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Deutscher Tesla-Konkurrent
So kann man sich irren. Da glaubt man, der neue Audi e-tron vor der Haustür würde die Blicke auf sich ziehen und die Nachbarschaft versammeln – wie es schon bei anderen, leicht ungewöhnlichen Modellen der Fall ist. Schließlich tritt der Ingolstädter Elektriker als erster deutscher Tesla-Konkurrent überhaupt an.
Doch das mindestens 80.000 Euro teure Gefährt fällt überhaupt nicht auf. Seine Karosserieform setzt dafür zu sehr auf Understatement. Denn obwohl als reines Elektromobil konzipiert und viel gestalterische Freiheit bietend, verkniffen sich seine Designer jegliche Extravaganzen, wie sie etwa Jaguar mit der ausgeprägten Cab-Forward-Silhouette beim I-Pace erproben oder Tesla mit den Flügeltüren beim Model X.
Trotz des nicht genutzten Platz-Potenzials finden Hinterbänkler und das Familien-Reisegepäck problemlos Platz.
Package und Proportionen das e-tron unterscheiden sich kaum von denen eines Q5. Wären da nicht die Ladeklappe am linken vorderen Kotflügel und die dezente, grün hinterlegte Modellbezeichnung, würde nichts auf Audis Aufbruch in ein neues Mobilitäts-Zeitalter hinweisen.
Copyright: Audi
Der Eindruck setzt sich im Innenraum fort: Alles Audi wie gehabt – aber auch das ist ja im Grunde schon modern genug. Das gelungene virtuelle Cockpit sowie die beiden Touch-Screens in der Mittelkonsole, wie beispielsweise aus dem Q8 bekannt, sind für die Zukunft gerüstet. Problemlos zeigen sie auch elektrotypische Infos an wie Reichweite, Energie-Effizienz oder die Route zur nächsten Lade- beziehungsweise Schnelllade-Säule.
Die Fahrt weist dann alle ebenso bekannten wie begeisternden Eigenschaften leistungsstarker Elektromobile auf. Lautlos schiebt sich das SUV aus dem Wohngebiet; auf freier Landstraße oder Autobahn beschleunigt der Wagen brachial und ansatzlos: 300 kW oder 408 PS kurzzeitige Boost-Leistung, vor allem aber das jederzeit bereite Maximal-Drehmoment von 664 Newtonmetern fordern ihren Tribut von den Magennerven.
Die Rekuperation, also Energie-Rückgewinnung mit Brems-Effekt, lässt sich über das Menü einstellen oder kurzzeitig über die Lenkrad-Paddel. Nach einer gewissen Zeit der Spielerei belässt man sie im Automatik-Modus: Und dann unterscheidet sich das Fahrgefühl kaum von dem bekannten mit Verbrennungsmotor, abgesehen vielleicht von einer etwas stärkeren Bremsleistung auf Gefällstrecken.
Audi möchte seinen Elektrokunden nicht zu viel Umstellung zumuten. Denn die haben sie ja schon beim Laden. Womit wir beim spannendsten Aspekt dieses Alltagstestes wären. Eine 210 Kilometer lange Tages-Tour von Landshut nach Seefeld gerät zum kleinen Abenteuer.
Copyright: Audi
Beim Start nach einer Nacht an der heimischen Wall Box zeigt das Display 300 Kilometer Reichweite. Der Wechsel zwischen zügiger Autobahnfahrt und Baustellen-Schleicherei entspricht genau der Verbrauchsprognose, am Ziel stehen tatsächlich noch 90 Kilometer auf der Uhr. Soweit, so gut. Aber dann: Laden bitte, man möchte ja später wieder zurück.
Das Tourismus-Büro bietet eine Ladesäule, die pro Stunde Energie für fünf Kilometer in den Akku sickern lässt. Das hat ja wohl keinen Zweck. Ein Hotel im Stadtzentrum verfügt über eine Tesla-Station, die pro Stunde Power für 40 Kilometer nachlädt. Schon besser, aber so viele Tassen Warte-Kaffee mag man nicht trinken. Außerdem ruft ein Termin am Golf-Club Wildmoos.
Einzige Lösung: Ein Taxi (mit Dieselmotor) für die halbstündige Rest-Fahrt. So kann der Elektro-Audi in Ruhe vor sich hin nuckeln. Vor der Rückfahrt verspricht er 286 Kilometer Reichweite – und hält: 210 normal gefahrene Kilometer später sind noch 80 Kilometer drin. Hat mal gerade so gepasst?
Dann zwei Versuche, zu Hause gratis Sonnenstrom bei Aldi Süd zu bunkern. Zuerst ein Fehlschlag. Am Freitag Nachmittag begrüßt das Display die Öko-Fahrer mit Rotlicht und dem Hinweis, das Laden nur während der Öffnungszeiten möglich. Haben wir doch?
Ein Mitarbeiter zuckt mit den Achseln und erklärt, ein Techniker sei schon bestellt. Eine Woche später klappt das dann; in der erlaubten Stunde lädt der e-tron 22 Kilowattstunden für 80 Kilometer. Gar nicht schlecht dafür, dass man die Zeit für den Einkauf nutzen kann und die Energie weder Klima noch Geldbeutel belastet.
Copyright: Marcus Efler / mid
Er ist halt kein Twizy, der Audi e-tron, und ein starkes SUV braucht zur Bewegung nun mal Energie, ob per Sprit oder Strom. Immerhin stützt der Praxistest die offizielle Angabe einigermaßen. Wer die angegebenen über 400 Kilometer erreichen will, müsste allerdings schon sehr defensiv fahren. Und viel Geduld beim Laden oder der Suche nach einer echten Schnellsäule mitbringen. Im Rahmen des Ionity-Konsortiums bauen die deutschen Hersteller ja ein Ladenetz auf. Bis die Stationen dort stehen, wo man sie braucht, also überall, wird es noch eine Weile dauern.
Bis dahin bleibt die Fahrt im e-tron eine spannende Erfahrung.
Länge / Breite / Höhe | 4,90 / 1,94 / 1,63 Meter |
Motor | Elektro an Front- und Heckachse |
Leistung | Dauer 158 kW, Peak 265 kW, Boost 300 kW |
Drehmoment | 561 Nm, Boost 664 Nm |
Kraftübertragung | Allradantrieb |
0 bis 100 km/h | 5,7 Sekunden |
Spitze | 200 km/h (abgeregelt) |
Energiegehalt Akku | 95 kWh |
Normverbrauch nach WLTP | 22,6 – 26,1 kWh/100 km |
Testverbrauch | 28 kWh/100 km |
Max. Reichweite nach WLTP | 411 km |
Testreichweite | etwa 340 km |
Preis | 79.900 Euro |
geschrieben von MID veröffentlicht am 20.09.2019 aktualisiert am 19.09.2019
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