Citroen

Citroen-Design – Des Stachels weicher Kern

Bei Autodesignern ist es oft eine Kindheitserinnerung, die sie nicht mehr loslässt. Für den kleinen Mark Lloyd war es die Erfahrung, auf der sofaartigen Rückbank der DS von Citroen Platz zu nehmen. Heute ist der Engländer einer der wichtigsten Gestalter der französischen Marke und verantwortlich für den C4 Cactus, der im September zu einem Grundpreis von 13.990 Euro bei den deutschen Händlern stehen wird. Natürlich versinkt man in der zweiten Reihe des neuen kompakten Viertürers nicht wie einst in der üppigen Polsterlandschaft der legendären Limousine. Aber der Komfort ist da und bei einem optimal ausgenutzten Radstand von 2,60 Metern erstaunlich viel Beinfreiheit. Vive la liberté.

Diese Freiheit hat sich Mark Lloyd mit seinem Team anscheinend nehmen können. In diesen für Citroen sehr schwierigen Zeiten besinnt sich die Marke beim C4 Cactus auf alte Werte wie Innovation und den Anspruch, ein bisschen anders als die anderen sein zu wollen. „Ungefähr 80 Prozent“, antwortet der Designer auf die Frage, wie viele Aspekte von den C-Cactus Concept Cars, die man 2007 und 2013 jeweils auf der IAA sehen konnte, den Weg in die Serie geschafft haben. Das ist ein relativ hoher Anteil. Beim fertigen Modell steckt das Konzept im Detail. Denn Lloyd blickte in die Geschichte zurück und fand neue Ansätze.[foto id=“510216″ size=“small“ position=“right“]

Der nur 965 Kilogramm leichte kompakte Viertürer wurde zwar nach einer stacheligen Pflanze benannt, bietet aber eine fast komplett geglättete Außenfläche. „Die Frage, die wir uns gestellt haben“, so Mark Lloyd, „lautete: was ist wirklich wichtig, worauf kann man verzichten?“ Um Gewicht zu sparen sind beispielsweise die hinteren Fenster wie einst nur manuell auszustellen (acht Kilo weniger). Beim neuen „Smart Wash“-System sind die Waschdüsen am äußeren Ende der Scheibenwischer angebracht worden, um so rund einen Liter Waschflüssigkeit weniger zu verbrauchen.

Gegenüber dem C4 konnten beim Cactus rund 200 Kilo eingespart werden. Was bei Menschen selten hilft: man kann sich auch Pölsterchen zulegen, um abzuspecken. Denn was beim Cactus sofort auffällt sind natürlich die sogenannten Airbumps, flächige Polster aus einem Kunststoff namens Thermo Plastic Urethan, welche das Fahrzeug seitlich, vorne und hinten mit quasi weichen Stacheln schützen – zum Beispiel vor den typischen Parkplatzremplern. Hier hat wohl ein Engländer aufmerksam Pariser Autofahrer beobachtet. „Früher waren sichtbare Stoßfänger selbstverständlich, dann wurden sie zunehmend integriert. Ich wollte diese alte Idee wieder aufleben lassen, aber diesmal zu einem integralen Bestandteil des Designkonzepts machen.“ Gegen Aufpreis können künftige Cactus-Kunden farblich kontrastierende Bumps bestellen. Möglicherweise haben diese Polster auch, so Citroen, eine günstigere Einordnung bei der Autoversicherung zur Folge.[foto id=“510217″ size=“small“ position=“left“]

Im Interieur des Cactus erlebt der Besucher nicht nur mal wieder die alte Architektenwahrheit, dass weniger mehr ist, sondern, dass das Design des Verzichts ungewöhnlich reizvoll sein kann. Wie in einem Vexierbild tauchen beim Anblick des flachen, schlichten Armaturenbretts Erinnerungen an berühmte Citroen-Modelle auf, sei es die Göttin, der andere moderne Klassiker 2CV oder der Ami. Statt einem konventionellen Kombiinstrument gibt es eine flache, digitale Anzeige hinter dem abgeflachten Lenkrad.

Zur serienmäßigen Ausstattung zählt auch der mittige 7-Zoll-Display über den die verschiedensten Funktionen wie Klima, Fahrzeugeinstellungen oder Medien gesteuert werden. Auch diese Interface genannte Mensch-Maschine-Schnittstelle ist Ergebnis von Design. „Information wird für uns als Thema immer wichtiger, aber die Gefahr besteht, dass die Bedienung überwältigend wird.“ Hier wie beim Armaturenbrett war Mark Lloyd radikal: „da ist viel, was letztlich unnötig ist. Lasst uns alles rausnehmen und neu ansetzen.“ Das sinnliche Erleben der Knöpfekultur wird hier eher virtuell und spielerisch ausgedrückt. Auf dem Touchscreen wirken zum Beispiel die Elemente für die Temperaturreglung als könnte man sie buchstäblich eindrücken. Ein Detail, das den Designer begeistert.

Ebenso wie die Innentürgestaltung. Statt einem Griff gibt es eine Schlaufe wie bei einem Koffer. Ob man da wie von Citroen vorgeschlagen an Louis Vuitton-Gepäck denkt, ist fraglich. Aber es ist eine praktische wie pfiffige Lösung, die im Fach darunter sogar Wasserflaschen Raum bietet. Bei den Automatikmodellen gibt es übrigens nur zwei Knöpfe im unteren Teil des Mitteltunnels. Dafür hat der Cactus aber ein sehr großes Handschuhfach, das sich angenehm von oben öffnen lässt und auch einen der beiden USB-Anschlüsse birgt. [foto id=“510218″ size=“small“ position=“right“]Die Designer rückten einfach den Beifahrerairbag in die Dachkonstruktion. Vielleicht ist das luftige, auf das Wesentliche reduzierte Interieur zukunftweisend – so kennt man es auch von BMWs elektrischem i3. Wenngleich ein Strom-Cactus dadurch sehr viel teurer würde.

Serienmäßig blickt der Cactus mit LED-Tagfahrleuchten auf die Außenwelt. „Das verleiht ihm nicht nur Qualität und Wertigkeit“, sagt Mark Lloyd. Werte, die auch der Innenraum erfüllt. Hier mag man sich aufhalten. Auf ein Detail bei den Sitzen legt er großen Wert: „Da wo Sitz- und Rückenfläche zusammenstoßen, ist sonst immer ein verstecktes Maul, das Bonbons und Kleingeld frisst. Wir haben es so entworfen, dass es übergangslos ist.“

Warum eigentlich Cactus? Nicht wegen der Stacheln, sondern, so Lloyd, weil die Pflanze genügsam ist. Die kreative Entschlackung hatte günstige Auswirkungen auf den Verbrauch. Zum Serienstart wird das Stachelauto mit zwei Benzinern und zwei Selbstzündern angeboten, wobei der BlueHDi 100 Airdream mit 73 kW/99 PS nur 3,1 Liter auf 100 Kilometer für sich beanspruchen will und dabei unter 90 g/km CO2 in die Umwelt entlässt.

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