Das Hybridangebot heimischer Automobilhersteller – Deutsche Doppelherzen

Lange ging die deutsche Autoindustrie das Thema Hybridantrieb bestenfalls halbherzig an. Man beobachtete was Toyota samt seiner Tochter Lexus boten, registrierte nebenbei die Arbeitsnachweise von Honda und zeigte selbst ein paar Studien, die zu einem Hybridauto werden könnten, wenn die Kunden auf dieselfernen Märkten es denn so verlangen würden. Diese Zeiten sind vorbei. Hybridmotoren sind im Kommen. Vor wenigen Tagen haben Audi und Mercedes neue Varianten von A8 und E-Klasse vorgestellt, die auch dem deutschen Markt reüssieren könnten. BMW zeigte bereits kurz vorher die Hybridversion der 5er-Reihe.

Augenwischerei

Die Schwaben haben seit 2009 die S-Klasse als Mild-Hybrid im Angebot, der die Business-Limousine als Vernunftauto darstellen will. Dauerrivale BMW setzte derweil auf Vorzeigeprojekte mit einem Hybrid als effizienten Leistungssteigerung für besonders potente Achtzylindermotoren. Damit gingen die Münchner einen ähnlichen Weg wie Lexus. Die Toyota-Tochter kombiniert bekanntlich Sechs- und Achtzylinder mit E-Maschinen zu Antrieben, die mit den Leistungswerten deutlich höher positionierter Modelle mithalten können: Ein Ansatz, der speziell auf den amerikanischen Markt zielt und nicht zuletzt deshalb auch von BMW adaptiert wurde. Wirklich umweltfreundlich ist das Konzept „mehr PS + Hybrid“ natürlich nicht und ist als Augenwischerei zu betrachten, um der Marke einen grüne(re)n anstrich zu verpassen.

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Der aus diesem Grund zuerst in den USA angeboten Activehybrid X6 mit einer Systemleistung von 357 kW/485 PS wurde mittlerweile allerdings wieder eingestellt. An diese Leistungsorgien knüpft heute allenfalls noch der BMW 7er Hybrid an, der es auf 342 kW/465 PS bringt, ebenfalls in Kombination 4,4-Liter V8. Damit liegt die noble Münchner Limousine leistungsmäßig knapp über dem Lexus LS 600h mit 327 kW/445 PS. Anders als Toyota bzw. Lexus nutzt BMW allerdings kein Planetengetriebe, um die Leistung von Achtzylinder und E-Motor auf die Antriebsräder zu verteilen.

Ausgekoppelt gleiten

Wie auch bei den aktuellen Modellen, platzierte BMW den E-Motor in der Glocke eines herkömmlichen Getriebes, verzichtete damit vielleicht auf ein paar Prozentpunkte bei der Optimierung des Wirkungsgrades, ersparte den Kunden aber auch das scheinbar unmotivierte und manchmal leicht nervige Hochdrehen des Motors in Verbindung mit einem stufenlosen Planetengetriebe. Diesen Weg gehen auch die übrigen aktuellen Hybridanbieter deutscher Provenienz. Sie sind sich auch in einer Besonderheit des Antriebsstrangs einig: im Schiebebetrieb, also beim Rollen ohne Gas, kann der Verbrennungsmotor ausgekoppelt werden, das Auto rollt ohne Motorbremse. Im Normalfall rekuperiert der E-Motor beim Rollen Energie. Auch dieser lässt sich, beispielsweise in der E-Klasse, abkoppeln um freies Rollen zu ermöglichen. Das ist so im weltweit erfolgreichsten, weil millionenfach verkauften System à la Toyota/Lexus nicht vorgesehen.

