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CMT 2018
In Stuttgart klingen die Glocken süß. Die Caravaning-Branche hat das beste Jahr ihrer Geschichte hingelegt und die gerade eröffnete CMT (Caravaning, Motor und Touristik), die traditionsgemäß erste bedeutende Ausstellung dieser Ausprägung im Jahr, begeht obendrein noch bis zum 21. Januar ihren 50. Geburtstag. Grund zum Feiern allenthalben, kein Hersteller ohne Erfolgsmeldungen, zweistellig sind die Zuwächse der vergangenen zwölf Monate nahezu ausnahmslos. Gut 40 500 Reisemobile und mehr als 20 000 Wohnwagen haben 2017 einen Käufer gefunden, 15 Prozent mehr als ein Jahr zuvor sind das.
Wer nun glaubt, die Unternehmen würden die Erträge in Investitionen für Innovationen anlegen, liegt weit daneben. Vor allem in die Produktion haben sie die Gelder gepumpt, man will die Lieferzeiten verkürzen, damit interessierte Kunden nicht zum Konkurrenten wechseln. Die eigentlichen Innovationen – abgesehen von Fortschritten beim Leichtbau – steuern die Zulieferer bei, die auf neue Werkstoffe, komfortablere Technik und Digitalisierung setzen. Die Lieferschwierigkeiten nahezu aller Reisemobilbauer rühren nicht zuletzt von Engpässen bei den Systemlieferanten wie Dometic, Truma oder dem Fensterfabrikanten Seitz her, besonders bei Letzterem kam es in der vergangenen Saison zu erheblicher Verknappung, was die Produktion vieler Marken beeinträchtigte.
Das Buhlen um den Kunden hat unterdessen nicht an Intensität und Hingabe verloren. Knaus bietet ein besonders gut ausgestattetes teilintegriertes Modell mit einem Preisvorteil von unglaublichen 17 000 Euro an. Was müssen die Jandelsbrunner bisher an der zumindest für den Kunden teuren Extra-Ausstattung verdient haben? Carthago legt eine neue Baureihe eines integrierten Mobils mit dem Namen Liner-for-two auf, das auf bis zu 8,5 Meter Länge konsequent für zwei Camper und die Zielgruppe 60 plus ausgelegt ist und um 150 000 Euro kostet. Das Raumangebot ist höchst beeindruckend, vorläufig gibt es aber nur zwei zugelassene Sitzplätze an Bord, Oma und Opa dürfen die Enkel vorerst nicht mitnehmen. Carthago will das Angebot schnell ausweiten.
Zuwachs erfahren vor allem die Kastenwagen, die sich zu den beliebtesten Freizeitfahrzeugen gemausert haben. Sie machen gut ein Drittel der Neuzulassungen aus, wobei die Statistik ausgebaute Transporter wie den VW California häufig gar nicht als Reisemobil erfasst, weil viele von ihnen als Pkw zugelassen werden. Auf Rang zwei folgen die kaum weniger beliebten teilintegrierten Mobile, dahinter rangieren vollintegrierte Fahrzeuge. Abgeschlagen sind die einst den Markt dominierenden Alkoven-Modelle, die wegen ihrer charakteristischen Form mit dem Schlafgemach über dem Fahrerhaus gerne als „Nasenbären“ bezeichnet wurden. Ganze sechs Prozent Anteil können sie heute noch beanspruchen, nur im Vermietgeschäft werden sie noch nennenswert nachgefragt, wo große Familien, Biker-Gruppen mit und ohne Motor oder Wanderfreunde eine preisgünstige mobile Bleibe für den Urlaub suchen.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Michael Kirchberger
So findet das Transporter-Trio von Toyota, Peugeot und Citroen zunehmend Verwendung, auch der NV300 von Nissan ist hier und dort als ausgebauter Kastenwagen zu entdecken. Westfalia hat ihn ins Programm aufgenommen, will ihn aber auch nicht für weniger als 57 000 Euro anbieten. Da ist der Preissprung zum Original aus Hannover, dem T6, nicht mehr weit. Für ihn haben die Westfalen einen besonderen Grundriss entwickelt. Links im Heck findet sich eine festeingebaute Kassettentoilette. Wer also hinter einem VW-Camper herfährt, hinter dessen Heckscheibe ein Passagier mit besonders verkniffenem Gesichtsausdruck zu erkennen ist, kann sicher sein, dass dort ein Mitfahrer gerade widerrechtlich – weil während der Fahrt – die Toilette benutzt.
