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Mazda
Eine Ära geht zu Ende: Kurz nach seinem 55. Geburtstag verschwindet der Wankelmotor vom deutschen Markt – vorerst. Denn mit Wasserstoff als Energiequelle könnte er ein sauberes Comeback geben. Manchmal stecken die wichtigen Dinge im Detail.
Am Rande einer Fahrzeugpräsentation ließ Mazda-Vertriebsdirektor Thomas Rothe in einem Nebensatz eine kleine Bombe platzen. „Wir werden in Deutschland das neue Modell des RX-8 nicht einführen“, sagt er. Heißt im Klartext: Mit dem Mazda-Sportler verschwindet der letzte Wagen mit Wankelmotor vom deutschen Markt – bei den Händlern stehen nur noch wenige Restexemplare. Zu niedrige Verkaufszahlen sind der Grund.
Laut Kraftfahrtbundesamt wurden nicht einmal 100 der Coupés mit dem exotischen Antrieb in diesem Jahr in Deutschland verkauft. Schade eigentlich, ist der Wankelmotor doch eine urdeutsche Erfindung. Auf die Idee zu einem neuen Motorenprinzip kam Wankel bereits in den 20er Jahren, als er ein dreirädriges, stromlinienförmiges Fahrzeug namens „Teufelskäfer“ konstruierte. Der zitterte und wackelte allerdings, sobald der Motor lief. Wankel wollte ein sehr viel ruhigeres Triebwerk. Er begann zu tüfteln, zu zeichnen und kam auf den Einfall, einen Motor zu bauen, der ohne Pleuel, Ventile und Nockenwelle auskommt.
Von Mathematik hatte er keinen Schimmer, einen Führerschein besaß er auch nicht und trotzdem schaffte er es, einen funktionsfähigen Motor zu konstruieren. 1957 lief der erste Kreiskolbenmotor bei NSU in Neckarsulm auf dem Prüfstand. Einer der insgesamt vier konstruierten Testmotoren steht heute im Deutschen Museum in München.
Die Daten: 250 Kubikzentimeter „Hubraum“ und 21 kW/29 PS Leistung bei 17 000 Umdrehungen pro Minute. Die simple Idee von Felix Wankel begeistert dabei bis heute: Die bei der Verbrennung freigesetzte Energie wird direkt in eine Drehbewegung umgesetzt. Der herkömmliche Hubkolbenmotor benötigt dafür Pleuel und Kurbelwelle. In der Theorie sollte der Wankelmotor also deutlich effizienter, vibrationsärmer und drehfreudiger arbeiten als Diesel- oder Ottomotoren.
Doch grau ist alle Theorie: Vibrationsarm und laufruhig ist der Wankel zwar immer gewesen, doch technische Probleme und der enorme Kraftstoffverbrauch haben seinen Durchbruch verhindert. Dabei hatte zunächst alles wunderbar geklappt, als NSU 1960 die Serienversion des ersten Wankelmotors in München präsentierte. In der Fachwelt galt die im Vergleich zu einem herkömmlichen Motor viel kleinere und leichtere Maschine als Sensation, als Wundermotor.
1964 startete die Serienfertigung in einem kleinen NSU-Cabrio, doch erst 1967 gelang mit dem legendären Ro 80 der Durchbruch. „NSU rettet die deutsche Auto-Ehre – der Ro 80 ist das erste wirklich neue deutsche Auto seit 30 Jahren“, jubelte die Presse. Für die etablierte Autowelt war es ein Schlag ins Gesicht, als NSU – jener ehemalige Fahrrad-, Moped- und Kleinwagenproduzent – auf der Frankfurter IAA seinen neuesten querdenkenden Entwurf vorstellt. Der Ro 80 führt als erstes Auto die revolutionäre Idee des Motors auch stilistisch zu Ende.
Das Äußere ist seiner Zeit um 20 Jahre voraus, die Euphorie um das ehemalige „Auto des Jahres“ ist jedoch schon nach zehn Jahren vorbei. Unvergessen die technischen Probleme, kaum ein Ro 80 hatte nach wenigen zehntausend Kilometern noch den Originalmotor unter der Haube. 1977 endet nach 37 402 Exemplaren das Kapitel Wankelmotor im deutschen Automobilbau.
Auch andere Hersteller nehmen Abstand vom exotischen Antrieb. Zwar hatten Mercedes-Benz, Citroen, General Motors und Mazda mit dem Antrieb experimentiert – doch nur die Japaner glaubten weiterhin an die Vorteile des Wankels und waren sich sicher, die technischen Probleme in den Griff zu bekommen. Anders als NSU gab Mazda-Entwicklungschef Kenichi Yamamoto zunächst jedoch kein grünes Licht für den Serienanlauf. Er ersparte damit seinem Arbeitgeber den Imageschaden, den NSU durch die unausgereiften Wankeltriebwerke erlitten hatte.
Mit japanischer Beharrlichkeit bekam Mazda die bauartbedingten Schwachstellen des Wankelmotors – vor allem Abdichtungs- und Zündungsprobleme – langsam in den Griff. Nach rund drei Millionen Testkilometern fiel schließlich der Startschuss für die Serienproduktion. Das war der Beginn einer kleinen Erfolgsgeschichte. Fast zwei Millionen Wankelmotoren sind bis heute in Hiroshima gebaut worden.
Und Mazda macht den Motor fit für die Zukunft: Mit Wasserstoff sollen die Motoren ohne CO2-Ausstoß laufen. Die Vorteile des Wankel sind dabei die gleichen wie vor 50 Jahren: Er ist deutlich kleiner und leichter als herkömmliche Motoren – so könnte er der deutlich teureren Brennstoffzelle Konkurrenz machen.
In Norwegen werden erste Fahrzeuge im Rahmen eines Flottenversuchs getestet, und in Japan können Firmen bereits erste Fahrzeuge mit dem Wasserstoff-Wankel leasen. Markteinführung in Deutschland? Nicht vor dem Jahr 2012. Warten wir also darauf, dass der Wankel wieder nach Hause kommt.
geschrieben von (vos/mid) veröffentlicht am 09.06.2009 aktualisiert am 09.06.2009
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