Hybrid in der Oberklasse[foto id=“413578″ size=“small“ position=“right“]

In der Oberklasse haben sowohl Mercedes als auch Audi und BMW je ein Hybridmodell im Angebot. Der Oldie unter den deutschen Hybriden ist der S400 Hybrid von Daimler. Die Schwaben verbinden einen 205 kW/278 PS-starken V6-Motor mit einem relativ kleinen E-Motor, der es auf lediglich 11 kW/15 PS bringt. In Kombination soll diese milde Hybridvariante – mild, weil man damit nur minimal elektrisch fahren kann – für einen Durchschnittsverbrauch von 7,9 Litern sorgen, was für eine S-Klasse mit Benzinmotor auch im Jahr 2012 respektabel wäre. Der Realverbrauch liegt jedoch – wie bei allen hier angeführten Karossen – deutlich darüber. Auf dem Papier sparsamer und zudem stärker ist der Porsche Panamera S Hybrid. Er kommt bei einer Systemleistung von 279 kW/380 PS auf einen Normverbrauch von 6,8 Litern. Diesbezüglich hält der nochmals kräftigere 7er BMW mit einem Normverbrauch von 9,4 Litern nicht mit. Am konsequentesten auf geringen Verbrauch getrimmt ist der Audi A8 Hybrid. Sein Vierzylinder-Turbomotor mit 155 kW/211 PS wird von einem 40 kW/54 PS-Elektromotor unterstützt und begnügt sich theoretisch mit 6,3 Litern.  

Die gleiche Antriebseinheit setzen die Ingolstädter auch in der Businesslimousine A6 und im SUV Q5 ein. Alle drei zielen eher auf Märkte, die weniger dieselaffin sind als der deutsche. Speziell der A8 scheint hauptsächlich für die wachsende Zahl der Kunden in China konzipiert zu sein.

Hybrid in der Businessklasse

Weil deutsche Autofahrer im Geschäftsleben eher zum Diesel greifen, auch dort aber noch ein paar Zehntelliter zu gewinnen sind, wenn man den Verbrenner mit einem E-Motor unterstützt, hat Mercedes gerade den E 300 Bluetec Hybrid vorgestellt. Er nutzt den Hybridbaukasten von Daimler, der mit der S-Klasse startete. Allerdings kommt hier ein Vierzylinder-Diesel zum Einsatz und der E-Motor hat statt 20 nun 27 PS. Mit einem Normverbrauch von 4,2 Litern Diesel ist die 150 kW/204-PS-Limousine aktuell der sparsamste deutsche Hybrid. Aus dem gleichen Baukasten bedient sich auch der E 400 Hybrid, den die Schwaben als Benziner für die USA und China vorgestellt haben und in Deutschland nicht anbieten. Der E-Motor sitzt jeweils in der Getriebeglocke des Siebengang-Automatikgetriebes, als Hybridbatterie kommt ein relativ kleiner Lithium-Ionen-Akku zum Einsatz, dessen Power für kurze Strecke elektrischen Fahrens genügt.

Bei BMW ermöglicht der markeneigene, aber prinzipiell ähnlich aufgebaute Baukasten aktuell den ActiveHybrid5 mit 260 kW/340 PS und einem Normverbrauch von 6,4 Litern. Damit liegt er einen Schnaps über dem A6 Hybrid von Audi, der im Schnitt 6,2 Liter konsumiert.

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Hybrid-SUVs

Schon länger auf dem Markt sind die beiden verwandten Hybrid-SUV von Porsche und VW: Der Cayenne S Hybrid verwendet den gleichen Antriebsstrang wie der Panamera und kommt auf einen Normverbrauch von 8,2 Litern, ein Wert, den auch der Touareg Hybrid erreicht. Das ist nicht verwunderlich, nutzt doch auch dieser die Kombination aus 333 Sechszylinder-PS und 46-PS-E-Motor.

Deutscher Nachholbedarf bei kleinen Hybriden

In kleineren Modellen bieten die deutschen Hersteller aktuell keine Hybride an. Das wird sich aber noch in diesem Jahr ändern. Bei BMW steht der 3er als Hybrid in den Startlöchern. Audi hat für den neuen A3 sogar eine Plug-in-Variante angekündigt, um einen größeren Schritt in Richtung elektrische Mobilität zu machen. Mercedes stellt bisher keinen kleinen Hybrid in Aussicht und wird stattdessen wohl gegen Jahresende den Dieselhybrid in der M-Klasse nachschieben.

Auch keine Hybride hat derzeit Ford in Deutschland im Angebot. Opel bietet mit dem Ampera zumindest ein Modell an, das rein elektrisch fährt und mit seinem Benzinmotor als Reichweitenverlängerer streng genommen zu den Parallelhybriden zählt.

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