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Abgang Donckerwolke
Kaum eine Woche, nachdem ihm auf dem Concorso d’Eleganza in Villa d’Este der Preis für das beste Concept Car verliehen wurde, hat Stardesigner Luc Donckerwolke Bentley und den VW-Konzern verlassen. Seit September 2012 hatte der Belgier die Designabteilung der britischen Luxusmarke geleitet – und in zweieinhalb Jahren nicht nur das kommende SUV Bentayga und die danach anstehende, dritte Generation des Continental GT entworfen, sondern auch den in Villa d’Este prämierten, geradezu sensationellen Sportwagen EXP10 Speed 6 auf die Spur gebracht.
Als Donckerwolke seine Stelle im britischen Crewe antrat, herrschte Handlungsbedarf: Der in zweiter Generation vorgestellte Continental GT wirkte eher wie ein Facelift, und die protzig gezeichnete SUV-Studie EXP9F war beim Genfer Salon im Frühjahr 2012 nicht nur beim Publikum, sondern auch in den oberen Rängen des Konzerns krachend durchgefallen.
Donckerwolke sorgte für frischen Wind. Doch während Bentayga und der dritte Continental GT praktisch unverändert in Serie gehen dürften, ist die Zukunft des EXP10 Speed 6 noch unklar. Wenn es kommt, dürfte das Fahrzeug auf dem Modularen Standard-Baukasten basieren, der momentan von Porsche entwickelt wird; Markenchef Wolfgang Dürheimer favorisiert Sechs- oder Acht-Zylinder-Motoren.
Donckerwolke gilt in der Branche als kreativer und unabhängiger Designer; während seiner 23-jährigen Karriere im Volkswagen-Konzern hat er echte Meilensteine kreiert. Nach seinem Studium am früheren Art Center College im schweizerischen Vevey begann er seine Karriere bei Peugeot, wechselte aber rasch zu Skoda, Audi und schließlich zu Lamborghini, wo er erstmals die Position des Chefdesigners übernahm.
Der Belgier war maßgeblich beteiligt an der puristischen ersten Generation von Skoda Fabia and Octavia – und arbeitete an der Studie Audi Al2 und am ultra-effizienten A2. Bei Lamborghini verantwortete er das Design des Gallardo, der ikonische Murciélago ist sogar sein eigener Entwurf. 2005 verließ Donckerwolke die Traumposition in Sant’Agata Bolognese, um als Chefdesigner bei Seat eine der schwierigsten Stellen zu übernehmen, die es überhaupt in der Industrie gibt. Dennoch ist es ihm gelungen, den Spaniern eine eigenständige Formensprache zu verpassen – bis der konzerneigenen Wettbewerbsmarke Skoda einige Elemente so gut gefielen, dass sie kurzerhand übernommen wurden. 2011 avancierte Donckerwolke für ein Jahr zum Leiter des markenübergreifenden Advanced Design, bevor er schließlich ein Jahr später zu Bentley wechselte.
Privat ist Donckerwolke begeisterter Autosammler und Pilot bei historischen Rallyes; in seiner Garage stehen unter anderem ein Lamborghini Miura, verschiedene Porsche-Modelle, ein BMW 3,0 CSi und ein Fiat 850 Coupé. In seiner Freizeit zeichnet der in Peru geborene Kosmopolit Michel-Vaillant-Comics – ein Thema, das ihn seit seiner Kindheit beschäftigt.
Bei der Automesse in New York im April 2015 sorgte Donckerwolke für Schlagzeilen, indem er die Studie Continental Concept der Ford-Tochter Lincoln als dreistes Plagiat des Bentley Flying Spur identifizierte. „Soll ich die Produktionswerkzeuge schicken?“ fragte er Lincoln-Chefdesigner David Woodhouse via Facebook sarkastisch. Und präzisierte uns gegenüber: „Dieses Verhalten ist nicht akzeptabel. Eine derartige Kopie zu bauen ist rufschädigend für die ganze Branche.“ Seine ungewöhnlich harschen Bemerkungen haben Donckerwolke im VW-Konzern nicht geschadet.
Auch nach Donckerwolkes Abgang bleibt Bentley in guten Händen: Für das Markendesign ist nunmehr Stefan Sielaff verantwortlich. Der langjährige Audi-Designer mit einem Faible für elegante Kleidung hatte zuletzt die Interieur-Designstrategie für den VW-Konzern verantwortet und das Designstudio in Potsdam geleitet. Mit dem Umzug nach Crewe gibt er seine Position in Potsdam auf, bleibt aber für das Interieur-Design verantwortlich.
In seiner Funktion als Bentley-Chefdesigner wird Sielaff an Technikvorstand Rolf Frech berichten; Markenchef Wolfgang Dürheimer ist jedoch ebenfalls bekannt für sein großes Interesse an allen Designaspekten seiner Fahrzeuge. Zu den Herausforderungen für Bentley gehört der kommende Mulsanne.
Offen bleibt einstweilen, wo Donckerwolke seinen nächsten Auftritt haben wird. Während Konzern-Designchef Walter de Silva ihm explizit für seine langjährige Arbeit dankt, läuft die Gerüchteküche auf Hochtouren. Eine führende Position bei einem asiatischen Autohersteller gilt als ebenso möglich wie der Wechsel zu einem kalifornischen Technologiekonzern.
Unterdessen laufen sich im VW-Konzern die potentiellen Nachfolger für Walter de Silva warm. Dabei ist noch nicht einmal ausgemacht, dass der Italiener überhaupt einen direkten Nachfolger bekommt, wenn die Ära Winterkorn/de Silva eines Tages endet.
geschrieben von AMP.net/jri veröffentlicht am 08.06.2015 aktualisiert am 08.06.2015
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