Politik

Berliner Nachhilfe für den Autohandel

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Die Bundesregierung zeigt sich, wenn es um die Elektromobilität geht, außerordentlich großzügig – wenigstens mit vollmundigen Ankündigungen. Eine Million Elektrofahrzeuge, so die ebenso ehrgeizigen wie realitätsfernen Berliner Pläne, sollen im Jahr 2020 auf deutschen Straßen rollen, doch bei einer möglichen Anschubfinanzierung über steuerliche Abschreibungen für Unternehmen und/oder direkte Zahlungen an Privatkunden oder beim Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur verfällt Berlin in langes Schweigen.

Nur 33.878 E-Mobile

Kein Wunder, denn knapp fünf Jahre vor der Zielmarke stehen in Deutschland gerade 33.878 E-Mobile (Stand September 2015) in den Garagen. Bleibt eine Differenz von rund 970.000 Autos, was sich wiederum in einen jährlichen Absatz von 242.500 Elektromodellen übersetzt, um die Zielmarke bis 2020 zu erreichen.
Doch, sage niemand, die Bundesregierung würde sich nicht um die Verbreitung elektrisch angetriebener Automobile kümmern und sich allein auf vollmundige Ankündigungen auf Industrie-Gipfeltreffen beschränken. Nein, die von der Bundesregierung ins Leben gerufene Initiative „Schaufenster Elektromobilität“ hat eine neue Zielgruppe ausgemacht und veröffentlicht den „Praktischen Leitfaden für Autohändler zum Vertrieb von Elektrofahrzeugen“. Zwar verkündet Wilhelm Hülsdonk, Bundesinnungsmeister des Kfz-Handwerks und Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Kfz-Gewerbe, in seinem Grußwort, dass „das Kfz-Gewerbe fit ist für die E-Mobilität“, doch offensichtlich reicht dies den Verantwortlichen im Schaufenster Elektromobilität nicht. Immerhin, so Hülsdonk, „haben inzwischen etwa 240 geschulte Trainer der beruflichen Bildungszentren des Handwerks rund 7.200 Mitarbeiter aus Kfz-Werkstätten dazu qualifiziert, auch an Hochvoltfahrzeugen zu arbeiten“.

Schaufenster Elektromobilität

Auch das Statement von Ulrich Eichhorn, Geschäftsführer des Verbands der Automobilindustrie (VDA), die Elektromobilität sei „im Jahr 2015 definitiv markttauglich geworden“ und das „dank des großen Engagements der deutschen Hersteller“, spricht ebenfalls nicht dagegen, den Handel mit dem Leitfaden unter die Arme zu greifen. Dass die Hersteller Millionen in entsprechende Schulungsprogramme investieren, scheint ebenso am „Schaufenster“ vorbeigegangen zu sein.

Wobei schon der erste Satz des Leitfadens überrascht. Denn was bisher noch niemand bemerkt hat, die Schaufenster-Autoren haben es gesehen: „Die Elektromobilität nimmt Fahrt auf – besonders in Deutschland, das dabei ist, Leitanbieter in diesem Feld zu werden“, denn „derzeit bieten die deutschen Automobilhersteller fast 20 verschiedene Elektrofahrzeugmodelle an“. Und wie soll sich der Handel angesichts der „Herausforderung Elektromobilität“ verhalten? Zunächst soll er die „neue Technologie als Chance begreifen.“ Denn: „Angestammte Geschäftsfelder im Werkstattbereich wie der Motorölwechsel oder bestimmte Wartungskontrollen werden wegfallen und müssen durch neue Angebote kompensiert werden.“

Und wie sollen die Händler E-Mobile an den Mann oder Frau bringen? Auch hier erweist sich der Leitfaden als Lotse zum „elektromobilen Autohaus der Zukunft“. Privatkunden, so das „Schaufenster“ lassen sich danach „vor allem im liberal-intellektuellen Milieu sowie an der Schnittstelle zum sozial-ökologischen Milieu finden“. Alles klar? Für den Autohandel empfiehlt sich danach ein Soziologie-Schnellstudium, um die potenziellen Abnehmer zu finden und anzusprechen. Einfacher ist es da schon bei den gewerblichen Kunden, die über die E-Mobilität ihr „Image aufbessern, wenn sie einen Beitrag zum Umweltschutz leisten“.

Freilich erkennt der Leitfaden am Ende ein schwer zu lösendes Problem. Ohne die Bereitschaft der Kundschaft, ein E-Mobil zu kaufen, läuft nichts: „Entscheidend aber ist, was der Kunde will. Können dem Kunden keine passenden Elektromobilitäts-Lösungen angeboten werden, besteht die Gefahr, dass man diesen Kunden ganz verliert.“

Das Schaufenster Elektromobilität gehört zu den Maßnahmen der Bundesregierung im Rahmen des 2011 beschlossenen Regierungsprogramms Elektromobilität. Mit dem Programm sollen die deutschen Kompetenzen in den Bereichen Elektrofahrzeug, Energieversorgung und Verkehrssystem in verschiedenen Demonstrations- und Pilotvorhaben gebündelt und sichtbar gemacht werden. Dabei arbeiten öffentliche Hand, Industrie und Wissenschaft zusammen.

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