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Beinahe überschwänglich jubelt die Markenwerbung: Der neue Mercedes Actros – Aufbruch in eine neue Dimension. Auf den ersten Blick bleibt alles beim Alten. So etwa bei den Maßen, auch bei den Gewichten, die für den Neuen keine Nutzlastrekorde versprechen. Die Motoren haben es freilich in sich. Sie erfüllen schon heute die für 2013 erforderlichen Euro 6-Abgasgrenzwerte und können bereits geordert werden. Die neuen Fahrerhäuser versprechen aerodynamische Vorteile, der Motortunnel wird für ein verbessertes Raumangebot innen abgesenkt.
Fürs Erste bringt Mercedes-Benz die Volumenmodelle für den Fernverkehr in Stellung. Sattelzugmaschinen mit Schlafkabinen und mittelstarken Motoren von 310 kW/421 PS bis 375 kW/510 PS. Die Serienfertigung in Wörth beginnt Ende September 2011, dann gehen die ersten Neuen zum Kunden.
Die Wahrheit liegt auf der Straße, wie schlägt sich der neue Actros im Einsatz? Auf dem Betriebshof herrscht gespannte Ruhe, 60 Lkw-Gespanne warten auf ihren Einsatz. Zwei mal 30 – alte oder besser bewährte Actros treten gegen das neue Modell an, die Mercedes-Strategen wagen den direkten Vergleich. Die ersten Stunden gehören dem sattsam bekannten Actros, dann wird umgestiegen. Die erste Reaktion schon beim Einsteigen: Noch[foto id=“380299″ size=“small“ position=“right“] immer geht es hoch hinauf, ein Tribut an den ebenen Innenboden ohne Motortunnel. Die Innenoptik wirkt stylish, nicht so zurückhaltend wertig wie im Auslaufmodell. Aber alle Bedienelemente sitzen da, wo man sie erwartet, auch wenn das Armaturenbrett nicht jedermanns Sache sein dürfte.
Die neuen breiteren Sitze stammen von Grammer, jetzt mit separater Schulterabstützung und verbesserter Federung. Jeder Lang- oder Kurzbeiner findet die passende Fahrposition, das Lenkrad lässt sich weitgehend verstellen. Und in Pausen kann man bequem aufstehen, sich umziehen, bietet die Hochdachvarianten doch gut zwei Meter Stehhöhe.
Ein Start-Stopp-Knopf weckt den Reihensechszylinder mit 421 PS zum Leben – er klingt energisch, fällt gleich in einen ruhigen Leerlauf. Mit einem Dreh am rechten Lenkstockhebel kann die Fahrt beginnen, das serienmäßige Powershift-Automatikgetriebe nimmt dem Fahrer die mühsame Schaltarbeit ab. Der 12,9-Liter-Diesel hängt fast bissig am Gas und bringt den 40-Tonner zügig und mühelos auf Reisegeschwindigkeit. Zum souveränen Fahreindruck trägt die neue Getriebesteuerung bei, die für schnelle Schaltungen mit nur minimalen Zugkraftverlusten sorgt.
Will der Fahrer von Hand schalten, tippt er den Lenkstockhebel nach oben oder unten, der alte Schaltknauf an der Armlehne ist schnell und gerne vergessen. Im Vergleich zum rappeligen V6 aus dem alten Actros packt der neue Common-Rail-Motor nicht nur besser an, er arbeitet deutlich kultivierter. An Autobahnsteigungen gibt es im [foto id=“380300″ size=“small“ position=“left“]zwölften Gang einen Zuschlag von 200 Newtonmetern, wenn man das Paket Toptorque mitbestellt – dann werden kleine Hügel trotz langer Übersetzung ohne Schaltung genommen.
Abwärts rollt der 40-Tonner im kraftstoffsparenden Ecoroll-Modus und profitiert Meter für Meter von der kostenfreien kinetischen Energie, bis der Motor via Tempomat wieder seinen Einsatzbefehl erhält. Auf langen Gefällen verzögern 800 Brems-PS der Dauerbremse, die Radbremsen bleiben kühl in Reserve. Der neue Voith-Retarder arbeitet nur noch mit dem Medium Kühlwasser und spart sich damit Wärmetauscher und Ölwechsel. Und die dreistufige Motorbremse trumpft in steilen Abfahrten unter hohen Motordrehzahlen mit kraftvoller Verzögerung auf.
Unterwegs auf welliger Autobahn oder auf engen Landstraßen präsentiert sich der neue Actros ungewohnt fahraktiv. Er fährt wie auf Schienen und folgt den Lenkbefehlen seines Fahrers ohne Trägheitsmoment. Die Lenkung macht den Unterschied, auch der steifere Rahmen mit seiner breiteren Spur. Federung und Dämpfung haben sportlich straffe Kennung, ohne es hier zu übertreiben. Und die Fahrerhausdämpfung hält zwar deftige Fahrbahnschläge ab, aber die große Kabine in schnellen Kurven weitgehend aufrecht. „Bei den Primärtugenden topp“, attestieren die Testfahrer einhellig. Weiterentwickelt wurden auch die Fahrerassistenzsysteme, der radargestützte Abstandsregeltempomat heißt jetzt Abstandshalteassistent. Im langsamen Kolonnenverkehr [foto id=“380440″ size=“small“ position=“right“]genutzt, entlastet er den Fahrer, er bremst bis zum Stillstand und beschleunigt wieder. Er regelt noch feiner, noch defensiver, nur der Notbremsassistent bleibt auf öffentlichen Straßen ungetestet.
Wer nicht fährt, sondern ruht, kommt in den Genuss 75 Zentimeter breiter Betten. Für Solofahrer gibt es die passende Ausstattung mit einem Ruhesitz im Rückraum, auf Wunsch einen ausziehbaren Kühlschrank unter dem Bett. Das komfortabelste Fahrerhaus heißt „Gigaspace“, es misst knapp vier Meter in der Höhe und 2,50 Meter in der Breite und bietet den ebenen Boden und beste Ausstattung. Das Fahrerhausprogramm für den Fernverkehr umfasst insgesamt sieben Kabinen mit Schlafabteil, weitere Varianten für den Nah- und Regionalverkehr sind in Vorbereitung.
Der neue Actros hält die Transportbranche noch eine Weile in Atem, mit weiteren Motoren in anderen Hubraumklassen, mit Bau- und Verteilerfahrzeugen. Sein technisches Konzept überzeugt, der Actros zeigt sich rundum verbessert. Der Fortschritt ist erfahrbar, eine Probefahrt lohnt. Und die Prognose sei zum Schluss noch erlaubt: Der neue Actros wird neuer Bestseller: Er hat alles, was ein Erfolgstyp braucht.
geschrieben von auto.de/(wot/mid) veröffentlicht am 19.09.2011 aktualisiert am 19.09.2011
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