BMW 3er: Sprachgenie

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Millionen Autofahrer weltweit verlangen nach SUV in allen Größen. Wie sinnvoll ist es da noch, ein klassische viertürige Limousine in die siebte Generation zu schicken? Sehr sinnvoll, sagt BMW, und hat die 3er-Reihe runderneuert, vor allem digital. Jetzt kann man mit dem Wagen wie mit einem persönlichen Assistenten reden.

Höflich, aber erkennbar emotionslos

„Hal“, der sprechende Zentralcomputer im Science-Fiction-Klassiker „2001 – Odyssee im Weltraum“ war zunächst das Hirngespinst eines Drehbuchautors, später das Schreckgespenst einer Astronautencrew. 50 Jahre nach dem Leinwand-Epos sprechen Autofahrer in der Realität mit ihren 3er-BMW als wäre es eine Selbstverständlichkeit. Personal Assistent nennt sich die Funktion, in voller Ausbaustufe ein Extra für etwa 2600 Euro. Anders als Sprachbefehle für das Navigationssystem umzusetzen, was schon lange Normalität ist, kann das System Mitteilungen wie „mir ist kalt“ in seiner Bedeutung erfassen und die Klimaanlage des Autos entsprechend hochregeln oder die Sitzheizung aktivieren.

Eine weibliche, warme und weiche Stimme reagiert mit ausgesuchter Höflichkeit, aber auch erkennbar emotionslos auf die Wünsche des Menschen hinterm Lenkrad. Überforderung ändert nichts an ihrer Freundlichkeit. Bedienung über Tasten oder Gestensteuerung sind deshalb aber keineswegs obsolet, erforderlichenfalls kann der Pfeil für die gewünschte Fahrtrichtung gleichzeitig dreifach angezeigt werden: Im Head-up-Display, zwischen den zangenartigen Skalen von Tacho und gegenläufigem Drehzahlmesser sowie auf dem Hauptmonitor über der Mittelkonsole.

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Der Stammvater aller Sportlimousinen

Bei einer derartigen Informationsfülle scheint die Frage nach der Bedeutung des reinen Fahrens berechtigt. Freude soll es machen, einen BMW zu lenken, besonders bei einem 3er, den Projektleiter Thomas Bäumer als „Herz und Seele“ der Marke bezeichnet. Jede der sechs voran gegangenen Generationen ist im Schnitt auf mehr als 2,5 Millionen Autos gekommen; der Dreier ist weltweit das erfolgreichste Produkt der Bayerischen Motorenwerke. Der Basisviertürer, der künftig als 318d mit 150 PS bei 37 850 Euro beginnt, hat in der Vergangenheit eine enorme Spreizung und Modellvielfalt entsprechend der Präferenzen verschiedener Märkte hervorgebracht. Während zum Beispiel in Deutschland das Touring genannte Kombimodell mit einem Zweidrittel-Anteil den Vorzug genießt, fahren chinesische Kunden auf einen Dreier mit verlängertem Radstand ab, der exklusiv im Reich der Mitte gebaut wird.

Beeindruckende Längs- und Querdynamik versprechen die M-Versionen, ein Allradantrieb („xDrive“) ist seit 1985 für die Baureihe verfügbar. Seit sich die zweitürigen Varianten als 4er-Serie verselbständigten, muss die viertürige Ausgabe allein den ihr von den Entwicklern zugeschriebenen Status des Stammvaters aller Sportlimousinen bewahren. Mit dem M340i x-Drive, der mit 374 PS und Sechszylinder antritt, dürfte das kein Problem sein. Schon in der Vergangenheit wurde den vergleichbaren Modellen ein enormes Temperament, hohe Rückmeldungsbereitschaft in der Lenkung, präzises Handling und fein dosierbare Verzögerungskraft bescheinigt. Es wäre eine große Überraschung, wenn die Urteile der Tester diesmal anders ausfielen.

