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Toyota
Im Reigen der großen Autobauer ist die Nummer 1 eigentlich ein junger Hüpfer. Während die großen Hersteller aus Europa und Amerika schon lange ihren 100. Geburtstag gefeiert haben, ging die „Toyota Motor Company“ erst 1937 offiziell an den Start. Die historische Entwicklung und die spezifische Geografie Japans verhinderten lange den Durchbruch des Automobils. Während sich das neue Verkehrsmittel im frühen 20. Jahrhundert in Europa und vor allem in den USA schon durchgesetzt hatte, waren Automobile in Japan noch lange exotische Erscheinungen. Die Produktion bestimmten amerikanische Importmarken. Einheimische Autobauer blieben namenlose Bastelbuden.
Als 1935 bei Toyota die Entscheidung gefallen war, sich künftig im Autobau zu engagieren, hatte sich das Unternehmen bereits zu einem führenden Anbieter für Textilmaschinen entwickelt. Firmengründer Sakichi Toyoda hatte 1890 als 23-Jähriger seinen ersten automatischen Webstuhl gebaut. Preiswert, zuverlässig und aus Holz gefertigt, dem einzigen unbegrenzt zur Verfügung stehenden Rohstoff Japans. Die Revolutonierung des Webstuhls trug Toyoda den Ehrennamen „König der Erfinder“ ein. Und als visionärer Unternehmer gab er zur langfristigen Sicherung des Konzerns die Devise aus: „Eine Generation, ein Unternehmen!“ Somit lag es an seinem Sohn Kiichiro (1894 – 1952), einen ganz neuen Geschäftszweig [foto id=“444105″ size=“small“ position=“left“]für Toyota zu entwickeln. Er konzentrierte sich auf das Autogeschäft. Das Kapital stammte aus dem Verkaufserlös von Patenten für Webmaschinen.
Kiichiro Toyoda hatte bereits 1930 mit einer Handvoll Mitarbeiter mit den Entwicklungsarbeiten für ein Auto begonnen. Gemäß der Firmendoktrin: „Fortschritt erzielen aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe“, musste das erste Fahrzeug von Toyota natürlich einen eigenen Motor erhalten. Fremde Hilfe war jedoch unerlässlich, weil der japanische Markt die erforderlichen Werkmaschinen nicht bereitstellte und somit entsprechendes Material aus Deutschland beschafft werden musste. Nach fünf Jahren Entwicklungszeit erwachte 1935 erstmals ein Prototyp namens „A1“ zum Leben. Ein Reihensechszylinder mit 3,4 Litern Hubraum sorgte für die Motorisierung. Die erste Ausfahrt endete bereits nach 20 Kilometern. Ein Defekt legte den Prototypen lahm.
Der allgemeine konjunkturelle Aufschwung der japanischen Wirtschaft Mitte der Dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts und der wachsende Bedarf der Armee an motorisiertem Transportgerät verbesserte spürbar das Klima für einheimische Autohersteller. So traf Kiichiro Toyoda die Entscheidung, dem Bau von Nutzfahrzeugen eine Schlüsselstellung einzuräumen. Der erste Lastwagen debütierte 1935 als „G1“. Er war zwar rund acht Prozent billiger als vergleichbare Importfahrzeuge, ließ jedoch eine entsprechende Zuverlässigkeit und Ausgereiftheit vermissen.
Die Erfolge des A1 ermutigte die Verantwortlichen, das Modell „AA-Sedan“ für den Serienbau zu entwickeln. Die moderne Limousine mit geschlossener Karosserie und einer aerodynamischen Linienführung, die dem „Airflow“ von Chrysler von 1934 nachempfunden war, erwachte erstmals 1936 zum Leben. Mit 65 PS lieferte der Sechszylinder zudem eine überzeugende Leistung. Die Kraftübertragung erfolgte über ein Dreigang-Schaltgetriebe. Auf der Suche nach einem passenden [foto id=“444106″ size=“small“ position=“right“]Markennamen fiel die Wahl auf „Toyota“. Im Gegensatz zum Familiennamen „Toyoda“ schreibt sich „Toyota“ in der japanischen „Katakana“-Schrift mit acht Strichen. Und die Acht gilt als ausgesprochene Glückszahl.
Nach der Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg am 15. August 1945 dürfte Toyota trotz der nationalen Katastrophe immer noch Momente des Glücks entdeckt haben. Das Oberkommando der amerikanischen Luftstreitkräfte hatte die Bombardierung der Toyota-Werke für den 21. August bereits fest terminiert. Dank unversehrter Produktionsstätten konnte das Unternehmen unmittelbar nach der Kapitulation die Nachkriegsproduktion aufnehmen. 1947 debütierte das erste Auto der Nachkriegszeit, der Toyopet SA.
Eiji Toyoda, ein Neffe Kiichiros übernahm als 37-Jähriger 1950 den Posten des Entwicklungschefs der Toyota Motor Company. Ein dreimonatiger Studienaufenthalt in Amerika brachte ihn zu der Erkenntnis, dass die Organisation der US-Autokonzerne keine Vorbildfunktion für den Aufbau der eigenen Entwicklung und Produktion liefern konnte. Alleine Ford produzierte 1950 rund 8 000 Autos an einem einzigen Werktag. Die gesamte japanische Pkw-Produktion jenes Jahres belief sich auf rund 1 500 Fahrzeuge und wäre somit in eineinhalb Arbeitsstunden bewältigt gewesen.
Somit entwickelte Eiji Toyoda ein eigenes Produktionssystem, das sich an der logistischen Organisation des Einzelhandels orientierte. Ein Supermarkt hält nur einen geringen Bestand an Waren vorrätig. Statt ein aufwendiges Lager zu betreiben, erfolgt der Warennachschub auf Bedarf, also „just in time“. Nach diesem Prinzip richtete Toyota von Beginn seiner Nachkriegsproduktion an seine Fertigung aus. Zulieferbetriebe mussten Material und vorgefertigte Komponenten direkt in die [foto id=“444107″ size=“small“ position=“left“]Fertigung liefern, wenn sie benötigt wurden. Der Wegfall von Lager und entsprechender Logistik sicherte Toyota einen wirksamen Kostenvorteil. Die „just-in-time“-Fertigung ist heute Standard in allen Automobilwerken der Welt.
Dieses Prinzip reduziert jedoch nicht nur die Kosten. Es minimierte auch Qualitätsschwankungen bei Teilen, die schon während der Produktion den Ablauf erschweren, oder später die Zuverlässigkeit des Endprodukts schmälern können. Weil sich Fehler in einer kleinen Charge naturgemäß schneller korrigieren lassen, als fehlerhafte Komponenten eines ganzen Jahresvorrats. Diese Produktionsstrategie erhielt die Bezeichnung „kaizen“ und prägt inzwischen weltweit ebenfalls die industrielle Fertigung in allen Bereichen. Auf Basis dieses Konzepts beschleunigte sich der rasante Aufstieg Toyotas als Autobauer. Der Durchbruch kam mit dem Beginn de weltweiten Exports in den frühen Sechzigern des letzten Jahrhunderts. In nur 25 Jahren war Toyota trotz widrigster Rahmenbedingungen vom industriellen Experiment zum Global Player der Autoindustrie gereift.
geschrieben von auto.de/(tl/mid) veröffentlicht am 26.11.2012 aktualisiert am 26.11.2012
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