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Ja, ja, die Berliner Luft. Eigentlich erfreulich sauber war sie 2007, bevor am 1. Januar 2008 die Umweltzone Berlin eingerichtet wurde. Gerade einmal 29 Tage mit Überschreitung des Feinstaub-Maximums von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter wurden an der Messstelle mit den meisten Überschreitungen registriert und im Grunewald in 3,5 Meter Höhe sowie weit draußen in Buch waren es gerade einmal neun – für das ganze Jahr.
Eigentlich wäre es gar nicht nötig gewesen, bei solchen Werten überhaupt eine Umweltzone einzurichten – aber man tat es trotzdem. Und zum Jahreswechsel 2010 wurden die Einfahrtbeschränkungen sogar noch verschärft. Obwohl bis zu diesem Termin niemand schlüssig beweisen konnte, dass die bisherigen Verkehrsverbote tatsächlich zu einer Minderung der Feinstaubwerte beigetragen haben, die tatsächlich sogar noch zugenommen haben.
Und das in den letzten Wochen in nie geahntem Ausmaß. Denn nach nur einem Monat des Jahres 2010 schrillen die Alarmglocken, herrscht in Berlin im Sinne des Wortes „dicke Luft“. Bereits drei Messstellen in der Stadt haben nach nur 31 Tagen 20 von insgesamt 35 zulässigen Überschreitungen registriert, und selbst im Grunewald und in Buch liegen die Überschreitungen mit 14 und 13 Tagen in nur einem Monat so hoch wie noch nie in den bis zum 1.1.2005 zurückreichenden Tabellen des Umweltbundesamtes. Ja selbst im Spreewald wurden ebenfalls schon 13 Überschreitungstage protokolliert. Damit sind in der Stadt bereits 57 und in den grünen Zonen der Stadt ebenso wie im Spreewalds bereits 40 Prozent des Jahresbudgets verbraucht.
Noch viel dramatischer als die Zahl der Überschreitungstage sind die absoluten Messwerte für diese Tage. Denn die liegen für die City-Messstellen teilweise bei 90 bis 146 Mikrogramm/Kubikmeter, und selbst im Grunewald bei bis zu 115 und in Buch bei bis zu 104 Mikrogramm pro Kubikmeter. Das sind zwischen dem Doppelten bis knapp Dreifachen des Tageshöchstwertes, der im Spreewald sogar bis zu 160 Mikrogramm/Kubikmeter erreichte. Es überrascht allerdings, dass man davon in öffentlichen Verlautbarungen nichts hört. Denn obwohl das Gesetz vorschreibt, dass die Öffentlichkeit möglichst schnell über auftretende Feinstaubbelastungen und Überschreitungen informiert werden soll, schweigen die zuständigen Stellen pflicht- und gesetzeswidrig.
Denen hat die Entwicklung offensichtlich die Sprache verschlagen. Denn wenn die hohen Belastungen auch nur noch ein paar Wochen anhalten, besteht, wie es Politiker gern auszudrücken pflegen, schon bald Handlungsbedarf. Denn die Gesetzeslage ist eindeutig: Mit dem 1.1.2005 ist „zum Schutz der menschlichen Gesundheit“ der Tagesgrenzwert für Feinstaub von maximal 50 Mikrogramm/Kubikmeter „in Kraft getreten“. Und diese Regelung ist geltendes EU-Recht und auf jeden Fall einzuhalten. Basta! Gelingt das nicht, drohen horrende Bußgelder – die an der Situation allerdings nichts verändern, aber die Brüsseler Kassen füllen.
