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Die Landsberger Straße in München ist ein Unfallschwerpunkt: Im Schnitt kracht es auf der Straße im Westen jeden Tag mindestens einmal – und jeden zweiten Tag verletzt sich dabei ein Mensch. So gefährlich ist es nirgendwo im Verkehr der bayerischen Landeshauptstadt. Dennoch sieht die dortige Polizei kaum Anlass, mit mobilen Blitzern eventuelle Raserei einzudämmen. Unter den zehn Straßen mit den meisten mobilen Radarkontrollen findet sich die Landsberger Straße nicht.
„Das ist völlig unverständlich“, sagt Michael Haberland. Der Erste Vorsitzende des kleinen Automobilklubs „Mobil in Deutschland“ hat gerade ausgewertet, wie oft zwischen Mitte April und Mai in München und Berlin wo mobil geblitzt wurde. Dazu hat der Verein die Radiodurchsagen lokaler Sender ausgewertet. Sein Fazit: „Oft wird auf breiten, gut ausgebauten, mindestens zweispurigen Straßen geblitzt.“ Oder anders umschrieben – geblitzt wird dort, wo die Kasse stimmt. Wo Schulbusse halten, Kindergärten sind oder Familien wohnen ist der Raser dagegen vor den Radarpistolen der Polizei vergleichsweise sicherer.
„Ähnliches gilt für Hamburg, Köln, Stuttgart, Frankfurt, Dresden, Dortmund und den Rest der Republik“, ist sich Haberland sicher. Gemessen hat Mobil in Deutschland dort zwar nicht. Die Blitz-Praxis sei aber nach den Erkenntnissen aus Umfragen des Klubs dort ziemlich ähnlich wie in München und Berlin.
Ein Feind von Radarkontrollen ist Mobil in Deutschland allerdings nicht. Das betont Haberland. „Kontrolle ist sinnvoll; schließlich sinken ja seit Jahren die Unfallzahlen.“ Aber wenn Blitzer weniger der Sicherheit als der kommunalen Einnahme dienen, dann sei das faktisch „eine Sondersteuer für Autofahrer“.
Und die ist in Berlin besonders hoch. In der notorisch finanzschwachen Stadt wird nämlich fast ausschließlich dort geblitzt, wo es Geld bringt. Einzig die Sonnenallee sei sowohl ein Blitz- wie auch ein Unfallschwerpunkt. Fast jeden zweiten Tag wird dort die Radarüberwachung aufgestellt – und 255mal im Jahr gibt es dort auch einen Unfall. Sonst gibt es nicht eine Überschneidung zwischen den Top-Ten der Unfallschwerpunkte und den Top-Ten der Radarfallen. Berlin wolle mit seinen mobilen Blitzern „seine Bürger vor allem abkassieren“, so Haberland.
In München sei dagegen die Tendenz immerhin etwas positiver – was Haberland auch darauf zurückführt, dass er dort seine Studie bereits zum sechsten Mal durchgeführt hat. In Berlin war es die Premiere. „Am Anfang war in München die Diskrepanz ähnlich hoch.“ Aber seine dauernden Mahnungen hätten wohl etwas gebracht. Das widerlege auch das Argument der Verkehrsüberwacher, erst die Dauerblitz-Einlagen würden die Fahrer zur Vernunft bringen. Zuweilen werde vielmehr die Geschwindigkeit auf den breiten Ausfallstraßen gesenkt, um die Einnahmen zu steigern, befürchten Vereinsmitglieder.
Besonders skeptisch sehen die Blitzer-Kontrolleure deshalb auch einen neuen Trend der Radar-Überwachung: Es gebe einen „Boom für stationäre Blitzanlagen“. Darunter seien auch sogenannte „Superblitzer“, die mit Infrarot- und Lasertechnologie mehrere Fahrspuren, Autos und Geschwindigkeit sowie Ampel-Schaltungen gleichzeitig überwachen können. Und die Bezeichnung „Blitzer“ passt eigentlich gar nicht mehr. Denn der Fahrer merkt gar nicht, wenn er in die Falle tappt.
Mobile Blitzerei sei zwar „nicht völlig sinnfrei“, so die Autoren der Studie. Aber Haberland sagt zur massiven Aufrüstung von stationären Kontrollen: „Hier geht es in erster Linie um wirtschaftliche Interessen.“ Darum werden etwa gerade bei den modernsten Tunneln mit den höchsten Sicherheitsstandards zugleich Radarkontrollen fest eingebaut.
Was die Untersuchung des Vereins belegt, vermuten viele Autofahrer übrigens schon lange. Nach einer nichtrepräsentativen Befragung, die der Verein im vergangenen Jahr durchgeführt hat, glauben 92 Prozent der Teilnehmer, dass es bei den Kontrollen nicht um Sicherheit gehe. Und 85 Prozent wollen sogar, dass Blitzer, die einen wirtschaftlichen Zweck verfolgen, schlicht verboten werden.
Daraus wird wohl nichts, vermutet Haberland. Schließlich sei der konkrete Nachweis so einfach ja nicht. Insbesondere, nachdem die Münchner Polizei anders als deren Kollegen in Berlin aktuelle Unfallschwerpunkte nicht an den Verein weitergeben wollte. Dennoch fordert Haberland Bundesverkehrsminister Ramsauer auf, die Kontrollpraxis „endlich auf klare gesetzliche Grundlagen“ zu stellen.
Bei der nächsten Untersuchung will sein Verein noch weitere Städte ins Visier nehmen. Bis dahin gibt Haberland allen Autofahrern schon einmal zwei Ratschläge für die nächste Tour mit: „Fahren sie dem Tempolimit angepasst. Aber petzen sie jeden Radarkasten den Radiosendern.“
Der Blitzatlas 2012 zum Download unter www.mobil.org
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 26.07.2012 aktualisiert am 26.07.2012
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