Audi Q2

Audi Q2: Viva la Revolución

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Revolutionen werden von Helden initiiert: Eine Erkenntnis, die heute überholt zu sein scheint. Denn mit Blick auf Kuba werden gesellschaftspolitische Veränderungen derzeit weniger von Lichtgestalten vorangetrieben. Nachdem die Widerständler um Fidel Castro und Che Guevara die Kubaner ab 1959 in eine ideologisch überhöhte Gesellschaftsform zwingen, folgt die Karibikinsel ein halbes Jahrhundert lang ihrer eigenen Zeitrechnung. Doch die Zeiten ändern sich. Die Triebkraft liefert ein modernes Phänomen: die Informationsgesellschaft. Sie wird gespeist von der Macht des Internets. Ihr erliegen Kubaner jedoch erst seit zwei Jahren. Wir reisen in einem Auto, das keine revolutionären Umtriebe forciert und den Kubanern wie von einem anderen Stern erscheint. Es verstärkt den Trend zu kompakten Stadtfahrzeugen, den der Mini Countryman eingeläutet hat. Audi schreibt ihn fort mit einer markentypisch geprägten Variante, dem bemerkenswert frischen Q2. Den Zeitgeist bedient der 1,51 Meter hohe Viertürer mit ausreichender Bodenfreiheit, um Bordsteinkanten verletzungsfrei zu erklimmen und besonders der weiblichen Kundschaft eine erhöhte Sitzposition im Stadtverkehr zu erlauben. Dem Zeitgeist voraus eilt die umfangreiche Premium-Ausstattung. Zahlreiche Assistenzsysteme und Konnektivitäts-Dienste sind in einem Fahrzeug dieser Klasse erstmals an Bord. Dass der neue Q2 auf kubanischen Straßen wie ein Botschafter der Zukunft bestaunt wird, liegt an der restriktiven Einfuhrpolitik des sozialistischen Staates. Neben Raúl Castro, dem amtierenden Machthaber und jüngeren Bruder des 89 Jahre alten Revolutionärs Fidel, kennen nur wenige Kubaner die Marke Audi, geschweige denn die Produktpalette. Neuwagen durften Jahrzehnte lang nicht eingeführt werden, was eine einzigartige Oldtimer-Kultur zur Blüte trieb. Sie speist sich überwiegend aus amerikanischen Straßenkreuzern der Vor-Revolutionszeit. Der 85-jährige Raúl Castro aber fährt einen modernen Audi A8. Die Begeisterung der Kubaner für den neuen Q2 basiert also keineswegs auf dem Wissen um automobile Trends, sondern folgt eher dem Versprechen des hoch bauenden Q2-Fahrwerks. Und tatsächlich überrollt der neue Q2 die Flickenteppiche kubanischer Teerstraßen recht komfortabel. Wobei die frontgetriebene Version eine Idee sanfter einfedert als die mit Allradantrieb und deutlich komfortabler als der etwas größere Audi Q3. Der Anzug des neuen Q2 folgt grundsätzlich der Designlinie des Hauses Audi. Doch analog zum A1 schert auch der Q2 ein wenig aus der Reihe. Weil kompakte Autos mit knappen Überhängen nach anderen Proportionen verlangen als große, bekommt der 4,19 Meter kurze Q2 ein nach hinten fliehendes Dach, aber auch erwachsene Fond-Passagiere haben ausreichend Kopffreiheit. Die in diversen Farben bestellbare C-Säulen-Verkleidung gibt es nur für den Q2. Sie stützt den robusten Auftritt, wie Audi-Designer Matthias Fink weiß. So auch der Unterfahrschutz vorn und hinten. Was man nicht sieht: Der Unterboden des Q2 ist komplett verkleidet und trägt zu dem in dieser Fahrzeugklasse rekordverdächtigen cW-Wert von 0,30 bei. Die Front mit hoch positioniertem Kühlergrill und großen Lufteinlässen unter den Scheinwerfern wirkt imposant und formt die Schokoladenseite des neuen Q2. Seine weit außen positionierten, annähernd quadratischen Rückleuchten lassen das Heck breiter erscheinen als es mit 1,79 Meter tatsächlich ist. Der neue Audi wirkt wie ein sportlich gekleideter Städter in Wanderschuhen. Beim Innenraum gibt der urbane Pfadfinder den unangefochtenen Klassenprimus. Mit 405 Liter schluckt der Kofferraum 55 Liter mehr als der Mini Countryman. Gleichzeitig genießen vier Personen in gut geformten Sitzen ausreichend Bewegungsfreiheit. Nominell ist der Q2 ein Fünfsitzer. Die horizontal gegliederte Armaturentafel, serienmäßig mit zentralem MMI-Monitor und optional mit Touchpad Dreh-/Drücksteller in der Mittelkonsole hält Schnittstellen zu mobilen Endgeräten und Online-Diensten