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Manche sagen, sie sei die unbeliebteste Automesse der Welt, die North American International Auto Show (NAIAS), die größte Ausstellung der Branche in den Vereinigten Staaten. Mit ihr startet der Schaulauf neuer Automodelle in das noch junge Jahr, und im Januar ist es in Detroit, dem Standort der Messe, meist noch ziemlich kalt, windig und ungastlich.
Und die Großstadt, die einzige des Landes, in der man beim Blick nach Süden über die kanadische Grenze schaut, hat einst bessere Zeiten gesehen. Am Standort der „Big Three“, dem Sitz der amerikanischen Autokonzerne Chrysler, Ford und General Motors, haben im Detroit der fünfziger Jahre 1,85 Millionen Einwohner gelebt. In Wohlstand und voller Hoffnung auf eine noch bessere Zukunft, aber mit heftiger Abneigung der weißen Bevölkerung gegenüber dem hohen Anteil der Schwarzen.
Heute leben nur noch 921.000 Menschen in der Stadt, 40 Prozent der Häuser in der City sind unbewohnt, Geschäfte stehen leer, der Wind pfeift durch die zerschlagenen Fenster von Bürohäusern, in Kinos und Ballsälen liegt der Staub des Vergessens auf dem Parkett. Die Pracht der Blütezeit ist verfallen aber noch sichtbar. Ehemalige Bankgebäude im Format des Kölner Doms künden ungenutzt von der einstigen Macht, passend wurden sie die „Kathedralen des Geldes“ genannt. An die Besessenheit der Autobosse erinnert auch ein hohes Strafgeld, zu dessen Zahlung General Motors 1950 wegen einer Verschwörung verurteilt wurde. Zusammen mit anderen hatten sich die Manager zum Ziel gesetzt, die Straßenbahnen im [foto id=“449738″ size=“small“ position=“left“]ganzen Land abzubauen, um die Menschen zum Autokauf zu zwingen. Zumindest in Detroit war ihr Streben erfolgreich. Dort wurden die Schienen 1955 aus dem Asphalt gerissen, lange Jahre gab es ausschließlich Busse im öffentlichen Personen-Nahverkehr.
Auch wenn sich die Einwohnerzahl Detroits in sechzig Jahren mehr als halbiert hat, die Stadt am Lake Erie ist nach wie vor die Car-Kapitale Amerikas. Gerade wo sich die Automarken des Landes nach der Beinahe-Pleite 2008 wieder in vermeintlich sicherem Fahrwasser finden und der amerikanische Markt mit 14,4 Millionen neuer Autos im vergangenen Jahr zu alter Stärke zurückgefunden hat, zieht die Messe in Detroit wieder Car-Guys -, Auto-Freaks aus der ganzen Welt an. Dieses Mal fehlt keine der namhaften Marken in den Messehallen des Cobo Center, die Scheinwerfer strahlen wieder in voller Stärke. Nicht wie im Krisenjahr 2009, als die Stände der Aussteller fast verwaist aussahen und nicht viel mehr als leises und verängstigtes Flüstern aus sonst so dröhnend dozierenden Manager-Kehlen zu vernehmen war.
Dabei ist Detroit keineswegs nur Autostadt, nicht ohne Grund wurde die Musik einer ganzen Generation wegen ihres dort entwickelten Stils Motown genannt. Auf einen aus der Stadt stammenden Auto-Boss kommen mehr als zehn bekannte Musiker und Künstler. Darunter die Alt-Rocker Suzi Quatro, Ted Nugent, Bob Seger und Alice Cooper oder die Soul-Größen Diana Ross, Aretha Franklin und Smokey Robinson. Mainstream-Rocker Kid Rock hat der Autostadt auf seinem letzten Album einen Song gewidmet, der die alten Helden besingt und auch Henry Ford nicht auslässt. Star-Regisseur Francis Ford Coppola, Atlantik-Flieger Charles Lindbergh und Obama-Herausforderer Mitt Romney stehen auf der Liste berühmter Stadt-Söhne. Nach dem Motown-Sound der siebziger Jahre zählen die Tecno-Beats der Neunziger zu den jüngeren musikalischen Erfindungen der Stadt. Rapper wie Eminem oder Proof fanden in den ausgeweideten Fabrik-Hallen vorzügliche Kulissen für Auftritte und Videoclips.
Der Erfolg allerdings ist ein flüchtiger Gast und immer noch lebt Detroit hauptsächlich vom Automobil. Eine leichte Erhöhung des zurzeit bei 0,60 Euro je Liter liegenden Benzinpreises könnte schon Anlass für den nächsten Absatzeinbruch sein. Denn das seit Jahren meistverkaufte Auto in den Staaten ist immer noch der Ford F, ein Pick-Up mit großer Variantenvielfalt und am liebsten einem V8 unter der Haube, der gewiss nicht zu den sparsamsten Antrieben zählt. Aber der [foto id=“449739″ size=“small“ position=“right“]Pick-Up ist ein Nationalheld Amerikas, er schafft Strohballen, Motorschlitten, Schlachtvieh oder auch das Sturmgewehr dorthin, wo es gebraucht wird und ist deshalb nicht nur Farmers Liebling.
Rund 645.000 Ford-F-Pick-Ups wurden 2012 in den Vereinigten Staaten neu zugelassen, ein Plus zum Vorjahr von mehr als zehn Prozent. Erst auf Rang drei (hinter dem Chevrolet Silverado, der ebenfalls ein Pick-Up ist) rangiert die erste Limousine. Die wird zwar in Amerika gebaut, entsteht aber in den Fabriken von Toyota und trägt den Namen Camry. Gut sei der klassisch Viertürer, heißt es, viele glauben an seine Zuverlässigkeit. Vor allem aber ist er billig, und deshalb haben sich im vergangenen Jahr mehr als 400.000 US-Bürger für den japanischen Wagen entschieden. 22.350 Dollar, knapp 17.200 Euro, kostet die Mittelklasse-Limousine.
In Detroit herrsche mittlerweile ein Fachkräftemangel. Spezialisierte Maschinenbau-Unternehmen finden keine ausgebildeten Mitarbeiter mehr. Doch den Weg zurück in die marode City werden – wenn überhaupt, – nur wenige antreten, bestenfalls bleibt man in den Vororten. Projekte wie das Recultivating, bei dem Industriebrachen saniert und als Grünflächen landwirtschaftlich genutzt werden, geben immerhin etwas Hoffnung, die Stadt wieder lebenswerter und damit attraktiv zu machen. Vielleicht gelingen sie, solange die Auto-Manager ihre Finger davon lassen. Schließlich haben von den mehr als 30 Automarken, die GM in seiner Geschichte gegründet oder einfach aufgekaut hatte, bis heute lediglich elf überlebt.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 15.01.2013 aktualisiert am 15.01.2013
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