Autohersteller dürfen E-Call nicht anzapfen

Markenunabhängige Kfz-Werkstätten sehen das automatische Unfallnotrufsystem E-Call mit gemischten Gefühlen. Ab 2015 soll es in Pkw serienmäßige installiert sein. Sie befürchten, dass die Autohersteller das Notrufsystem für eigene Pannenhilfsdienste nutzen werden und den freien Reparaturbetrieben damit die Aufträge wegbrechen.

Die Befürchtungen kommen nicht von ungefähr. Automobilhersteller wie BMW, Mercedes-Benz, Peugeot und Citroen haben ein E-Call-System schon in verschiedenen Modellen an Bord. Per Fernsteuerung greift BMW bereits heute in Fahrzeugsysteme ein und aktiviert im Fall der Fälle den konzerneigenen Pannendienst in Verbund mit einer Werkstatt der eigenen Marke.

Es liegt auf der Hand, dass bei einem Unfall hier nicht nur die Rettungsleitstelle, sondern auch der Münchner Hersteller automatisch informiert wird, so der Inhaber eines Kfz-Meisterbetriebs in Stuttgart. Und dadurch ginge das Geschäft mit Bergung, Schadensabwicklung, Fahrzeugersatz-Vermietung und Unfallreparatur an den Automobilhersteller und dessen Vertragswerkstätten. Aus Sicht der Hersteller ist das Engagement verständlich. Bezogen auf alle Autohersteller geht es um viele Milliarden Euro Umsatz.

Dieses Praxis missfällt auch Versicherungsgesellschaften und Autoclubs. Denn eine Konkurrenz unter markenabhängigen und freien Werkstätten findet nicht statt, wodurch die Preise für Werkstattleistungen nach oben klettern, was sicher sei. Für einen Sprecher des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wäre das dann eine „wettbewerbspolitische Verwerfung“ und ein „Missbrauch der Notfalleinrichtung in Fahrzeugen“.

Markenfreie Reparaturstätten, Kfz-Versicherer und Autoclubs fordern eine klare Regelungen von EU und Bundesregierung, wer über technische Notrufdaten verfügen darf. Auf jeden Fall sollten sie für berechtigt Interessierte frei und zeitgleich zugänglich sein. Parallel zur Leitstelle dürften die Autohersteller nicht informiert werden, was für diese durch „Anzapfen“ des Notystems im Auto kein Problem darstelle, um so keinen Zeitvorsprung zu haben. Das Anzapfen der Daten gehöre verboten.

Die elektronischen Notrufsysteme verkürzen die Reaktionszeiten und verbessern die Rettungsleistungen der Notdienste. Im Ergebnis mindern sie die Folgen von Unfällen. Die Funktionsweise: Sensoren im Auto erkennen zum Beispiel das Auslösen eines Airbags und lösen sofort den Notruf in Form einer SMS an eine Leitstelle aus. Mit der SMS erhält die Zentrale auch GPS-Informationen zur Ortung der Unfallstelle. Ein verunfallter Peugeot übermittelt gleichzeitig die Fahrgestellnummer, so dass das Modell bekannt ist. Ob es sich zum Beispiel um einen Kleinwagen oder einen Transporter handelt. Dies kann für die Planung der Unfallrettung wichtig sein.

Die Rettungsstelle nimmt dann mit dem Fahrzeuglenker telefonisch Kontakt auf, um Einzelheiten über die Zahl der Insassen und ihre Verletzungen zu erfahren, und so die richtigen Rettungsmaßnahmen einleiten zu können: reicht der Krankenwagen oder ist der Rettungshubschrauber erforderlich.

Neben dem automatischen gibt es den manuellen Notruf. Das ist eine SOS-Taste, über die der Fahrer nach einem eigenen Unfall für sich oder nach einem beobachteten Unfall für Dritte Hilfe aktivieren kann. Laut Bernhard Voss, Peugeot-Pressesprecher, hat die Hilferufeinrichtung schon über 4 000 Fahrern der französischen Automarke geholfen. Der ADAC schätzt, dass innerhalb der EU inzwischen 2 500 Personen pro Jahr über das System gerettet werden.

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