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Dieser Kombi macht dicke Backen
40 Millimeter pro Seite verbreitert beherbergen die Radkästen gigantische 22-Zoll-Felgen. Die sind auch nötig, denn bei kleinerem Format passt die Keramikbremse an der Vorderachse nicht mehr unters Horn. Mit dieser Optik gibt Audi Sport seinen Kunden nicht nur Anreize, um sich prominent vor der Eisdiele zu platzieren, sondern hält durch die deutlich breitere Spur 2,2 Tonnen stabil im Zaum. So ergeben sich sowohl beim Design als auch bei der Fahrstabilität ungeahnte Vorteile. 600 PS und 800 Newtonmeter werden im Audi RS 6 Avant auf mehreren Ebenen gekonnt verpackt – im Fall unseres Testwagens für schlappe 173.000 Euro.
Audi Avant, silber, BJ 2020 – ein typisches Verkaufsinserat für den gut situierten Familienvater. Dass der für einen RS 6 am besten millionenschwer ist und gerade ein neues Reiseauto sucht, versteht sich bei dem Kaufpreis von selbst. So erschöpfen wir uns nicht im weiterhin voll nutzbaren 565 Liter großen Gepäckabteil mit Schienen und Zurrösen, oder umklappbaren Rücksitzen. Genau diese Nebenschauplätze sind es, die den Superkombi von einem reinen Spaßauto trennen. Dass der trotzdem nicht zu kurz kommt, ist das Ergebnis schlauer Maßnahmen.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Dennis Gauert
Beim Einsteigen greift der Besitzer eines RS 6 unbewusst in die Hüfte der schwächeren A6-Brüder. Denn die Fahrertür ist das einzige Karosserieteil, das der Babybomber sich mit der Modellreihe noch teilt. Die Verbreiterung an den hinteren Kotflügeln erforderte bei den Türen der zweiten Reihe eine umfangreiche Anpassung. Die Frontschürze, die Seitenschweller, die Heckschürze und auch die Motorhaube sind beim RS6 exklusive Bauteile – ebenso wie die Auspuffblenden im XXL-Format. So ist Understatement nicht länger das Revier des V8-Biturbo-Kombi aus Ingolstadt.
Zur Top-Ausstattung der Oberklasse gesellen sich zusätzlich exklusive RS-Sessel mit abgestepptem Wabenmuster, sowie nicht bei anderen Varianten erhältliche Oberflächen und Lederbezüge an den Türen. Das RS-Logo und die RS-Taste am Lenkrad sind die beiden Identitätsmerkmale, die sich während der Fahrt ins Blickfeld des Fahrers drängen – mal abgesehen von den Sportanzeigen inklusive Reifendruck- und Temperaturanzeige sowie G-Meter. Damit bleibt die Audi-DNA auch in einem der Flaggschiffe besonnen und geradlinig.
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Zusammen mit den zwei Turboladern folgt ein böses Grollen, das sich aber schnell wieder beruhigt. Erst wenn der Dynamikmodus oder die beiden konfigurierbaren RS-Programme eingeschaltet werden, sind die Klappen ganz offen. Dank Otto-Partikelfilter hat hier leider eine Kastration stattgefunden, die dem RS 6 zwar seinen klanglichen Charakter übrig lässt, das Volumen aber schmälert.
Durch die enorm gut gedämmte Karosserie dringt von hinten nur ein blubbernder Unterton in den Innenraum, der bei Gaswegnahme mit kurzen Kickdrums angereichert wird. Das schmälert den Spaß am kernigen V8-Gebrüll nicht, für Soundfetischisten ist der Gang zum Tuner jedoch Pflichtprogramm.
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Die Fahrleistungen schlagen andere Töne an. In 3,6 Sekunden wird der fliegende Reisekoffer per Launch-Control auf Tempo 100 km/h katapultiert. Von null auf 200 km/h vergehen nicht einmal zwölf Sekunden. In knapp 20 Sekunden stehen bereits 250 km/h auf der Uhr – die magische Grenze für deutsche Fabrikate, die hier meist abgeregelt werden.
