Automobildesign – Von Paris nach Wolfsburg

Der Pariser Autosalon hat es deutlich gezeigt: Beim Design agieren die einstmals avantgardistisch eingestellten französischen Automarken inzwischen deutlich konservativer – und werden damit gleichzeitig deutscher. Beim Thema Elektroauto haben Renault, Peugeot und Citroen dafür die Nase vorne.

Früher war alles viel einfacher

Die Japaner waren preiswert, hochqualitativ und wenig attraktiv, die Deutschen technisch führend und in Sachen Qualität eher im Mittelfeld und die Franzosen mutig, kreativ und unzuverlässig. Heute werden japanische Fahrzeuge in die Werkstatt gerufen, setzen Audi und Co. optische Glanzlichter und die Franzosen – nun, die werden immer deutscher.[foto id=“324201″ size=“small“ position=“right“][foto id=“324202″ size=“small“ position=“right“]

Citroen

Wer sich auf dem Pariser Autosalon (noch bis zum 17. Oktober) auf den Ständen von Renault, Peugeot und Citroen umsieht, mag seinen Augen nicht trauen. Vor allem auf dem Stand der früheren Avantgarde-Marke Citroen, deren neuer C4 nun selbst auf die letzten müden Besonderheiten der noch aktuellen Generation – Parfümspender und feststehende Lenkradnabe – verzichtet. Dafür wirkt die neue Kompaktklasse so, als hätte der VW Golf in die Träumen der Designer gespukt. Die Karosserie ist einfach nur, na ja, normal; immerhin zeigt sich der Innenraum deutlich hochwertiger als bisher.

Den DS4 versucht Citroen als coupehaften Ableger des C4 zu verkaufen. Abgesehen davon, dass ein Viertürer schon per Definition nie ein Coupé sein kann, ist der DS4 – ähnlich wie das C3-Schwestermodell DS3 – tatsächlich auch alles andere als sportlich, sondern letztlich nur ein mit einfachen Mitteln aufgepeppter Kompaktwagen. Wer Citroen dafür tadeln will, sollte jedoch bedenken, dass man sich für (Design-)Lob nichts kaufen kann und Vorsicht – siehe Volkswagen – sich hier immer noch ausgezahlt hat.

Peugeot

Auch Peugeot entdeckt deutsche Tugenden, doch haben die Designer der Löwenmarke ein glücklicheres Händchen bewiesen. Das neu-konservative französische Design passt natürlich auch einfach besser in die Mittelklasse. Hier soll der Peugeot 508 sowohl den 407 als auch den 607 ersetzten. Kombi und Limousine wirken wie aus einem Guss, die Innenraumqualität wirkt so hochwertig wie noch bei keinem französischen [foto id=“324203″ size=“small“ position=“left“]Auto zuvor und muss sich hinter deutschen Premium-Produkten nicht verstecken. Mit der gelungenen Mischung aus Eleganz und Dynamik bei 508 schließt die Traditionsmarke das eher unrühmliche Design-Kapitel großmäuliger Kühlergrills und überpointierter Linien wohl endgültig ab.

Renault

Verglichen mit Fahrzeugen wie seinem Vorgänger Vel Satis ist der neue Renault Lattitude  fast schon ein Langweiler. Aber die sehr besonnene Linienführung der großen Limousine, die technisch auf dem Modell SM5 der koreanischen Schwestermarke Samsung beruht, ist auf den zweiten Blick durchaus nicht ohne Reiz. Und wenn man den Erfolg eines Fahrzeugs wie dem VW Passat sieht, kann Renault mit dem einschwenken auf mehr optische Solidität in dieser Klasse nicht ganz falsch liegen.

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Richtungswechsel

Um es auf den Punkt zu bringen: Offensichtlich fährt der Designzug bei den französischen Marken derzeit eher von Paris in Richtung Wolfsburg. Dieser Richtungswechsel ist Peugeot besonderes gut gelungen, der Schwestermarke Citroen deutlich weniger. Ins Sinnieren könnte der Betrachter ob des abrupten Designwechsel der französischen Marken allerdings schon kommen. Denn eine optische Markenidentität baut man langfristig so natürlich nicht auf. Daher bleibt zu hoffen, dass die Fans [foto id=“324205″ size=“small“ position=“left“]der Marken nicht mit weiteren Modellgenerationen erneut vor den Kopf gestoßen werden. Auf jeden Fall dürfen sich die Designer der deutschen Marken, die ihre Fahrzeuge wesentlich vorsichtiger entwickelt und angepasst haben, im Nachhinein bestätigt sehen.

Verkehrte Welt

Während die vormals so mutigen und avantgardistischen Franzosen beim Design also über den Rhein schauen, ist es bei der Elektromobilität genau umgekehrt: Hier scheinen Renault und Co. denn doch der deutschen Ingenieurskunst derzeit den Rang abzulaufen. Studien und Konzepte von Elektrofahrzeugen sah man auf der Messe allenthalben, auch von japanischen und koreanischen Marken. Auf der Straße wird man aber neben dem Nissan Leaf (ab 2011) und dem Mitsubishi i-MiEV (ab sofort), bald vor allem französische Autos sehen. Die Schwestermodelle [foto id=“324206″ size=“small“ position=“right“]des i-MiEV, der Citroen C-Zero und der Peugeot iOn, sind verfügbar. Während der Citroen stolze 35.165 Euro kostet, setzt Peugeot auf ein Leasingsystem zu 500 Euro im Monat. Und Renault schiebt mit der Fluence ZE im kommenden Jahr eine veritable Elektrolimousine nach.

Die Franzosen haben auch die Vorteile von elektrisch angetriebenen Kleinlieferwagen erkannt, wer einmal mit dem Auto in Paris unterwegs war, wird dies zu schätzen wissen. So gibt es in Kürze sowohl einen Citroen Berlingo wie auch einen Renault Rapid in Elektroversionen, mit immerhin 160 Kilometern Reichweite – theoretisch. Wann wir realen Elektroantrieb aus Deutschland erwarten dürfen, steht dagegen noch in den Sternen.

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