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CES Asia 2015
China ist der größte Automobilmarkt der Welt und agiert inzwischen mit entsprechendem Selbstbewusstsein: „Als wir nach China kamen, ist die Regierung unseren Empfehlungen weitgehend gefolgt“, erinnert sich Saad Metz, Vizechef von Audi in China und Leiter des hauseigenen Forschungs- und Entwicklungszentrums in Peking: „Doch jetzt geht sie ihren eigenen Weg.“ Das ist für Firmen wie Audi nicht immer einfach. Hat es früher genügt, für China-Varianten die Sitze weicher aufzupolstern, so sind die Herausforderungen inzwischen mannigfach. Telematik-Standards unterscheiden sich, die Regularien für Flottenverbräuche ebenso und so weiter.
Doch das Engagement lohnt sich – nicht nur wegen der Größe des Marktes, sondern auch, weil der chinesische Markt inzwischen eine Vorreiterrolle einnimmt. Die Kundschaft ist jünger und wohlhabender als anderswo, und sie ist viel „vernetzter“. Was hier funktioniert, könnte auch auf anderen Märkten großen Erfolg haben.
Im Rahmen seiner Keynote-Ansprache am Vorabend der Elektronikmesse CES-Asia ging Audi-Chef Rupert Stadler auf die Verkehrssituation in den chinesischen Metropolen ein. Die Kooperationen mit der Baidu und Huawei sollen Audi an die Spitze des Wettbewerbs katapultieren – und die technischen Lösungen der Chinesen sind so interessant, dass sie auch in Audi-Modelle in Europa und den USA einfließen könnten.
Dabei agieren die Premium-Hersteller in einem Umfeld, das sich durch eine Normalisierung der Nachfrage und Wachstumsraten auszeichnet. Sinkende Gewinne der Unternehmen und sich seitwärts bewegende Immobilienpreise sorgen dafür, dass sich der Markt für Premium-Fahrzeuge empfindlich abkühlt. Das raketenartige Wachstum der vergangenen zehn Jahre wird abgelöst durch einen gewachsenen Markt, dessen Struktur sich den klassischen Märkten wie Europa und USA annähert.
Auch die Geschmäcker der Kundschaft nähern sich europäischen Präferenzen an. Bislang dominieren in China große Fahrzeuge; neue Kunden interessieren sich aber zunehmend für kompaktere Fahrzeuge. Audi hat diesen Trend noch vor der Konkurrenz gesehen und produziert die Modelle A3 und Q3 inzwischen lokal in China. Kurioser Nebeneffekt: Der importierte und deshalb mit 25 Prozent besteuerte A1 ist kaum billiger als ein A3.
Zu den spezifischen Präferenzen des chinesischen Marktes gehören weiterhin die verlängerten Limousinen; Audi bietet sowohl A4 als auch A6 mit verlängertem Radstand an, BMW und Mercedes-Benz bieten ähnliches. Dabei wird es auch in Zukunft bleiben: Das großzügige Platzangebot im Fond ist ein gelerntes Differenzierungsmerkmal, sagt Audi-China-Chef Dietmar Voggenreiter. Es prädestiniere die Limousinen nicht nur als Chauffeurs-, sondern auch als Familienautos.
Auch der Markt für Kombimodelle wächst, bleibt aber einstweilen noch in der Nische zwischen den Limousinen und den extrem beliebten SUV. Audi hat den entsprechenden A4 nicht als Avant, sondern als etwas martialischer auftretenden „Allroad“ eingeführt; auch de A6 kommt als Allroad. Für den A4 Allroad hat sich China inzwischen zum drittgrößten Markt der Welt entwickelt.
Es könnte übrigens sein, dass sich chinesische und europäische Vorstellungen von Luxus eines Tages wieder auseinanderentwickeln. „Von Premiummarken wird erwartet, dass sie konsistent sind, während Volumenmarken stärker adaptieren müssen“, sagt Audi-Marketingvorstand Luca de Meo im Gespräch. „Heute nehmen die Chinesen noch immer die Rolle des Aspiranten ein. Aber ich erwarte, dass sie ihr eigenes Verständnis und ihren eigenen Geschmack entwickeln. Sie werden lauter werden.“ Wie laut? „Das hängt von der Rolle ab, die China in der Welt spielen wird“.
Die Vorgaben für den Flottenverbrauch sind in China ähnlich stringent wie auf den anderen globalen Hauptmärkten, wobei man westliche Normen nicht mehr ungeprüft übernimmt. Für die Hersteller besitzt China den gravierenden Nachteil, dass der Markt für sparsame Dieselfahrzeuge praktisch nonexistent ist; Grund dafür ist die schlechte Kraftstoffqualität. Um die Vorgaben dennoch zu erreichen, setzen die Hersteller – auch Audi – große Hoffnungen in die Elektrifizierung des Antriebs. Neben dem importierten A3 E-Tron soll ab 2016 eine Langversion des A6 als Hybridvariante bei FAW-Volkswagen vom Band laufen.
Ob die E-Mobilität tatsächlich abhebt, ist allerdings noch keineswegs ausgemacht, auch wenn die Hersteller sich optimistisch geben. Es gibt lokale und nationale Vergünstigungen für elektrifizierte Fahrzeuge, und der Strompreis liegt – wohl auch wegen der nicht gerade umweltfreundlichen Form der Stromerzeugung – äußerst niedrig.
Sportlichkeit und Individualisierung spielen eine wachsende Rolle, und eine Tuning-Szene entsteht gerade. Zu Übertreibungen kommt es dabei jedoch nicht: Während auf Märkten wie den USA, Japan oder Großbritannien der Handschalter noch eine gewisse Fangemeinde besitzt, spielt er in China nur bei Einstiegsmodellen eine Rolle. Sportliche Derivate werden bei Audi ausschließlich mit Doppelkupplungs- oder Wandler-automat angeboten. Die Ingolstädter betreiben in Asien übrigens ein breit angelegtes Rennsportprogramm.
Der Vernetzungsgrad zwischen Auto und Fahrer ist in China schon heute höher als auf anderen Märkten; der Markt wird sich auch hier weiterhin sehr dynamisch entwickeln, und Regierung wie Hersteller arbeiten mit Hochdruck an digitalen Lösungen. Auch das automatisierte Fahren stößt auf großes Interesse; schon die erste Stufe des Stauassistenten, der im kommenden Audi A8 bis zu einem Tempo von 60 km/h funktioniert, dürfte in China angesichts der teils chaotischen Verkehrsverhältnisse ein breites Anwendungsfeld finden.
Trotz der aktuellen Marktabkühlung bietet China weiterhin fast unglaubliches Wachstumspotential. So entsteht ein Gebrauchtwagenmarkt gerade erst, und das Kauferlebnis für Neuwagen ist von digitalen Innovationen geprägt. Experimentierfeld, Trendsetter und ein schier unerschöpfliches Potential, das noch gehoben werden kann: China bleibt bis auf weiteres der interessanteste Markt der Welt. (ampnet/jm)
geschrieben von AMP.net/Sm veröffentlicht am 27.05.2015 aktualisiert am 27.05.2015
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