Gegen einen satten Aufpreis kann man diese Grenze seitens Audi auf 305 km/h erhöhen. Angesichts des stattlichen Leistungsangebots und der Geräumigkeit bleibt die Assoziation eines Privatjets auf Rädern zurück. Wer einen Hund im Kofferraum hat, kann dazu noch die Heckscheibe beim Beschleunigen kurzzeitig abdunkeln. Wau!
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Sobald sich der Kombi in die Kurve legt, wird offenbar, dass Audi Sport die Kritik an den Vormodellen nicht im Wind verhallen lassen hat. Statt einer trägen Air-Force-One erwartet den Fahrer bei sportlich gewählter Dämpferkennlinie nunmehr ein roter Baron. Durch die Hinterachslenkung wird
dem RS 6 nämlich eine enorme Wendigkeit im Alltag zuteil, die man dem knapp fünf Meter langen Rennpanzer kaum zugetraut hätte.
Durch die neu gewonnene Beweglichkeit kann er beim Fahrspaß also mit seinen kleinen Brüdern mithalten und sie gar übertrumpfen. Genauer gesagt darf man schon von Fahrleistungen handelsüblicher Cup-Fahrwerke sprechen, die sich besonders in blitzschnellem Einlenkverhalten und nahezu völlig eliminierter Rollneigung zeigen. Trotz viel größerer Felgen liegt der RS 6 insgesamt 30 Millimeter tiefer als das Serienauto. Den Kontakt zur Fahrbahn verliert der bärenstarke Avant nie.
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Genau hier liegt auch der neue Reiz des RS 6. In einer ungeahnten Beweglichkeit lässt er sich durch die Kurven scheuchen, 100 Prozent Drehmoment und Leistung im Scheitelpunkt werden vom intelligenten Allradantrieb mit drei Differentialen ohne Rülpser verdaut. „Alter Schwede!“ denken sich Fahrer und Passagiere wenn das g-Meter 1,2 als maximale Querbeschleunigung abspeichert.
Sicher, an der Front wiegt der Superkombi schon etwas mehr. Durch die Kraftverteilung, die von 70:30 bis 15:85 je nach Fahrsituation variiert, schlägt sich der Audi aber überraschend gut und kann ausgleichen – deutlich besser als seine kleinen Brüder auf A3-Basis. So kann bei einem U-Turn auch kurz das Gepäckabteil über die Fahrbahnlinie rutschen. Das gab es im RS 6 so noch nie.
Was sich waghalsig und stressig liest, haben die Ingenieure in mundgerechten Häppchen angerichtet. Den RS 6 zu fahren ist so einfach, dass man ihn guten Gewissens jedem normalen Autofahrer in die Hand geben kann. Einmal auf Kurs gebracht lässt er sich von seiner Spur nicht mehr abbringen und sticht willig in die Kurven.
Auf der Autobahn sorgt der Allradantrieb für ein unvergleichbares Sicherheitsgefühl. Und auch bei 280 km/h bleiben die Windgeräusche noch draußen. Zusammengefasst ist der RS 6 eine handzahme Übermacht. Dafür sorgen auch die standfesten Keramikbremsen, deren Potential auf Betriebstemperatur unerschöpflich scheint. Vielleicht deshalb kostet eine Scheibe für die Vorderachse mehr als 5000 Euro.
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Zwar geben sich die Ingolstädter mit einem Basispreis von 117.500 Euro noch recht zivil; bis ein RS 6 aber so ausgestattet ist, wie es sich für ein Traumauto gehört, können nochmal über 60.000 Euro fällig werden. So kostet zum Beispiel das RS-Dynamikpaket Plus (inklusive V-Max-Anhebung auf 305 km/h und Hinterachslenkung) stolze 12.500 Euro.
