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Stolpe – Deutschland ist nicht nur schön, es zieht sich auch. Von Berlin sind es mit dem Auto noch einmal gut zwei Stunden bis in den äußersten Nordosten der Republik. Oranienburg, Löwenberger Land, Gransee, Fürstenberg, Neustrelitz: Hinter Neubrandenburg weitet sich das Land, wirkt flacher, Alleen verlaufen länger geradeaus. Es gibt Seen, Wälder und Felder. Wir sind in Vorpommern. Hinter der Grenze beginnt Polen.
Nichts geht mehr! Ein Traktor versperrt den Weg. Der Bauer hat ihn quer zur holprigen Fahrbahn an den seitlich zum Straßenrand stehenden Hänger gefahren, von dem er in aller Seelenruhe Aussaat in die Schaufel des Traktors schippt. Er hat uns gesehen, aber er lässt sich Zeit. Unsere Entschleunigung beginnt – notgedrungen, doch überaus angenehm nach gut sieben Stunden Fahrt und rund 650 Kilometern. „Kommen Sie erst einmal an“, sagt die Direktion im nahen Gutshaus Stolpe.
Wir haben Glück, erwischen ein sonniges Zeitfenster. Es dauert in der Regel, bis die Vegetation hier anfängt, sich zu entfalten. „Der Frühling kommt hier manchmal etwas später“, findet die Gutsleitung, „ist er dann aber da, sieht es aus, als hätte jemand die Natur in viele verschiedene Farbtöpfe getaucht.“ Im Gutshaus weist man dann auf das satte Grün der Blätter hin, auf Schneeglöckchen, Vogelgezwitscher und blauen Himmel, spricht von der Abgeschiedenheit im positiven Sinn,[foto id=“501063″ size=“small“ position=“left“] „um zu entspannen, die Zeit mit Ruhe und Muße zu verbingen, um Abstand vom Alltag zu gewinnen und die Seele baumeln zu lassen“. Hier, im Vorpommerschen.
Wir sitzen auf der Terrasse. Es ist ziemlich mild an diesem Vormittag. Im mit alten Bäumen bestandenen, weitläufigen Park blühen im Sommer bunt die Blumen. Unten, wo der „Hol öwer“-Fährmann noch immer Wanderer und Radfahrer zum anderen Ufer bringt, fließt die Peene träge dahin. Die Landschaft zu beiden Seiten ist weitgehend naturbelassen.
Vom Kummerower See bis nach Anklam zur Mündung in den Peenestrom, der die Insel Usedom vom Festland trennt, sucht sich der Fluss 85 Kilometer lang seinen Weg. Schilf wächst. Bäume lassen ihre Äste ins Wasser hängen. Altwasserarme zweigen ab. Quellmoore, [foto id=“501064″ size=“small“ position=“right“]Torfstiche, Bruchwälder und Feuchtwiesen breiten sich aus. „Sie können bei uns“, betont die Gutsleitung, „noch Fischotter und Biber in ihrem natürlichen Umfeld sehen, Reiher und Adler.“ An der fischreichen Peene sollen sogar gleich drei verschiedene Adlerarten ihre Nester bauen.
So ruhig und friedlich die Gegenwart scheint, so „kriegerisch und wechselvoll“ ging es laut einer entsprechenden Beschreibung dieser Gegend mitunter in der Vergangenheit zu. Ein Blick in die Geschichte zeigt: Der zum Christentum übergetretene Herzog Wartislaw I. kommt 1136 gewaltsam in Stolpe ums Leben. Der Bruder stiftet 1153 das erste Kloster Vorpommerns, das eine wichtige Rolle bei der Christanisierung des Landes spielt. Nach Einführung der Reformation wird das Kloster säkularisiert, brennt 1637 während des Dreißigjährigen Krieges nieder. Abbruchsteine aus der Ruine sind im über 300 Jahre alten Fährkrug zu sehen, der zum Gut gehört und in dem der Niederdeutsch-Dichter Fritz Reuter später häufiger eingekehrt sein soll. Stolpe wird schließlich persönliche Domäne vom Preußen-„Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I.