von "Audi connect" vor. Das digitale, hoch auflösende Kombiinstrument kostet Aufpreis (650 Euro). Für Mitreisende ist ein WiFi-Hotspot ansteuerbar, doch nur, wenn man das NAVI Plus für 2.980 Euro Aufpreis wählt. Den hohen Vernetzungsgrad des neuen Q2 verdanken wir Kunden in China. Besonders dort soll der Viertürer den Trend zu Stadtfahrzeugen mit viel Bodenfreiheit bedienen. Wer wissen will, warum diese Tendenz so stark ist, bekommt auf Kuba die Antwort: Chinas Straßen ähneln denen der Inselrepublik sehr. Die Anzahl der Schlaglöcher auf hundert Meter Wegstrecke ist dreistellig. Und geparkt wird auf Gehwegen mit hohen Bordsteinkanten. Dass Audi den neuen Q2 wegen der erwartet hohen chinesischen Nachfrage auch im Reich der Mitte baut, liegt eigentlich auf der Hand. Technische Hürden gibt es nicht, denn der Q2 trägt unterm Karosseriekleid Komponenten, die auch den Audi A3 antreiben. Sie stammen aus dem MQB-Baukasten (Modularer Querbaukasten). Dass die dritte A3-Generation auch im Reich der Mitte vom Band laufen wird, ist beschlossen. Für den Q2 allerdings stehe die Entscheidung noch aus, gibt Audi Marketing-Vorstand Dietmar Voggenreiter zu Protokoll. Offenbar ist sie nur eine Frage der Zeit. Auf Kubas Straßen fahren wir den neuen Q2 mit 1,4-Liter-Vierzylinder-Turbomotor. Der 110 kW/150 PS starke TSFI geht unaufdringlich zur Sache, dreht temperamentvoll hoch und stellt mehr als ausreichend Kraft bereit. Die progressive Lenkung arbeitet zielgenau. Für Europa hält Audi sechs Aggregate vor: Neben dem 1,0-Liter-Dreizylinder (für die Einstiegsvariante ab 23.000 Euro) und dem 1.4 TSFI auch einen 2.0 TSFI. Des Weiteren sind drei Diesel-Varianten mit 1,6 und 2,0 Liter Hubraum im Angebot. Das Leistungsspektrum liegt zwischen 85 kW/116 und 140 kW/190 PS. Es wird als offenes Geheimnis gehandelt, dass Audi einen SQ2 mit 228 kW/310 PS nachschiebt. Motorenabhängig kann man zwischen Front- und Allradantrieb wählen. Problemlos könne der Audi Q2 auch elektrifiziert werden, erklärt Dietmar Voggenreiter auf Nachfrage. Mit elektrischen Komponenten aus dem VW e-Golf dürfte der Q2 e-tron mit einer Batteriefüllung rund 120 Kilometer weit fahren. Das wird chinesische Großstädter nur schwer überzeugen. Umso mehr die Möglichkeit, ohne Wartezeit, Lotterieverfahren oder Zahlungen bis 10.000 Euro eine sofortige Zulassung in Shanghai oder Peking zu kommen. Die zur Markteinführung Ende 2016 verfügbaren Triebwerke sind mit Sechsgang-Handschaltung oder Siebengang-DSG gekoppelt. Die Motorkraft fließt in ein Quattro-Fahrwerk mit Vierlenker-Hinterachse. Der Allradantrieb schaltet die Hinterachse automatisch und blitzschnell zu, wenn Drehzahlunterschiede zwischen den Vorder- und Hinterrädern auftreten. Dafür schliesst eine Haldex-Kupplung im Antriebsstrang. Der Fronttriebler ist eher für Flachländer gedacht, die sich dann mit einer Verbundlenkerachse hinten zufrieden geben müssen. Wahlweise sind für 800 Euro adaptive Dämpfer zu haben. Über "Drive Select" lassen sich Lenkung, Fahrkomfort und Gasannahme individuell anpassen. Auf dieses "Männerpaket" dürfen weibliche Kunden getrost verzichten. Nicht nur sie werden mit dem Standardfahrwerk durchaus zufrieden sein.Der breite Strauß elektronischer Assistenzsysteme fährt den neuen Q2 im Wunschdenken sicherheitsbewusster Menschen weit nach vorn. Die adaptive Geschwindigkeitsregelung mit Stop-and-Go Funktion, der Stauassistent, die Spurwechsel-Warnung und Lenkeingriffe zum Spurhalten, die Verkehrzeichenerkennung und der Parkassistent mit Querverkehr-Überwachung hinten bietet in diesem Marktsegment nur Audi im neuen Q2. Dass über eine Laufzeit von sechs Jahren 400.000 Fahrzeuge vom Band rollen sollen, wie Audi aktuell plant, dürfte eher konservativ kalkuliert sein. Dass sich einer davon irgendwann einmal nach Kuba verirrt, wird immer wahrscheinlicher. Das hängt letztlich davon ab, wie schnell der Lauf der Zeit in Kuba Geschwindigkeit aufnimmt. Revolutionäre, so scheint es, haben darauf keinen Einfluss mehr.

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