Das große Problem für Berlin ist nämlich, dass sich eigentlich alle Verantwortlichen darüber einig sind, dass Hauptverantwortlicher für die dramatische Entwicklung der Feinstaubbelastung in Berlin das Wetter ist, da Winde Schadstoffe über große Entfernungen in die Stadt transportieren. Aber das Wetter und seine Winde gehorchen nun einmal weder der EU-Gesetzgebung noch nationalen Parlamentsbeschlüssen, selbst wenn die mit überwältigender Mehrheit getroffen werden. Und auch eine Klage gegen das Wetter ist alles andere als Erfolg versprechend. Wer also handeln muss, weil es die Brüsseler Gesetze so verlangen, muss dort ansetzen, wo das konkret möglich ist.
Das aber bedeutet, die bereits strengen Luftreinhaltemaßnahmen drastisch zu verschärfen, wie es ein Zeitungsleser vorschlägt. Von dem Tag an, an dem die 35 Überschreitungen erreicht sind, „sollten deshalb nur noch erwiesen notwendige Fahrten etwa zur Belieferung von Geschäften und Betrieben erlaubt sein. Alle anderen Fahrten insbesondere mit Pkws sind dann außer bei Behinderten zu verbieten“.
Die vor Gesundheitsgefahren durch Feinstaub zu schützenden Berliner Bürger gehen dann eben zu Fuß oder fahren mit dem Rad. Die S-Bahn als öffentliches Verkehrsmittel hat sich in den letzten Monaten sowieso schon diaqualifiziert, die U-Bahn wird wegen der hohen Staubaufwirbelung in den Tunnelstrecken und der damit verbundenen Gesundheitsgefahren sicherheitshalber stillgelegt, Dieselmotoren werden grundsätzlich verboten – ausgenommen Polizei, Feuerwehr und Politiker –, Heizen mit Öl und festen Brennstoffen wird streng limitiert, und Kochen auf offenem Feuer und Grillen sowie Rauchen werden untersagt.
Für den Fall, dass trotz dieser Maßnahmen die Feinstaubgrenzwerte nicht eingehalten werden können, wird ein Krisenstab unter Leitung des Regierenden Bürgermeisters eine Roadmap „Berlin holt Luft – für ein erfülltes Leben trotz PM10“ erarbeiten und zur Erhöhung der Lebensqualität in Berlin ein flächendeckendes System zur Versorgung der Bevölkerung mit absolut feinstaubfreier Atemluft aus bepfandeten Mehrweg-Pressluftflaschen installieren. Zur Vereinfachung der Abrechnung wird zusammen mit den Sonderzahlungen zur Krankenversicherung eine monatliche „Atemluftqualitätsverbesserungsprämie“ erhoben. Der Berliner Senat wird die in der Hauptstadt gesammelten Erfahrungen natürlich auch den Bürgern des Spreewaldes zugänglich machen, bei denen die Feinstaubwerte noch wetterabhängiger sind als in der Großstadt.
Genug der Satire. Aber es kann durchaus passieren, dass es Berlin bei entsprechenden Wetterbedingungen trotz verschärfter Luftreinhaltemaßnahmen nicht gelingt, die laut Gesetz geforderten Grenzwerte einzuhalten – es sei denn, man entscheidet sich für eine ganz einfache Lösung. Da nämlich die so stark von Wetterbedingungen abhängigen Feinstaubgesetze überhaupt nicht funktionieren können und damit trotz des Begriffs „Gesetz“ Unsinn sind, sollte man sie schlicht dorthin entsorgen, wo sie hingehören: auf den Gesetzesmüll.
Am besten macht man das gleich im Paket mit den Verordnungen zur Umweltzone, obwohl die sich sowieso schon bald von selbst erledigt. Da deren Fahrverbote zwangsläufig zum Ersatz der ausgesperrten durch umweltzonentaugliche Fahrzeuge führen, wird schon in wenigen Jahren der gesamte Fahrzeugbestand in der Umweltzone fahren dürfen. Die sie markierenden und leider auch teuren Verbotsschilder werden dann nur noch dekorative Bedeutung haben. Schade nur, dass weit mehr als 45 Millionen deutsche Fahrzeuge und Millionen ausländischer Autos trotzdem eine Plakette für fünf Euro tragen müssen – das sind allein bei deutschen Fahrzeugen 225 Millionen Euro für überflüssige Plastikaufkleber, für die eine verantwortungsvoll mit ihren begrenzten Mitteln umgehende Gesellschaft eigentlich eine sinnvollere Verwendung haben sollte.
