-Pretiosen nur in homöopathischen Stückzahlen entstanden, entwickelte Jaguar für seinen E-Typ ab 1971 einen ganz neuen V12, erstmals komplett aus Leichtmetall. Mit dem 272 PS starken Motor wollten die Briten in erster Linie den amerikanischen Markt beglücken. Um die Kosten des Antriebs durch hohe Stückzahlen weiter zu senken, folgte 1972 der nächste Schritt. Der Jaguar XJ erschien als erste Limousine nach dem zweiten Weltkrieg mit dem unveränderten V12 des E-Type.

Allerdings dämpfte die erste Ölkrise von 1973 nachhaltig die Lust der Verbraucher an den trinkfesten Zwölf-Endern. Trotzdem hielt Jaguar an dem Motorkonzept fest. 1987 wollte BMW als erste deutsche Premiummarke ihre 1986 neu vorgestellte Siebener-Reihe mit einem Zwölfzylinder krönen. Der 750i bot einen V12 mit fünf Liter Hubraum, der souveräne 300 PS leistete und das Firmenmoto „Freude am Fahren“ mit ganz neuen Werten füllte. Der überwältigende Erfolg des Modells ließ Konkurrent Mercedes nicht ruhen. Mit der neuen Generation der S-Klasse des Modelljahrs 1991 feierte auch der S 600 seine Premiere. Um den Bayern zu zeigen, wo der Hammer im automobilen Oberhaus hängt, verteilten die Schwaben sechs [foto id=“440114″ size=“small“ position=“right“]Liter Hubraum auf ihre zwölf Verbrennungseinheiten und trumpften zudem mit 406 PS auf. Seitdem zählen Zwölfzylinder zur Motorisierung der Topmodelle bei beiden Herstellern. Der aktuelle BMW 760i lockt mit 400 kW/544 PS, Mercedes setzt seinen V12 mit bis zu 493 kW/670 PS in verschiedenen Modellreihen wie die S-Klasse, den CL, den SL und das G-Modell ein.

Audi musste bis 2004 warten, bis die Ingolstädter im Konzernregal einen Sechsliter-Zwölfzylinder fanden. Das 331 kW/450 starke Triebwerk hatte Konzernmutter VW in der besonders kompakten W-Konfigurationen für den 2002 vorgestellten Phaeton entwickeln lassen. Seit 2008 bietet Audi zudem exklusiv für den SUV Q7 den ersten und einzigen Diesel-V12 an, der 368 kW/500 PS aus sechs Litern Hubraum schöpft.

Die Konzernbildung der jüngeren Autogeschichte eröffnete den klassischen Luxus-Herstellern den Zugriff auf die prestigeträchtigen Antriebe. So verwendet BMW-Tochter Rolls Royce ausschließlich den Münchner „Zwölfender“. VW-Tochter Bentley versorgt die Modelle der Continental-Baureihe mit standesgemäßen W-12-Antrieben und die 2013 endende Mercedes-Marke Maybach war selbstverständlich ausschließlich mit dem schwäbischen V12 ausgestattet.

Bei Ferrari, Lamborghini und Aston Martin zählen V12-Motoren zur selbstverständlichen Ausstattung der Topmodelle. Beim Ferrari F 12 Berlinetta gipfelt das Leistungsangebot der aktuellen Zwölfzylinder bei 545 kW/740 PS.

Während in Europa die V12-Motoren alleine wegen ihres Verbrauchs und dem entsprechenden CO2-Ausstoß zunehmend als „dreckiges Dutzend“ gegeißelt ins Hintertreffen geraten, wächst die Nachfrage im Mittleren Osten, in Russland und China unverändert. Das wird vorerst die Palastrevolution bei der Krone des Motorenbaus verhindern.

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