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Audi
Viel geschlafen hat Ernst Scharl in diesem Frühjahr nicht. Aber das ist für den Ingenieur nichts besonderes. Denn als Entwickler im Vorseriencenter der Quattro GmbH gehör er traditionell zu jener Truppe von vielleicht zwei Dutzend eiligen Enthusiasten, die das Audi-Showcar für das GTI-Treffen am Wörthersee aufbaut. Auch wenn es dabei zeitlich gerne mal ein bisschen knapp wird und man es mit dem Arbeitszeitkonto deshalb nicht ganz so genau nimmt, ist das dem jungen Ingenieur jedesmal eine Freude.
Diesmal hat er sich die Nächte besonders gerne um die Ohren geschlagen. Denn nach dem A1 Clubsport und dem RSQ3 hat seine Mannschaft in diesem Jahr ein Auto auf die Räder gestellt, das die Koordinaten der Kompaktklasse gehörig durcheinander wirbeln wird: Einen A3 mit irrwitzigen 525 PS. „Clubsport Concept“ heißt die in magnetic-blue lackierte Studie, die Autos wie den CLA 45 AMG von Mercedes oder den M 235i von BMW das Fürchten lehren soll und selbst dem hauseigenen Supersportler R8 gehörig die Schau stielt.
Aber es sind nicht allein die imposanten Eckwerte, denen Scharl so bereitwillig seinen Schlaf geopfert hat. Es sind vor allem die Aussichten, die dieser Studie ihren hohen Stellenwert geben. Denn anders als die allermeisten Wagen vom Wörthersee hat dieses Showcar das Zeug zum Serienmodell und feiert im Frühjahr 2015 in Genf sein Comeback als RS3. Und damit die Wartezeit nicht zu lang wird und sich die Konkurrenz nicht länger allein im Glanz ihrer Kraftmeier sonnt, hat Scharl schon mal zu einer Testfahrt mit dem Blaumann auf die neue Trainingsstrecke der Bayern in Neustadt an der Donau gebeten.[foto id=“517256″ size=“small“ position=“left“]
Während der Ingenieur mittlerweile wieder einen relativ ausgeschlafenen Eindruck macht, raubt dieses Auto jetzt ganz anderen den Schlaf. Denn wenn man an diesem friedlichen Morgen nur den feuerroten Startknopf im Lenkrad drückt, dann ist es mit der Ruhe vorbei. Die Schwarzkehlchen, Feldlerchen und Rotschenkel in den umliegenden Wiesen schrecken hoch, die Maulwürfe kriechen tiefer in ihre Löcher und selbst die Kampfjets der benachbarten Heeresflieger klingen plötzlich wie Ultralight-Maschinen, wenn der Clubsport Quattro erst einmal loslegt.
Die Musik macht der 2,5-Liter großer Fünfzylinder, dem die Quattro GmbH allem Downsizing zum Trotz eisern die Treue hält. Mit seinem ganz eigenen Rhythmus brüllt und brabbelt das Aggregat, schnauft, schreit und schlürft, dass es eine wahre Freude ist. Und was [foto id=“517257″ size=“small“ position=“right“]da hinten aus dem doppelflutigen Auspuff Marke Ofenrohr heraus bollert, klingt gewaltig nach Kanonendonner.
So eindrücklich wie sein Klang ist auch die Kraft des Fünfzylinders, der dank neuer Elektronik, befreiter Atmung und einem auf 1,5 Bar erhöhten Ladedruck jene 525 PS leistet, die ihn noch vor zehn Jahren zum Supersportwagen gestempelt hätten. Ganz nebenbei produziert er auch noch ein maximales Drehmoment von 600 Nm, die dank Quattro-Antrieb und 275er Breitreifen mit dem 1,6 Tonnen schweren Viertürer buchstäblich leichtes Spiel haben: 3,6 Sekunden reichen ihm für den Spurt auf Tempo 100 und wenn die Gerade nur lang genug ist, endet die Raserei erst bei 310 km/h. Gut,[foto id=“517258″ size=“small“ position=“left“] dass Scharl und sein Team dafür eigens eine so genannte Airbrake entwickelt haben. Um den Wagen schneller zum Stehen zu bringen, stellt bei einer Bremsung jenseits von 150 km/h automatisch der riesige Heckspoiler senkrecht in den Wind und erhöht so den Luftwiderstand – bei Tempo 250 bringt das im Ernstfall immerhin zwölf Meter, rechnen die Entwickler vor.
Hier in Neustadt allerdings kommt selbst auf dem großen Oval spätestens nach 800 Meter die erste Kehre. Auf der einen Seite ist das schade, weil dann mehr als 200, 220 km/h nicht drin sind. Andererseits ist das ein Segen, weil die schönste Verbindung zwischen zwei Punkten eben doch eine Kurve ist. Erst recht in einem so sportlich-straffen Auto. Das Gewindefahrwerk perfekt auf die Strecke eingestellt, die Kraftverteilung des Quattro-Antriebs rasend schnell angepasst und die Lenkung überraschend sanftmütig – so fährt man mit dem Stufenheck einen sauberen Strich und freut sich unbändig auf jenen Moment, an dem die Kurve wieder aufmacht, der Bug Richtung Horizont dreht und sich der Bleifuß einmal mehr dem Bodenblech nähert – ach wäre es doch nur schon wieder Frühling und der neue RS3 bereits enthüllt.[foto id=“517259″ size=“small“ position=“right“]
Bis dahin allerdings hat Quattro-Chef Heinz Hollerweger schon noch ein bisschen was zu tun. Erstens muss er die Technik erst mal in den Sportback bringen, weil der RS3 traditionell als Fünftürer startet. Er muss den Klappenauspuff irgendwie durch eine Lücke der TÜV-Prüfung mogeln und noch ein bisschen am Fahrwerk feilen. Und vor allem muss er noch die passende Motorleistung festlegen. Denn die 525 PS sind zwar mittlerweile tatsächlich machbar mit dem Fünfzylinder. Doch mit Rücksicht auf die Dauerhaltbarkeit des Motors und vor allem auf die anderen RS-Modelle in den größeren Baureihen, will Audi das Triebwerk nicht bis zum Letzten ausreizen. Eine Vier an erster Stelle gilt allerdings als gesetzt und eine Fünf wäre für die Mannschaft natürlich ein Traum, raunen die Insider am Rande der Testfahrt.
Ob er jetzt 500, 450 oder vielleicht sogar nur 400 PS haben wird, ob es zum Sportback für die Wachstumsmarkte USA und China tatsächlich auch eine Limousine geben wird und wie es die Airbrake vielleicht doch noch in die Serie schafft – das verfolgt Prototypenbauer Scharl allenfalls noch mit höflicher Neugier und privatem Interesse. Denn darum mögen sich jetzt bitte die Kollegen aus der Serienentwicklung kümmern. Er wartet stattdessen auf das Ende der Showfahrten, geht dann in den verdienten Urlaub und schläft sich wahrscheinlich erst einmal richtig aus. Allzulange wird die Ruhephase aber nicht andauern: Spätestens im Herbst beginnt die Konzeptphase und ab Frühjahr die eigentliche Arbeit. Schließlich gibt es auch 2015 wieder ein GTI-Treffen.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 27.06.2014 aktualisiert am 27.06.2014
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