Auch die Carbonleisten an Front und Heck sowie Seitenschwellern sind mit über 4600 Euro ein Wort zum Sonntag. Auf noch höherem Niveau rangiert aber das Bang-und-Olufsen-3D-Soundsystem (6070 Euro) mit ausfahrbaren Hochtönern im Armaturenbrett. Das lässt sich aber nur zusammen mit dem schicken Alcantara-Dachhimmel (2050 Euro) bestellen.
In unserem Testwagen kommen noch Designpakete und Sitze hinzu, die gemeinsam weit in den fünfstelligen Bereich ragen – ganz zu schweigen von Assistenzsystemen, Infotainmentoptionen und Nachtsichtmodus, die ebenfalls keinen Igel in der Tasche dulden.
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Da lohnt es sich in den Genuss der Sparoptionen zu kommen, die Audi Sport in den RS 6 gebaut hat: Mit einem 48-Volt-Bordnetz und einem Riemen-Startergenerator stehen 12 Kilowatt zu Verfügung, um sogenanntes Segeln zu ermöglichen.
Die elektrische Beimischung wird jedoch eher im Effizienz-Fahrprogramm offenbar, in der auch die Zylinderabschaltung aktiv ist. Hier schaltet sich das V8-Triebwerk kurzzeitig ab und der RS 6 gleitet geräuschlos dahin. Audi spricht von einer Ersparnis von bis zu 0,8 Litern Benzin. Die können wir nicht fundiert bestätigen, aber mit viel Disziplin und abgeklebter RS-Taste ließ sich ein Durchschnittsverbrauch von elf Litern über eine Distanz von 50 Kilometern herausfahren.
Sobald der RS 6 in seinen typischen Disziplinen gefahren wird, geht der Verbrauch entschlossen in Richtung 20 Liter. Für Barkäufer nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Und das scheint auch die Damenwelt zu wissen: Auffällig viele Frauen wirkten an dem Millionärskombi interessiert – offeriert er doch Sicherheit, Wohlstand und emotionale Höhepunkte. Wer den RS 6 als Single besitzt, darf die hintere Sitzbank also schon vorausschauend für den Nachwuchs einplanen.
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Der Neue aus Ingolstadt stellt seine Vorgänger in den Schatten. Er ist breiter, tiefer und sportlicher als all seine Vorgänger. Dazu besticht der cool aufgepumpte Breitbau. Die Kunst, die Audi Sport – anders als die Konkurrenz aus München und Affalterbach – beherrscht, ist die handzahme Verpackung am Lenkrad. Das muss man wollen.
Ein Minus fängt sich der Superkombi bei der Haltbarkeit und beim Kaufpreis ein. Die harten Schaltvorgänge und die ähnlich einer Kollision ausgeführte Gangbremse im manuellen Modus lassen Mitleid mit Getriebe, Differentialen und Fahrwerksbuchsen aufkommen. Doch das gehört zu den Kriterien, die einen Käufer in dieser Preisklasse wohl kaum beeindrucken.
Länge x Breite x Höhe (in m) | 4,99 x 1,95 x 1,46 |
Motor | V8-Ottomotor, 3996 ccm, Bi-Turbo, Direkteinspritzung |
Kraftübertragung | Acht-Stufen-Direktschaltgetriebe, Allradantrieb |
Leistung | 600 PS (441 kW) bei 6000 – 6250 U/min |
Max. Drehmoment | 800 Nm bei 2050 – 4500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 305 km/h (250 / 280) |
Beschleunigung 0 auf 100 km/h | 3,6 Sek. |
ECE-Durchschnittsverbrauch | 11,5 Liter |
Testverbrauch | 18 Liter SP |
Realverbrauch | 16 Liter SP |
Abgasnorm | Euro 6d-Temp-Evap-ISC |
CO2-Emissionen | 268 g/km |
Tankinhalt | 80 Liter |
Leergewicht | 2150 kg |
Kofferraumvolumen | 565-1680 Liter |
Basispreis | 117.500 Euro |
Testwagenpreis | 173.000 Euro |
geschrieben von AMP.net/deg veröffentlicht am 08.07.2020 aktualisiert am 08.07.2020
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