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In Arbeitszeugnissen ist „Kontaktfreudigkeit“ eher die höfliche Umschreibung für nicht sehr produktive Mitarbeiter. Was im Büro tabu ist, ist im Automobilbau dagegen erwünscht. Schließlich soll der Strom besonders in Hybrid– und Elektrofahrzeugen zwischen den Elektro-Komponenten möglichst reibungslos fließen. Allerdings tut nicht jeder Metall-Werkstoff, der aufgrund seiner Eigenschaften als elektrischer Leiter in Frage käme, den Ingenieuren den Gefallen, problemlos elektrische Kontakte zu ermöglichen. Aluminium ist so ein Material, das sich theoretisch prima eignen würde, aufgrund einer Reihe von negativen Eigenschaften bisher jedoch nicht in Frage kam.
Das könnte sich jetzt ändern. Denn gemeinsam mit BMW haben Forscher der Technischen Universität (TU) München im Rahmen des Projekts „LEIKO“ ein viel versprechendes Kontaktierungskonzept auf Aluminiumbasis entwickelt. Rein wirtschaftlich betrachtet, so sagen die beteiligten Wissenschaftler, sei es „nicht nachvollziehbar“, warum in den Leitungen moderner Elektroautos und Hybridfahrzeuge bis heute ausschließlich auf Kupfer als Material für elektrische Leitungen gesetzt wird. Denn Aluminium ist aufgrund seines geringen spezifischen Gewichts viel leichter und vor allem wesentlich kostengünstiger als Kupfer. So kostet Alu derzeit rund 2 500 Dollar je Tonne, Kupfer mit knapp 10 000 Dollar pro Tonne dagegen fast das Vierfache.
Der Teufel steckt allerdings auch hier im Detail: Will man das in den Stromleitungen der Bord-Elektrik verbaute Kupfer durch Aluminium ersetzen, steht man schnell vor Schwierigkeiten. Denn Aluminium zeigt schon bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen eine deutliche Tendenz zum „Kriechen“. Damit gemeint ist in der Materialkunde das zeitabhängige Verformungsverhalten eines Materials bei unveränderter Belastung. Besonders problematisch ist das bei höheren Temperaturen, wie sie im Auto an vielen Stellen, nicht nur in der Nähe des (E-)Motors, sondern beispielsweise auch an den Akkus auftreten. Konventionelle Verbinder auf Alu-Basis sind daher nicht einsetzbar. Auch die gemischte Verwendung von aluminiumbasierten Elementen in den Kabeln selbst und kupferbasierter Elemente in der Verbindungszone ist mit Vorsicht zu genießen. Denn zwischen dem Kupferkontakt und dem Alu-Kabel besteht ein großes elektrochemisches Potenzial. Solche Kabel wären daher stark rostgefährdet und in der Praxis nicht zu verwenden.
Eine Patentlösung könnte der von den Münchner Forschern neu entwickelte Stahlblechkäfig sein: Er übernimmt die mechanische Stabilisierung des Steckers und sorgt für die langzeitstabile Abstützung der Kontaktkraftfeder. Über eine Lebensdauer von mindestens zehn Jahren soll er eine konstante Kontaktkraft gewährleistet. Möglich macht das eine spezielle, keilförmige Geometrie der Aluminiumkontakte, die eigens für die Anwendung im Automobil entwickelt worden sind. Das Kriechverhalten des Aluminiums führt in dieser Anordnung dazu, dass sich die beiden Kontakte über die Laufzeit zunehmend anschmiegen und sich die elektrische Verbindung sogar noch verbessert. Erste Ergebnisse jedenfalls sind vielversprechend: „Wir rechnen damit, dass bis 2020 die Hochvoltbordnetze der meisten Elektrofahrzeuge auf Aluminium basieren. Auch in die Niedervoltbordnetze wird Aluminium Einzug halten, da der Kupferpreis mit zunehmender Nachfrage signifikant weiter steigen wird“, ist Professor Udo Lindemann vom Lehrstuhl für Produktentwicklung der TU München überzeugt. Dass das nicht am Konstruktionstisch, sondern auch in der Praxis funktioniert, haben Nachwuchsforscher der TU bereits anhand eines Elektro-Go-Karts gezeigt, dessen gesamtes Hochvoltbordnetz komplett aus Aluminium besteht.
geschrieben von auto.de/(mah/mid) veröffentlicht am 08.02.2011 aktualisiert am 08.02.2011
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