Hydropneumatik statt klassischer Federn und Dämpfer
Die Hydropneumatik übernahm quasi die Arbeit klassischer Federn und Dämpfer. Das System arbeitete automatisch als Niveauregulierung. Es verlieh der DS unter den Aspekten des Fahrkomforts Qualitäten, die sogar die automobile Elite der Zeit aus den Häusern Rolls Royce und Mercedes Benz übertrumpfen konnte. Beide Hersteller erwarben augenblicklich das Patent der Hydropneumatik von Citroen.
Außergewöhnlich wie die Fahrwerkstechnik war auch der Karosserieaufbau, der sich grundlegend von den meisten anderen Fahrzeugen unterschied. Die tragende Karosseriestruktur war mit einem Plattformrahmen, der als Fahrgestell diente, verschweißt. Hauben, Türen, Dach und Kotflügel waren als nichttragende Teile mit der Struktur verschraubt. Erstmals kamen bei einem Großserienfahrzeug zur Reduzierung des Gewichts große Mengen von Leichtmetall und Glasfaserverstärktem Kunststoff zum Einsatz. Die Motorhaube der DS war seinerzeit das größte aus Aliminium gefertigte Karosserieteil.
Nach Angaben der Pressestelle von Citroen sollen bereits am Abend des 5. Oktober 1955 rund 12 000 Bestellungen für eine DS vorgelegen haben. Citroen bot das Fahrzeug als viertürige Limousine „Berline“ an und in drei verschiedenen Kombiversionen. Ein in kleiner Stückzahl gefertigtes Cabrio rundete das Modellportfolio ab. Darüber hinaus schneiderten im Laufe der Modellgeschichte zahlreiche Spezialfirmen unterschiedlichste Versionen von der Staatlimousine bis zum Coupé.
Die Vierzylinder erstarkten in angemessenen Schritten. Die Buchstabenkombination „ie“ in den letzten Versionen DS 21 ie und DS 23 ie (126 PS) lieferten den Hinweis auf eine D-Jetronik von Bosch, die in den Siebzigern die Rolle der Gemischaufbereitung übernommen hatte.
So vielseitig das Angebot und so zeitgemäß die technische Ausstattung war, so gerne offenbarte die Göttliche auch ihre dunkle Seite. Vor allem die technisch anspruchsvolle Hydropneumatik bereitete den Kunden jede Menge Verdruss. Doch angesichts der technischen und formalen Ausnahmestellung drückten die Fans der DS lieber ein Auge zu, als sich automobiler Einheitsware zuzuwenden. Eine DS umwehte stets das Image kultivierter Individualität und gehobener Klassenlosigkeit. In Filmen spielte die DS mehr Hauptrollen als die Bardot, Deneuve oder Signoret zusammen.
In den Siebzigern hatte die Zeit die DS schließlich doch eingeholt. Mit dem CX stellte Citroen bereits im Spätsommer 1974 das Nachfolgemodell vor. Wieder als Limousine und extrem geräumigem Kombi und natürlich mit einer hydropneumatischen Federung. Die Ölkrise mahnte schließlich sparsame Motoren an, was das Ende der geplanten Spitzenmotorisierung durch einen 170 bis 180 PS starken Wankelmotor bedeutete. Auch die Fertigung musste deutlich rationeller als bei der DS ausfallen. Geräumig und komfortabel gelang es dem CX bis zum Produktionsende 1991 nach 1 170 645 Einheiten die Fahne der Marke in der Obernklasse noch einigermaßen hoch zu halten.
Der XM, von 1989 bis 2000 produziert, verlor dagegen rasch an Boden in einer besonders imageträchtigen Fahrzeugklasse, die das deutsche Trio Mercedes E-Klasse, BMW Fünfer und Audi A6 immer stärker dominierte. Es nutze Citroen auch wenig, dass schließlich beim XM als Topmotorisierung ein Dreiliter-V6 mit 147 kW / 200 PS zum Einsatz kam, denn hartnäckige Qualitätsprobleme, vor allem bei elektronischen Bauteilen hatten bereits ab 1992 zu drastischen Verkaufseinbrüchen geführt.
2005 wagte Citroen mit dem C6 den Letzten Versuch, in der Oberklasse Fuß zu fassen. Doch der Versuch, die technische Schmach des XM durch konzentrierte Qualität zu tilgen und an die guten Tage des CX und vor allem an die glorreichen der DS anzuknüpfen, scheiterte. Bis 2012 baute Citroen vom C6 gerade 23 384 Einheiten. Doch der Nimbus DS wird am Leben erhalten, soll sogar zur luxuriösen Nebenmarke von Citroen ausgebaut werden. Die neuen DS-Modelle versuchen, zumindest beim Design den Anschluss an die avantgardistische Ahnenreihe zu halten.