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Im Rückspiegel
Der vollelektrische Taycan ergänzt das Porsche-Angebot um einen weiteren Viertürer. Dabei galt diese Fahrzeugkategorie lange Zeit als unvereinbar mit dem Begriff „Sportwagen“. Doch nicht erst der Cayenne eröffnete den Reigen der Modelle mit Kapazität für zusätzliche Passagiere. Nur sind die meisten dieser historischen Porsche-Viertürer längst im Nebel des Vergessens verschwunden.
Nicht nur aufgrund seines alternativen Antriebs bringt der Taycan die Sichtweise auf die Zuffenhausener Sportwagen-Schmiede gehörig durcheinander. Auch in die übliche Einsortierung nach Fahrzeug-Segmenten scheint er nicht so ganz zu passen. Porsche rechnet ihn dem sogenannten C-Segment zu, was angesichts der Karosserielänge von fast fünf Metern gewagt erscheint. Das C-Segment ist landläufig als „Golf-Klasse“ bekannt und der Wagen, der ihr den Namen leiht, misst derzeit 4,26 Meter.
Porsche macht eine andere Rechnung auf: Das Modell Panamera kommt auf 5,05 Meter, in der verlängerten Version für den chinesischen Markt sind es sogar 5,20 Meter. Er gilt dem D-Segment zugehörig, woraus folgt, dass ein Fahrzeug mit geringeren Maßen in die C-Kategorie fällt. Derzeit, so ist von Porsche zu erfahren, gibt es keine Ambitionen, den Kunden in Fernost einen Taycan mit verlängertem Radstand anzubieten. Technische Hürden dürfte es dafür aber kaum geben, denn viele Baugruppen, zum Beispiel die Achsen, sind modifizierte Panamera-Teile.
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Der Taycan wird im Porsche-Sortiment den Anteil der Viertürer weiter nach oben drücken. Die haben dort längst die Macht übernommen, und zwar weltweit. Und auch im Mutterland der Marke schrumpft der Anteil der zweitürigen Flitzer zusehends, wie die Zulassungsstatistik belegt. Nur noch 38 Prozent der deutschen Neuanmeldungen entfielen bis Ende Oktober auf die Modelle 911, Boxster und Cayman.
Wie man in einem Porsche vier Insassen halbwegs bequem unterbringt, beschäftigt nicht nur die von vielen Zweitürer-Generationen geprägten Ingenieuren des Herstellers seit langem. Auch Fans der Marke haben, so das konstruktive Know-how und technische Möglichkeiten vorhanden waren, verschiedene Versuche unternommen. Selbst das Modell 911 war nicht sicher vor den Wünschen nach mehr Platz, wie ein Beispiel aus den USA belegt.
Dieser besondere Elfer geht auf das Jahr 1967 zurück. William J. Dick, ein wohlsituierter Texaner, tat sich zur Realisierung seiner Idee mit dem kalifornischen Blech-Schneidern Richard Troutman und Tom Barnes zusammen. Die zerlegten den damals 160 PS starken Porsche 911 S in zwei Teile und fügten ein 53,3 Zentimeter (21 Inch) langes, eigens zu diesem Zweck angefertigtes Mittelstück ein. Die zwei zusätzlichen Türen öffneten sich gegenläufig zur Fahrrichtung, hinten wurden zwei Original-Porsche- Einzelsitze montiert.
Zwar geriet das Fahrzeug dadurch deutlich schwerer, doch der Überlieferung nach soll es den Sprint aus dem Stand auf 60 Meilen (97 km/h) immer noch in acht Sekunden geschafft haben. Zu den Geschichten, die sich um dieses Einzelstück ranken gehört, dass es als Weihnachtsgeschenk für Dicks Ehefrau gedacht war. Heute kann jedermann dieses Unikum kaufen – im Maßstab 1:43 und in Dunkelgrün. Was die erste Lackierung des „911 Saloon“ angeht, sind sichere Informationen schwer zu bekommen.
Der Verbleib des Wagens ist ungeklärt, im Internet kursieren verschiedene Fotos, auf denen die Farbe zwischen Grün und Haselnussbraun zu changieren scheint. Einzelne dieser Bilder zeigen den Viertürer mit herkömmlichen Radkappen, andere mit sogenannten Fuchs-Felgen. Offenbar angetan von der Idee einer Elfer-Verlängerung, gibt Porsche 1969 beim italienischen Designstudio Pininfarina die Studie eines viersitzigen 911ers in Auftrag, der allerdings ein Zweitürer bleibt und keinen Weg in die Serie findet.
Mit der Entwicklung des Porsche 928 nimmt auch das Konzept eines Viertürers wieder Fahrt auf. Und nach dem Vorbild des langen Elfers aus den späten Sechzigern erleben die Eigenschaften der gegenläufigen Türen und des Geschenks eine Wiedergeburt. Firmenpatriarch Ferry Porsche bekommt den umgebauten 928 als Präsent zu seinem 75. Geburtstag. Dafür, dass es letztlich nicht zu einer Serienfertigung gereicht hat, sehen Experten eine einleuchtende Ursache: Der Verzicht auf eine B-Säule führte dazu, dass dem Einzelstück eine sportwagen-taugliche Steifigkeit nicht beigebracht werden konnte.
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Mit einer kompletten Neuentwicklung sollte schließlich der Eintritt in den Viertürer-Markt gelingen: Ferry Porsche selbst soll den „Learjet für die Straße“ gefordert haben und der Porsche-Vorstand startet das Geheimprojekt mit der Modellziffer 989. Wer sich die Schöpfung des Designers Matthias Kulla heute im Porsche-Museum genau ansieht und sie mit der Linienführung des Taycans vergleicht, erkennt in ihm den wahren Urahnen des Elektro-Boliden. Harmonisch und geschmeidig, kraftvoll und dynamisch, mit klaren Bezügen zum „ewigen“ 911er – so kommt auch das jüngste Produkt der Zuffenhausener daher.
Der 989 sollte einen 3,6 Liter großen Achtzylinder-Motor bekommen, der 300 PS leistet. Also weit kraftvoller als der 928, der beim Start 240 PS aus 4,5 Liter Hubraum holte. Doch die Kosten des Viertürer-Projekts laufen vollkommen aus dem Ruder. Bald ist mehr als eine Milliarde D-Mark verbraucht und das Auto immer noch nicht fertig. Den hohen Investitionen stehen schwindende Einnahmen gegenüber, viele Kunden fremdeln Ende der Achtziger mit der Edelmarke. Bei kalkulierten Verkaufspreisen von rund 150 000 Mark für einen 989 und dem Druck, mindestens 5000 Stück pro Jahr absetzen zu müssen, um einigermaßen über die Runden zu kommen, zieht der Vorstand im Januar 1991 schließlich die Notbremse. Den damaligen Vorstandschef Arno Bohn kostet das Fiasko den Job.
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Erst mit dem Panamera, der mit der zweiten Generation sein etwas pummlig geratenes Heck verlor, gelang Porsche der ersehnte Limousinen-Erfolg. Nicht zuletzt durch den Aufstieg Chinas als bedeutender Markt für Porsche wuchsen die Absatzzahlen über die Erwartungen hinaus. Die rigider werdenden Abgas-Vorschriften im Reich der Mitte und der Zwang zur Quotierung bei Elektroautos erscheinen heute wie eine Einladung an Porsche, mit dem Taycan „richtig Gas“ zu geben – und das ganz ohne Einspritzdüsen, Turbolader und Auspuffanlage.
geschrieben von AMP.net/deg veröffentlicht am 15.12.2019 aktualisiert am 11.12.2019
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