Die Liegenschaft des Guts gelangt den Angaben zufolge im 19. Jahrhundert in den Besitz der Familie Bülow. Zusammen mit ihrem Mann Kurt Stürken führt Ursula von Bülow-Maltzan den Betrieb. Die sowjetische Militärverwaltung enteignet 1945 jedoch die Eltern des heutigen Besitzers. Zu DDR-Zeiten beherbergt das Anwesen unter anderem eine landwirtschaftliche Schule. Nach dem Fall der Mauer kauft Stürken-Sohn Kurt das elterliche Gut samt 150 Hektar Wald und Wiesen zurück, macht ein familiengeführtes Landhotel daraus mit dem Ziel, den ursprünglichen Charme und Charakter wieder neu zu beleben. Klar, dass da auch die holprige Pflasterstein-Auffahrt keinesfalls weichen durfte![foto id=“501065″ size=“small“ position=“left“]
Ins Gutshaus nach Stolpe kommen bislang vor allem Gäste aus Berlin und Hamburg, die einmal raus aus der Stadt wollen, im Schnitt drei Nächte bleiben. Das genügt, um nicht nur ein Konzert des Klassikfestivals Mecklenburg-Vorpommern im Gutshaus Stolpe zu hören oder das nahe Anklam mit dem Otto-Lilienthal-Museum zu besuchen.
Die Ausflugsziele rund um Stolpe reichen von der Promenadenhalle und Tauchgondel Zinnowitz über die Trassenheider Schmetterlingsfarm und die Heringsdorfer Naturerlebniswelt bis zum Tropenhaus Basin. Vom Kunstkabinett Benz über Meereskundemuseum Stralsund, Gutsbrennerei und Schloss Zinzow, Pommersches Landesmuseum Greifswald und die Klosterruine Eldena bis zu den Stränden an der Ostsee. Von den Kaiserbädern auf Usedom über den Erlebnispark Rövershagen und den Skulpturenpark Katzow bis hin zum Tollensee in Neubrandenburg.
Oder zur Anklamer Fähre, einer Halbinsel und einem Moor eben im Mündungsgebiet der Peene an einer Meeresenge mit dem Stettiner Haff auf der anderen Seite. Zalew Szczecinski. Aber das ist dann schon Polen.
Vorpommern ist Teil des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern. Wichtigste (Hanse-)Städte sind Stralsund und Greifswald. Auch Usedom, Rügen, Hiddensee, Darß und Zingst gehören zu der Region, wo sich der Tourismus stark entwickelt hat, es noch einige Werften gibt und Landwirtschaft nach wie vor eine große Rolle spielt. Eine lange Küste und die vom offenen Meer getrennte Boddenlandschaft prägen die Region. Bei der Flusslandschaft Peenetal handelt es sich um einen Naturpark. Anklam ist Bahnstation, Heringsdorf auf Usedom und Rostock in Mecklenburg sind die nächsten Regionalflughäfen.
Klimatisch geht es an der Küste maritim, sonst eher kontinental-gemäßigt zu. Stolpe bei Anklam, wo wir im Gutshaus Stolpe (Vier-Sterne-Superior- bis Fünf-Sterne-Niveau, 36 Zimmer/Suiten, nobler englischer Landhaus- oder leichterer Mediterranstil, in einem Park direkt am Ufer der Peene gelegen, www.gutshaus-stolpe.de) untergebracht waren, ist ein rund 350 Einwohner zählendes Dorf im Landkreis Vorpommern-Greifswald. Kulinarische Spezialitäten sind etwa Stolper Kartoffelsuppe mit Anklamer Rauchwurst, Schnäpel-(Fisch), „Heißer Stein“ mit Fleisch, Pelzower Schweinebäckchen, Fährkrugstulle mit Matjes und Spiegelei sowie Stolper Brotzeit mit Daberkower Landwurst. Getrunken wird vor allem Bier. Als Destillate sind verschiedene Sanddorn-Derivate typische Getränke der Region. Information: Regionaler Fremdenverkehrsverband Vorpommern, Fischstraße 11, 17489 Greifswald, Telefon 03834-8910, www.vorpommern.de.
In Vorpommern kann man noch entspannt Auto fahren. Der Verkehr hält sich mit Ausnahme der Ferienmonate in Grenzen. Zur Urlaubszeit nimmt er auf den Zufahrtsstraßen zur Küste und zu den Inseln wie Usedom dann aber doch ziemlich zu. Aus Richtung Hamburg reist man am besten auf der Ostsee-Autobahn A20 über Rostock, aus Richtung Berlin auf der Bundesstraße 96 über Neubrandenburg an.
geschrieben von auto.de/reise/Günther Koch/KoCom veröffentlicht am 21.02.2014 aktualisiert am 21.02.2014
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