Neben der Flut von Kastenwagen ist auf der CMT der Aufschwung einer Fahrzeugklasse zu entdecken, die bislang eher ein Schattendasein fristen musste: Pick-ups mit Wohnkabinen sind im Vormarsch. Der Grund ist die zunehmende Zahl der Basisfahrzeuge. Mitsubishi, Nissan, Ford, Toyota und Isuzu gelten als Ahnen der Gattung, VW hat mit dem Amarok vor wenigen Jahren den Weg weiter bereitet und nach dem Start der X-Klasse von Mercedes-Benz wird dieser Wohnmobilfamilie immer mehr Interesse zuteil. Der Weltmarkt für Pick-ups soll bis 2020 auf zwei Millionen Fahrzeuge steigen, bei uns hat er sich in den vergangenen zehn Jahren nach müden 10 000 Einheiten bis heute verdoppelt. Das bringt die Stuttgarter dazu, auf dem eigenen Stand die X-Klasse mit einer Wohnkabine vom Spezialisten Tischer zu zeigen, Wanner bereichert das Silverdream-Reisemobil-Programm um den Mono 4x4 und die kleine Manufaktur Van Essa macht den Mercedes-Pritschenwagen mit Küchenzeile auf der Ladefläche, einer Teak-Abdeckung und Dachzelt zum allradgetriebenen Abenteuermobil. Wanner nutzt wie Burow-Mobil einen GfK-Aufbau als Absetzkabine, Tischer setzt auf eine Sandwichkonstruktion. Die Preise variieren stark. Für die Freizeitausrüstung bei Van Essa sind ohne das Dachzelt rund 7000 Euro fällig, Tischer verlangt für die Kabine Trail 230 S 34 519 Euro. Dazu kommt der Preis fürs Basisfahrzeug, die gut ausgestattete X-Klasse kostet rund 40 000 Euro.
Die meisten Spielarten dieser Spezies setzen auf eine Doppelkabine mit bis zu fünf Sitzplätzen, die taugt auch für den Alltag. Sie passt zumindest in Tiefgaragen und ist sicherer als manches große Reisemobil. Und PS-Fans kommen zumindest schon bei VW auf ihre Kosten, den Amarok kann man mit einem 165 kW / 204 PS starken 3,0-Liter-V6 bestellen. Bei Mercedes und anderen muss man sich mit einem Vier-Zylinder-Selbstzünder bescheiden, die Stuttgarter denken jedoch bereits laut über eine Aufrüstung nach. Das Motorenprogramm bietet da manche kräftige Alternative. Auch über die Komfortunarten der Pritschenwagen hat man sich bei Daimler Gedanken gemacht. Denn die Absetzkabinen wiegen gut 700 Kilogramm, mit Passagieren und Zubehör bringt das die Federn an ihre Grenzen und macht sie weich. Manch ein Pick-up-Mobil wiegt sich in Kurven wie ein Kamel im Wüstensand. Ohne die Kabine dagegen geht der Komfort verloren, im Solobetrieb und ohne weitere Beladung rumpeln viele Pritschenwagen über schlechte Fahrbahnbeläge, als gäbe es kein Morgen. Die Lösung heißt Luftfederung, und mit der hat gerade Mercedes-Benz erhebliche Erfahrung. Es sei nicht auszuschließen, dass man diese auch für die X-Klasse anbieten wird, heißt es. Und das bedeutet, die Einführung ist nur eine Frage der Zeit.
Die CMT zeigt, dass die Caravaning-Branche weiter auf der Erfolgsstraße unterwegs sein wird. Mit mehr als 1000 ausgestellten Fahrzeugen und einer Ausstellungsfläche, die nie größer war, erwartet man rund 250 000 Besucher. Der Bewegungsspielraum für aktuelle und zukünftige Kunden wird allerdings nicht nur auf der Messe eng. Längst reicht die in Deutschland angebotene Zahl von Camping- oder Stellplätzen nicht mehr aus, um dem Ansturm der Erholungsuchenden Herr zu werden. Aber auch dafür stellt die CMT eine Lösung in Aussicht. Während der Messetage kommt es zu einem so genannten Stellplatz-Gipfel, auf dem sich Branchenvertreter sowie Abordnungen der Touristikorganisationen und Gemeinden um eine schnelle Erweiterung der Angebote bemühen wollen. Ihr Schaden soll es nicht sein. Gastronomen, Winzer und Geschäftsinhaber haben an vielen heutigen Stellplatz-Adressen die mobile Kundschaft längst fest in ihrem Wirtschaftsplan aufgenommen.
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geschrieben von AMP.net/jri veröffentlicht am 15.01.2018 aktualisiert am 15.01.2018
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