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Mit dem Fernlicht stehen die Autofahrer offenbar auf Kriegsfuß. Obwohl es nun wirklich nicht mehr braucht als eine Fingerbewegung, um die Straße ordentlich auszuleuchten, fahren die allermeisten nur mit Abblendlicht und verschenken so unnötig viel Sicht. Mit fatalen Folgen, sagt Stephan Berlitz. Er ist bei Audi der oberste Licht-Entwickler und will sich nicht damit abfinden, dass fast die Hälfte aller tödlichen Unfälle nachts geschehen, obwohl da viermal weniger Autos unterwegs sind als am Tag.
Und noch mehr stinkt ihm, dass kaum jemand sein Fernlicht wirklich nutzt. Schon in aktuellen Modellen gibt es deshalb eine Automatik, die das Fernlicht je nach Verkehrssituation an- oder ausschaltet. Doch jetzt machen die Bayern den nächsten Schritt und schaffen das Abblendlicht außerhalb geschlossener Ortschaften quasi komplett ab.
Dabei setzt Berlitz mit seiner immerhin etwa 100 Mann starken Truppe auf einen neuen Matrixscheinwerfer mit LED-Technik. Er hat fünf Segmente mit jeweils fünf Leuchtdioden, die einzeln angesteuert werden können. Das ergibt zusammen exakt 966 105 422 theoretische [foto id=“472065″ size=“small“ position=“left“]Lichtszenarien. Mit denen kann die Elektronik nicht nur wie bisher Kurven-, Abbiege- oder Schlechtwetterlicht erzeugen. Zusammen mit der Kamera hinter dem Rückspiegel und einer entsprechenden Bilderkennungssoftware zündet sie auch das blendfreie Fernlicht.
Sobald Berlitz Testwagen aus der Ortschaft rollt, flammen die Scheinwerfer deshalb mit voller Leistung auf und machen die Nacht zum Tage. Fast 300 Meter weit reicht der gleißende Lichtkegel, dessen Farbe beinahe der des Tageslichts entspricht. Er ist dabei so hell, dass einen Warntafeln oder Verkehrsschilder fast schon blenden. Kommt ein Auto entgegen oder fährt man auf den Vordermann auf, wird das Licht allerdings nicht wie bislang komplett gedimmt. Die Kamera erkennt vielmehr das andere Fahrzeug und verdunkelt nur das entsprechende Segment. So wird der eine Fahrer nicht geblendet, und der andere hat trotzdem volle Sicht. Wenn der Vordermann noch mit antiquierten H7-Funzeln unterwegs ist, profitiert er sogar noch von der verlängerten Leuchtweite des Audis in seinem Nacken.
Die neue Lichttechnik, für die man wahrscheinlich tief in die Tasche greifen muss, weil die Scheinwerfer fast so viel kosten wie ein einfacher Motor, öffnet den Autofahrern nicht nur die Augen. Die LED-Cluster haben noch weitere Vorteile: Weil sie weniger Energie benötigen als Halogen- oder Xenon-Leuchten, leisten sie einen kleinen Beitrag zum [foto id=“472066″ size=“small“ position=“right“]reduzierten CO2-Ausstoß. Und weil die Leuchtdioden enger zusammen gerückt werden können und nicht mehr geschwenkt werden müssen, wird der Scheinwerfer mal wieder eine ganz neue Signatur entwerfen.
Zurzeit erinnert der filigrane Scheinwerfer an die Schwinge eines Vogels und inszeniert sich beim Anschalten mit einer eindrucksvollen Lightshow. Die sieht man übrigens auch jedes Mal, wenn man den Blinker betätigt. Denn genau wie bislang nur im R8 gibt es auch dann eine Art Wischbewegung von innen nach außen in der gelben Lichtleiste. Das sieht nicht nur spektakulär aus, sondern dient auch der Sicherheit: Selbst wenn Teile des Autos verdeckt sind oder man es nur aus dem Augenwinkel sieht, kann man sofort die Richtung erkennen, in die der Wagen abbiegen will.
Zwar hat sich Berlitz mit seiner Truppe in den letzten Jahren so mache Nacht um die Ohren geschlagen und kaum eine Kaffeemaschine wurde wohl so stark frequentiert wie die im Lichttunnel. Doch dafür haben die Bayern Konkurrenten wie Mercedes, BMW und die bei Licht-Themen überraschend fortschrittliche Zweitliga-Marke Opel mal wieder hinter sich gelassen: Denn schon bald darf Berlitz die Tarnfolie von seinem Prototypen ziehen. Auf der IAA steht der überarbeitete A8, dem vor allem der Matrix-Scheinwerfer ein wenig Glanz und Gloria im Gerangel mit dem BMW Siebener und der nagelneuen S-Klasse spendieren soll.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 25.06.2013 aktualisiert am 25.06.2013
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