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Das erste Nummernschild in Deutschland wurde 1899 an einem Wartburg angebracht, und auch die erste offizielle Führerscheinprüfung erfolgte mit einem Wagen der Marke. Dies sind nur zwei von zahlreichen Kapiteln in der turbulenten Geschichte der Eisenacher Automobilfabrik, die das Buch „DDR-Legende Wartburg“ nachzeichnet. Der Untertitel „Protoytpen und Projekte, Planwirtschaft und Export“ verspricht viel. Dass der Anspruch gehalten wird, dafür sorgt ein Autor mit Insiderwissen. Horst Ihling weiß als jahrzehntelanger Mitarbeiter des Unternehmens viele Details aus berufenem Munde zu berichten.
Die Wartburg-Historie ist so wechselvoll wie wohl kaum eine andere im Automobilbereich. Das gilt insbesondere für die ersten Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, wo in Eisenach Fahrzeuge der Marke BMW vom Band liefen und sogar weiterentwickelt wurden, während am Firmensitz in München noch gar keine Autos produziert wurden. Das führte nicht nur zu einem Namensstreit, sondern auch zum Beispiel dazu, dass Reklamationen aus den Exportländern nicht in Eisenach, sondern in Bayern landeten. Ein weiteres Kuriosum deutsch-deutscher Auto-Nachkriegsgeschichte ist die zeitweilig parallele Produktion der fast identischen Fahrzeugtypen IFA F 9 im Osten und DKW F 89 im Westen.
Nach einem Vergleich zwischen beiden Unternehmen wurde aus BMW schließlich in Ostdeutschland EMW, das Blau im Markenemblem wurde durch die Landesfarbe von Thüringen (Rot) ersetzt. Die Ähnlichkeit – und damit die Verwechslungsgefahr – blieb aber, so dass der zunächst noch als EMW entwickelte Typ 311 im Jahr 1956 als Wartburg auf den Markt kam. Damals war der Zweitakter technisch noch einigermaßen auf der Höhe der Zeit. Über 1000 Stück wurden sogar in die USA exportiert. Es dauerte jedoch nicht lange und das Modell war mit seinem problematischen Abgasverhalten immer weniger als Devisenbringer für den Export geeignet.
Autor Horst Ihling, Diplom-Ingenieur und jahrelang auch Pressesprecher von Wartburg, klagt offen über die vielen darauf folgenden Fehlentscheidungen. Statt einen eigenen Viertakt-Vierzylinder-Boxer zu Ende zu entwickeln, suchte die Planwirtschaft das Heil im Wankelmotor. Viel Geld wurde in das kostspielige (Lizenz)Projekt gesteckt, das schließlich in der Sackgasse endete. Viertakter von oben gestoppt, Wankel gefloppt – da blieb am Ende nur wieder der Zweitakt-Motor. Die Idee, den Dreizylinder-Zweitakter dann eben zum Dreizylinder-Viertakter umzubauen, wurde jedoch ab 1984 nicht weiterverfolgt, nachdem ein – wieder teures – Geschäft mit Volkswagen über die Lieferung von Motoren eingefädelt worden war. Vier Jahre dauerte es danach noch, ehe der erste Wartburg 1.3 dank Golf-Motor endlich ohne Zweitaktfahne fuhr. Doch nur anderthalb Jahre später war damit auch schon wieder Schluss, denn im April 1991 kam nach der Wiedervereinigung das endgültige Aus für das Traditionsunternehmen. Da half auch ein von Opel-Tuner Irmscher aufgepeppter Wartburg „New Line“ nichts mehr.
Neben den detaillierten Informationen aus erster Hand besticht das Buch durch seine Fülle von Fotos. Es sind weit über 400. Breiten Raum nehmen dabei auch die vielen Prototypen wie etwa das Coupé 355 ein, das formal ein wenig den ersten VW Passat vorwegnahm. Weitere seltene Bilder zeigen beispielsweise einen gemeinsam mit Škoda geplanten Einheitstyp, einen Kombi mit Schiebetür und den Graciela, ein in Argentinien mit Hilfe von Wartburg-Teilen gebautes Auto.
„DDR-Legende Wartburg“ von Horst Ihling ist im Delius-Klasing-Verlag erschienen, hat 168 Seiten mit 122 farbigen und 387 schwarz-weißen Abbildungen. Das Buch kostet 29,90 Euro.
geschrieben von auto.de/(ampnet/jri) veröffentlicht am 08.10.2010 aktualisiert am 08.10.2010
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