Ihre persönliche Autoberatung
0800 - 40 30 182
Was der Autokunden in Europa nach jahrelangem Gebrauch als „alt“ ablegt, ist anderswo auf der Welt als Neuwagen immer noch gut genug. Bestes Beispiel: Der „Golf IV“ wird von Volkwagen in Kanada zu Preisen ab 15 300 kanadischen Dollar (11 375 Euro) angeboten.
Breite Scheinwerfer und ungewohnt große Lufteinlässe können Kenner der Wolfsburger Modellpalette nicht täuschen: Bei genauem Hinsehen entpuppt sich der kanadische Golf-Abkömmling als optisch aufgepeppter Golf IV, der hierzulande schon 2003 abgelöst worden ist. Aus gutem Grund: Denn in den folgenden Generationen des Kompaktklässler haben Innovationen wie der serienmäßge Schleuderschutz ESP, Doppelkupplungsgetriebe sowie moderne, direkteinspritzende Sparaggregate wie die Reihe der TSI-Ottomotoren oder die „TDI“ getauften Turbodiesel Einzug in den Golf gehalten.
Die meisten dieser automobilen Innovationen fehlen dem kanadischen Basis-Golf. Unter der Bezeichnung „Golf City“ lässt man ihn dort dennoch weiterleben. In Kanada wird das Einstiegsmodell unter dem Motto „Deutsche [foto id=“345068″ size=“small“ position=“left“]Ingenieurskunst für alle“ als „wunderbare Mischung aus Zuverlässigkeit, Sicherheit und purem Fahrvergnügen“ angepriesen. Zwar wird auch der aktuelle Golf angeboten, allerdings für 21 475 kanadische Dollar, umgerechnet knapp 16 000 Euro. Bei einem satten Preisunterschied von rund 4 500 Euro stört es auch nicht, dass der in Brasilien vom Band laufende VW-Klassiker mit seinem rund 88 kW/117 PS leistenden 2,0-Liter-Motor auf einen nicht gerade zeitgemäßen Durchschnittsverbrauch von 9,8 Litern Benzin auf 100 Kilometer im Stadtverkehr kommt. Angeboten wird er trotzdem, und zwar aus gutem Grund: „Die kanadischen VW-Händler wollten dieses Auto haben, um mit Kleinwagen von Toyota, Honda und Mazda konkurrieren zu können“, so Darrel Smart, Verkaufsleiter einer VW-Niederlassung nahe Toronto gegenüber der FTD.
Mit dieser lebensverlängernden Maßnahme ist die Kanada-Abteilung von VW weltweit in guter Gesellschaft: Auch wer beispielsweise durch die Straßen der südafrikanischen Metropole Kapstadt cruised, reibt sich verwundert die Augen. Zwischen vielen modernen Mercedes-Limousinen und unzähligen japanischen Geländewagen trifft man immer wieder auf ein vertrautes, aber fast vergessenes Autogesicht: Das des seit 1974 gebauten VW-Golf I. Der arglose Autotourist aus Europa fühlt sich sogleich zurückversetzt in die 80er Jahre, als ein braun gebrannter Sascha Hehn als „Dr. Udo Brinkmann“ in der Erfolgs-TV-Serie Schwarzwaldklinik sein weißes Golf I Cabrio über die Schwarzwaldsträßchen steuerte.
Denn der seit 1978 am Kap vor Ort gebaute und bis zur Produktionseinstellung im Jahr 2010 über 700 000 Mal verkaufte „Golf Citi“ entspricht, mit Ausnahme einer Sicke in der C-Säule, äußerlich im Wesentlichen dem Golf I, lediglich Teile der Frontpartie sind dem Golf „II“ entliehen. Unter dem kantigen Blechkleid steckt zudem ein kurioser Technik-Mix verschiedenster Marken des VW-Konzerns. Zuletzt ist der ausschließlich als Rechtslenker produzierte „Citi“-Golf beispielsweise mit Armaturenbrettern aus der ersten Generation des Skoda Fabia und einem VW-Lupo-Lenkrad vom [foto id=“345069″ size=“small“ position=“right“]Band gelaufen. Der Hintergrund für VWs Modell-Verwirrspiel ist auch hier ein wirtschaftlicher: Der Basispreis für den Vierzylinder betrug etwas mehr als 6 000 Euro. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass der zuletzt mit einem Vierzylinder Ottomotor mit 1,3 Litern Hubraum und 54 kW/73 PS ausgelieferte „Billig-Golf“ sich am Kap rund dreieinhalb mal besser verkauft hat als der deutlich teurere Golf V. In Deutschland dagegen hätte er gar keine Chance gehabt, als Neufahrzeug zugelassen zu werden. Denn er erfüllt gerade einmal die Euro2-Schadstoff-Norm, die EU-weit seit 2001 durch strengere Vorgabe ersetzt worden ist. Erst kommt also auch hier das (Kilometer) Fressen, dann die Moral, um es frei nach Bert Brecht zu sagen.
Mit dieser Strategie befinden die Wolfsburger in guter Gesellschaft. Ähnliches Modell-Recycling hat beispielsweise auch Renault mit seinem robusten, leicht zu reparierenden Kastenkleinwagen R4 in vielen Entwicklungsländern betrieben. In Nigeria etwa ist der in Europa Ende der 70er Jahre aus dem Programm genommene Peugeot 504 sogar noch bis 2005 montiert worden. Bis heute prägt die hierzulande längst Oldtimerstatus genießende Limousine vor allem in der bis zu 8-sitzigen Version „Familiale“ und als Taxi das Straßenbild in vielen Teilen Afrikas. Dort sorgt er für unverhoffte Auto-Deja-Vus und solide Fortbewegung fürs Volk.
geschrieben von auto.de/(mah/mid) veröffentlicht am 21.02.2011 aktualisiert am 21.02.2011
Auf auto.de finden Sie täglich aktuelle Nachrichten rund ums Auto. All das gibt es auch als Newsletter - bequem per E-Mail direkt in Ihr Postfach. Sie können den täglichen Überblick zu den aktuellen Nachrichten kostenlos abonnieren und sind so immer sofort informiert.