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`Wir Menschen besitzen Autos nicht – wir sind Autos`– dieses Zitat aus dem Pixarfilm Cars verwendet der Architekt und Professor für Design Paolo Tumminelli als Leitmotiv von Car Design Europe. In dem ersten Band einer mehrteiligen Serie zum Automobildesign stellt Tumminelli die Geschichte des Automobildesigns als Teil der europäischen Kulturgeschichte dar.
[foto id=“383882″ size=“small“ position=“left“] Der Wandel des Automobils vom Verkehrsmittel zum Designobjekt beschreibt Tumminelli in gleich drei Sprachen auf Deutsch, Englisch und Französisch. Zeitlich umfasst dieser Band die Entwicklung des Autos vom simpel gestalteten Volksauto ab 1935 über Jetset- und Retrostil bis zu Bling!-Design und ästhetischen Downsizing-Trends der Gegenwart. Dabei verbindet der Autor die Entwicklung des Automobildesigns mit der Kulturgeschichte Europas auf geschickte Weise und legt so seinen Fokus auf durchschnittliche Fahrzeuge und nicht allein gestalterische Höhepunkte und Sondermodelle. In insgesamt zwölf Kapiteln mit ungewöhnlicher Betitelung wie Machomobile und Retrophila stellt Tuminelli neutral und teilweise auch wertend verschiedene Designfortschritte und technologische Entwicklungen vor allen anhand von Massenmodellen dar.
Es gelingt ihm, kulturelle Einflüsse berühmter Filme und gesellschaftlicher Entwicklungen als veränderte Anforderungen an den Automobilbaus darzustellen, sodass das Automobil in seiner Bedeutung als individuelles Transportmittel deutlich aufgewertet wird. So werden die Opelmodelle Kadett und Diplomat als Ausdruck des Wirtschaftswunderstolzes interpretiert, die in ihrer Formgebung klare Anlehnungen an damals zeitgenössisches amerikanisches Fahrzeugdesign aufweisen, der Renault R4 als Minikombi als Ausdruck der Jugendrevolution und damit kulturellen Einschnitt des Aufbrechens traditioneller Familienstrukturen mit Fokus auf das Individuum beschrieben.
[foto id=“383881″ size=“small“ position=“right“] Dabei beschränkt sich der Autor nicht allein auf europäische Marken und Designphasen wie Entwicklung des Sportkombi, Fliessheck oder Keilschnittfront, sondern betont auch die Rolle einzelner Designer und Unternehmer wie Marcello Gandini oder Ferdinand Porsche. Hervorzuheben ist die Vielzahl klein- und großformatiger Fotografien auf festem Papier, welche die europäische Automobilgeschichte hervorragend illustrieren. Auch hier zeigt sich wieder die Verbindung mit gesamtkulturellen Strömungen, wie die Mischung von Alltagsfotografien mit Werbebildern der Autoherstellern zeigt. So zeugen Bilder der Urlaubsfamilie an der italienischen Küste mit dem beginnenden Reisefieber und der Reisefreiheit ab den sechziger Jahren oder der Mercedes-Benz SLS AMG Desert Gold vor der protzigen Kulisse des Hochglanz-Dubai vom hedonistischen Wunsch nach Blingbling und Luxus.
Insgesamt ein sehr gelungener Designband mit einem ausgewogenen Verhältnis von interessant aufbereitetem Inhalt aus Design- und Kulturgeschichte und passend ausgewählten ausdrucksstarken Fotografien. Lediglich die Dreisprachigkeit erweist sich beim Lesen etwas hinderlich.
Car Design Europe von Paolo Tumminelli erscheint am 14. Oktober 2011 im Verlag teNeues, 392 Seiten, Preis: 49,90 Euro.
geschrieben von Kira Fröhlich veröffentlicht am 12.10.2011 aktualisiert am 12.10.2011
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