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Mit Yul Brunner ging vor 50 Jahren Deutschlands erstes Autokino in Gravenbruch bei Frankfurt an den Start. Im Jubiläumsjahr freuen sich die Betreiber über steigende Besucherzahlen. Nicht nur die Jungen kommen. Auch ältere Semester schwelgen vor der Mega-Leinwand in Jugenderinnerungen.
Was in Amerika und Südafrika erfolgreich lief, sollte doch auch in Deutschland funktionieren, davon war 1960 der niederländische Unternehmer Hermann Franz Passage überzeugt. Ein brachliegendes Areal in Gravenbruch bei Frankfurt wurde sein „Testgelände“. Der Standort war gut gewählt. Denn zum einen galt die Main-Metropole Anfang der Sechziger als autofreundlichste Stadt der jungen Bundesrepublik. Zum anderen war Hessen amerikanische Besatzungszone, wo sich Tausende GIs nach einem Stück Heimat sehnten.
In den USA waren Autokinos damals schon seit Jahrzehnten Kult. Ein findiger Pionier namens Richard Milton Hollingshead hatte in Camden, New Jersey, 1933 das weltweit erste „Drive In Theatre“ eröffnet. Das neue Freizeitvergnügen kam bestens an. Zu den Glanzzeiten der Autokino-Ära ließen über 4 000 Spielstätten zwischen Amerikas Ost- und Westküste Hollywood-Streifen über gigantische Leinwände flimmern. Die Jugend liebte das Kinospektakel unterm Sternenhimmel. Und das nicht nur, weil Westernhelden in Riesenformat agierten und der Freizeitspaß ein ziemlich preiswertes Vergnügen war. In einer reichlich prüden Epoche bot das Autokino Rückzugsmöglichkeiten für Abenteuer, die für Unverheiratete in den gesellschaftlich kontrollierten Sphären verpönt und verboten waren. Kuscheln, Knutschen und Fummelspielchen auf der Rückbank waren für viele Autokinofans der Fünfziger und sechziger viel spannender als jeder Action-Film.
Der Eröffnungstag Ende März 1960 soll ein feuchter und nebeliger Tag in Gravenbruch gewesen sein. Trotzdem steuerten an jenem Abend über 100 Autos das neueröffnete Autokino an. Üppig dimensionierte Ami-Schlitten reihten sich neben VW-Käfer und BMW Isetta ein. „Der König und ich“ mit Yul Brunner flimmerte über eine gigantische, 540 Quadratmeter große Leinwand.
Schnell eroberte das Autokino auch in Deutschland ein breites Publikum. Familien kamen und brachten den Nachwuchs mit. Der konnte bei Bedarf auf der Rückbank schlafen – so sparte man den Babysitter. Und die Liebespaare kamen. Dutzende von Nachzüglern eröffneten in der ganzen Republik. Deutschlands größtes mit 1 500 Plätzen eröffnete im April 1968 an [foto id=“287870″ size=“small“ position=“right“]der Stadtgrenze von Mülheim an der Ruhr und Ratingen. Tagsüber standen die Plätze den Besuchern des benachbarten Miniatur-Freizeitparks Minidomm offen.
Zur Grundausstattung der Autokinofahrer gehörte in den ersten Jahrzehnten auch immer ein Lautsprecher, den man mit in den Wagen nahm – jedenfalls dann, wenn man tatsächlich wegen des Films gekommen war. Seit Mitte der 1990er kann der Ton zum Film auch über das Autoradio empfangen werden. Einen Heizlüfter für kuschelige Temperaturen nimmt man an kühlen Abenden auch heute noch an Bord.
Mit dem Einzug von Videorecorder und DVD-Player in die Wohnzimmer gingen die Besucherzahlen der Autokinos drastisch zurück. Heute fahren übers Jahr noch rund 100 000 Kinobesucher vor die Gravensbrucher Riesen-Leinwand. Aber irgendwie lohnt das Geschäft immer noch. Ein Großteil des Umsatzes wird inzwischen im Schnellrestaurant erzielt, das Kinogäste vor, nach und während der Vorstellung mit den Herrlichkeiten der Fast Food -Welt versorgt, und am Wochenende wird das Autokino zum großen Gebrauchtwagenmarkt.
Immer noch sind es vor allem die ganz junge Leute, die sich den „Kampf der Titanen“ und was Hollywood sonst so zu bieten hat, im Autokino anschauen „Vor allem Jungs, die gerade den Führerschein und das erste Auto haben, kommen mit ihren Freundinnen“, sagt Holl. „Ab dreißig ist dann erst mal Schluss“, weiß der Autokino-Leiter. „Dann kommen die Leute wieder, wenn sie fünfzig oder sechzig sind, um in Jugenderinnerungen zu schwelgen.“
Nach wie vor werden im Autokino gern Heiratsanträge gemacht. Wer sich was in der Abgeschiedenheit der automobilen Karosse sagt, wissen die Kinomacher natürlich nicht. Viele aber lassen die Liebesbotschaft auf die Leinwand setzen – ein Service, den man im Restaurant „bestellen“ kann. „Und wenn dann plötzlich steht „Charlotte, willst du mich heiraten?“, stürmen auch schon mal mehrere Mädels gleichen Namens ins Schnellrestaurant. Die „Richtige“ und auch die anderen, deren Begleiter sich nur mal eben ein Bier holen wollte, weiß Autokino-Mann Holl.
geschrieben von auto.de/(kili/mid) veröffentlicht am 14.04.2010 aktualisiert am 14.04.2010
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