Es wird höchste Zeit, dass sich Bürger eine so unsinnige Geldverschwendung ebenso wie unsinnige Gesetze nicht länger aufzwingen lassen. Und das heißt, dass in unserer Gesellschaft endlich Regeln und Institutionen entwickelt werden müssen, die es erlauben, solche Fehlentwicklungen inhaltlich zu korrigieren – gegebenenfalls auch durch Aktivieren bereits vorhandener, aber bislang nicht ausreichend genutzter Mechanismen. Es kann nicht sein, dass Gesetze unter völliger Missachtung von Naturgesetzen und den Regelsystemen der Erde, nach denen dieser Globus „tickt“, erlassen werden, weil es dem Gesetzgeber an Wissen über solche Zusammenhänge und damit der nötigen Kompetenz mangelt.
Das ist von elementarer Bedeutung mit Blick auf eine immer umfassendere „Klimagesetzgebung“, die daran scheitern muss, dass Klima eine durch Menschen ebenso unbeherrschbare Größe ist wie die Verschiebung der Kontinentalplatten, der Vulkanismus, die Auffaltung der Hochgebirge sowie die Strömungen der Meere und die Passatwinde.
Viel aktuelle Politik agiert in diesem Bereich mit Perspektiven von Jahrzehnten bis Jahrhunderten, von den indiskutablen Ansprüchen an eine für Millionen Jahre garantierte Sicherheit für Atommülllager ganz zu schweigen. Solche Politik erscheint spektakulär, ist aber mit keinerlei direkter Verantwortung für die Macher verbunden. Sie ist rein deklamatorisch und in diesen Zeitdimensionen weder kontrollier- noch überprüfbar.
Statt eines globalen „Klimawandelverlangsamungsgesetzes“, das zu formulieren Kopenhagen erst jüngst grandios gescheitert ist, ist eine sehr viel bodenständigere Politik nötig. Die erschöpft sich dann auch nicht in anspruchsvollen Deklarationen, sondern ist mit harter Arbeit verbunden, denn es steht außer Zweifel, dass sich das Weltklima verändert – permanent und nicht erst seit der Industrialisierung und in manchen Phasen sogar verblüffend schnell.
Dammbau gegen möglicherweise steigende Meeresspiegel, verantwortungsvolle Landnutzung, Maßnahmen gegen die Überfischung der Meere, Ressourcenschutz, sinnvolle Luftreinhaltung, nachhaltige Energieerzeugung sowie schnelle Hilfe nach Naturkatastrophen wie jüngst in Haiti – es gibt viel sehr Naheliegendes zu tun. Wenn im Rhein oder der Spree wieder Fische leben und man dort bedenkenlos baden kann und die Luft in einer Stadt wie Berlin tatsächlich so sauber ist, wie seit Jahrzehnten nicht mehr, dann dürfen wir uns nicht durch unsinnige Gesetze einreden lassen, sie sei gesundheitsschädlich.
Es wird höchste Zeit, dass endlich einmal eine Stadtverwaltung aufsteht und sich wehrt gegen Gesetze, die so unsinnig sind wie die Brüsseler Feinstaubregelungen, und unmissverständlich sagt: Hier machen wir nicht mehr mit. Berlin mit seinen aktuellen Feinstaubproblemen, die eigentlich gar keine sind und auch durch Berliner Aktivitäten nicht gelöst werden können, hat hier eine Chance, Pionierarbeit zu leisten – vorausgesetzt, es dämmert endlich in einigen verantwortlichen Köpfen.
geschrieben von auto.de/(auto-reporter.net/Ingo von Dahlern) veröffentlicht am 08.02.2010 aktualisiert am 08.02.2010
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