Autobahnverkehr: Seitenstreifen befahren

Selbst auf gut ausgebauten Strecken kommt der Verkehr auf manchen Autobahnen in Deutschland zu Stoßzeiten regelmäßig zum Erliegen. Die sechsspurige A9 zwischen dem Autobahnkreuz Neufahrn und dem Autobahndreieck Holledau müsste laut Bedarfsplan des Bundesministeriums für Verkehr über acht Spuren verfügen. Weil aber hier wie andernorts das Geld dafür nicht zur Verfügung steht, behelfen sich deutsche Autobahndirektionen in Abstimmung mit dem jeweiligen Ministerium, indem sie die Seitenstreifen dieser Ausbaustrecken zur zeitweiligen Nutzung herrichten und frei geben.

Das ist bislang schon auf 250 Kilometern geschehen, unter anderem auf der A5 zwischen der Anschlussstelle Friedberg und dem Bad Homburger Kreuz und auf der A7 zwischen den Autobahndreiecken Hamburg-Nordwest und Bordesholm. Der Projektplan Straßenverkehrstelematik sieht bis 2015 den Ausbau von weiteren 100 Kilometern Seitenstreifen vor. Diese sollen die gleiche Qualität wie die regulären Fahrstreifen erlangen. Im Abstand von 500 bis 1 000 Metern werden Nothaltebuchten angelegt.

Beginn und Ende der nutzbaren Strecke zeigen Wechselkennzeichen am Fahrbahnrand und/oder Schilderbrücken an. Die Höchstgeschwindigkeit ist dort auf 120 km/h oder weniger begrenzt. Die Entscheidung zur temporären Nutzung des Seitenstreifens trifft die jeweilige Aubobahndirektion. Grundlage dafür sind Langzeit-Erfahrungen im Verkehrsaufkommen oder außerordentliche aktuelle Umstände wie Unfälle oder Massenveranstaltungen. Die Mitarbeiter können anhand der Werte, die ihnen über Erfassungsstellen übermittelt werden, erkennen, wann sich eine Stausituation aufbaut und vorsorglich den Seitenstreifen freischalten. Für die Autofahrer besteht dann die Pflicht, diesen als rechte Fahrspur zu nutzen.

Bevor ein Seitenstreifen freigeschaltet werden kann, muss Gewissheit bestehen, dass er nicht von einem Pannenfahrzeug belegt ist. Dazu bedient sich der Autobahndirektion der Kameras, die die gesamte Strecke im Blick haben. Außerdem kontrolliert ein Streckenfahrzeug, ob der Seitenstreifen frei von Gegenständen ist (abgefallene Autoteile und ähnliches), die von den Kameras nicht erkannt werden. Bei schlechten Sichtverhältnissen oder nachts wird die Seitenstreifennutzung nicht aktiviert, weil dann nicht einzusehen ist, ob die Strecke frei ist.

Wer während der Freischaltung wegen einer Panne auf dem Seitenstreifen anhalten muss, sollte zunächst versuchen, eine der Nothaltebuchten zu erreichen. Ist das nicht möglich, ist zu verfahren wie bei einer Panne auf einer normalen Autobahn: Der Fahrer schaltet die Warnblinkanlage an, rollt langsam aus, streift die Warnweste über und stellt das Warnkreuz 100 Meter hinter dem Pannenfahrzeug auf. Danach begibt er sich hinter die Leitplanke und ruft einen Pannendienst an. Er kann davon ausgehen, dass die Leitzentrale das Fahrzeug über die Kameras direkt erfasst oder anhand des stockenden Verkehrsflusses auf dem Seitenstreifen indirekt wahrnimmt. Die Autobahndirektion hebt dann sofort die Freigabe des Seitenstreifens auf und benachrichtigt den Abschleppdienst.

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