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Zahlreiche Assistenzsysteme

Schließlich packt der Drei-Liter-Motor mit maximal 500 Newtonmetern Drehmoment zu und ein speziell entwickeltes, hubabhängiges Dämpfersystem soll den Ansprüchen von sportlichen Fahrern noch besser gerecht werden. Das Innenleben der Dämpferhülsen in an Vorder- und Hinterachse mit unterschiedlichem Aufbau versehen und reagiert deshalb angepasst auf Zug- und Druckanforderungen. Lenkbarkeit auf der einen, maximale Traktion auf der anderen Seite sollen der Nutzen dieser Konstruktion sein, die mit einer verbreiterten Spur (vorn 43 Millimeter, hinten 21 Millimeter) einhergeht. Gleichzeitig sollen ein M-Sportfahrwerk und die variable Sportlenkung helfen, den Insassen ein agiles Fahrverhalten zu vermitteln.

„Helfen“ steht auch für die zahlreichen Assistenten im Vordergrund, von denen der Personal Assistent nur einer ist. Wem daran liegt, zu seinem 3er-BMW eine persönliche Beziehung aufzubauen, der kann dem elektronischen Wesen auch einen eigenen Namen zuordnen, auf den es fortan reagieren wird. Die phonetische Wiedergabe von Antworten ist vorerst auf eine weibliche Stimme beschränkt, wenngleich die Erweiterung analog zu den Wahlmöglichkeiten bei den Ausgabesprachen des Navigationssystems nur eine Frage der Zeit zu sein scheint.

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Viel Innovation, aber auch Vertrautes

Wer Hilfe beim Ein- oder Ausparken in Anspruch nehmen möchte, ist beim künftigen Dreier – der ab März auf die deutschen Straßen kommt – genau richtig. Das Auto „merkt“ sich die letzten 50 Metern eines Einparkvorganges und kann ihn ohne manuelle Einflussnahme selbstständig im Rückwärtsgang nachvollziehen. Nach dem Vorwärtsausparken aus winkligen Lücken kann die Automatik ebenfalls helfen, wenn nämlich die Lücke aus irgendeinem Grund nochmals rückwärts angesteuert werden muss.

Trotz aller neuen Lösungen gibt es natürlich auch Vertrautes, so etwa eine umfängliche Optionsliste, mit deren Hilfe sich der Wagen zu einer luxuriösen High-Tech-Kalesche hochrüsten und extrem verteuern lässt. Laserlicht, das auch in mehr als 500 Metern vor der Bugschürze eine Ausleuchtung der Fahrbahn gewährleisten kann, gehört dazu oder ein Engstellen-Assistent, der dem Überholen von Lastwagen auf schmalen Fahrbahnen den Schrecken nehmen soll. Dessen Wert wird allerdings von der Vorschrift konterkariert, dass Fahrzeuge von mehr als zwei Metern Breite in den Baustellen deutscher Autobahnen auf der rechten Seite zu bleiben haben. Zwischen den Enden seiner Spiegelgehäuse liegen beim 3er 2068 Millimeter, 16 Millimeter mehr als beim Vorgänger.

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Auch der persönliche Assistent hat seine Grenzen

Offiziell präsentiert wurde der M 340 i x-Drive auf der Los Angeles Auto Show, derzeit jagen Fachjournalisten camouflierte Vorserien-Fahrzeuge über eine Rennstrecke im südlichen Portugal. Die ebenfalls für das Jahr 2019 avisierte Plug-in-Version des 3ers wird dank „Xtra-Boost“ in sechs Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h sprinten und bis zu 60 emissionsfreie Kilometer ermöglichen. Rein elektrisch ist ein Tempo von bis zu 140 km/h möglich.

„Ist der Ölstand in Ordnung?“ gehört zu den Fragen, die der persönliche Assistent unterwegs verzögerungsfrei, präzise und zutreffend beantworten kann. Dass er auch selbstständig für das Nachfüllen des Schmierstoffs sorgt, übersteigt noch seine Fähigkeiten. Ein Schicksal, wie es Bordcomputer Hal den Insassen des Raumschiffs bescherte, müssen BMW-Fahrer also nicht fürchten.

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