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Messen sind Stimmungsbarometer. Wenn diese Marketingweisheit auch für die Los Angeles Auto Show zutrifft, dann erleben die Journalisten hier zur Zeit das Heraufziehen eines großen Donnerwetters. Denn es sind nicht die Rauschschwaden der Feuerkatastrophe rund um die Stadt, die das Geschehen auf der hier buchstäblich verdunkeln.
Der Chrysler-Stand liegt komplett im Dunkeln, die Autos der Marken Chrysler, Dodge und Jeep stehen herum wie geparkt. Kein Personal auf dem Stand, und nur ab und zu verirrt sich ein Fotograf aufs Chrysler-Territorium. Gleich in der Nähe stehen die Fahrzeuge der General Motors-Marken Chevrolet, Saturn, Hummer, GMC – immerhin beleuchtet, aber ohne Personal und fast ohne Besucher.
Der Gang in der Messehalle Süd wird so zur Grenze zwischen zwei Auto-Welten. Auf der einen Seite zwei der Großen Drei, auf der anderen Seite Volkswagen, Audi und BMW – hell, selbstbewusst und überfüllt. Was für Bild an einem Tag, an dem auf der anderen Seite des Kontinents in Washington die amerikanischen Auto-Chefs um Kredit bitten.
Nur Ford stellt sich den Journalisten mit einem Stand voller Neuheiten und einem Auftritt, der Zuversicht verbreitet. Ford steht allerdings wirtschaftlich auch weit besser da als GM und Chrysler. Schon bemerkenswert, wie sich das wirtschaftliche Ergebnis in der Außendarstellung ausdrücken kann: Bei Chrysler gehen schon die Lichter aus, scherzt da so mancher Journalist beim Blick auf deren Stand.
So war das vermutlich nicht gemeint, als man in Detroit beschloss, auf der Messe kurz zu treten.[foto id=“55881″ size=“small“ position=“right“] Eher wollte man wohl den Fragen der vielen Hundert Journalisten aus dem Weg gehen, solange man aus Washington nichts Konkretes zu berichten hatte. Aber vor dem Hintergrund, dass Chrysler-Chef Nardelli gestern vor dem Senatsausschuss eingestand, sein Unternehmen brauche schnell Geld, bekommen Sparaktionen wie diese plötzlich symbolische Bedeutung.
Vielleicht hatten sich GM und Chrysler aber auch die Politiker-Schelte vom Vortag zu Herzen genommen. Die hatten alle drei Bosse dafür gerügt, dass jeder von ihnen mit dem Privatjet seiner seinem Firma nach Washington reiste. Das passe nicht zur Situation der Branche. Wie man sieht, bekommen solch symbolische Themen – in Deutschland gern „Peanuts“ genannt – auch in den USA auf einmal ungeahntes Gewicht und tragen dazu bei, der Branche das Verhandeln um Geld zu erschweren.
Viele Sympathien haben die Bosse sowieso nicht auf ihrer Seite. Amerikanische Journalisten beneiden die Deutschen jedenfalls um ihre Automobilindustrie. Die sei gut aufgestellt, sagt man. Dabei hat dieses Mal BMW den Vogel abgeschossen. Der Mini E wird staunend zur Kenntnis genommen, und die Münchner können sich kaum noch vor den Fragen retten, wann der denn zu kaufen sein wird.
Die Amerikaner haben auf einmal das Elektroauto entdeckt. Erst reagierten sie völlig hingerissen auf den Hybridantrieb. Dann musste es die Brennstoffzelle sein. Jetzt ist es das rein batterieelektrisch betriebene Fahrzeug, dem die Zukunft gehören soll. Manche sehen offenbar im [foto id=“55882″ size=“small“ position=“left“]Batterieauto eine weitere Chance, mit bestehenden Konzepten die Zukunft zu gestalten. Wie anders könnte man sonst einen Elektro-Jeep verstehen?
Der Irrglaube, neue Antriebe könnte die Dinosaurier am Leben halten, hatte ja schon im vergangenen Jahr zur Auszeichnung eines GM-Sports Utility Vehicle als das „Grüne Auto des Jahres“ geführt, weil er einen Hybridantrieb hatte, allerdings immer noch 13 Liter Benzin auf 100 Kilometer konsumierte. Es gehört nicht viel Prophetie dazu vorherzusagen, dass in diesem Jahr ein deutscher Diesel diesen Lorbeer heimholt.
Diese Auszeichnung eines Ausländers wird in Washington hoffentlich nicht zum Argument derer werden, die sagen, die amerikanische Automobilindustrie sei nicht zu retten. Also solle man sie besser jetzt sterben lassen, als das Leiden zu verlängern. Mitt Romney, ein früherer Gouverneur von Massachusetts und in den Vorwahlen gescheiterter Präsidentschaftskandidat der Republikaner brachte ganz Detroit auf die Palme mit der dem Satz, den er in der „New York Times“ schrieb: „Die brauchen die Wende und keinen Scheck“.
Immerhin gesteht er damit allen drei Unternehmen damit eine Zukunft zu. Andere spekulieren, man müsse mit Chrysler und GM die beiden am heftigsten Angeschlagenen fusionieren. Die abenteuerlichsten Varianten kommen auf den Tisch. Doch kaum jemand glaubt daran, dass auch nach einem Kredit die Dinge mit demselben Management so weiterlaufen können wie bisher.
Die amerikanische Automobilindustrie weiß seit Jahren um ihre Probleme. Bei den Produkten [foto id=“55883″ size=“small“ position=“right“]sieht das seit einiger Zeit. Auf einmal tragen auch Kleinwagen amerikanische Markenzeichen, und viele befinden sich auf der Suche nach einer Formulierung, mit der sie belegen können, dass ihre Autos den geringsten Verbrauch ihrer Klasse aufweisen.
Dabei vergessen sie gern, dass es den Dieselmotor gibt. Nun hat sich auch BMW bei denen eingereiht, die auch in den USA dem sauberen Diesel das Wort reden. Mit Erfolg offenbar, denn die amerikanischen Journalisten spotten längst nicht mehr über den stinkenden Selbstzünder.
Soviel Erfolg und Lob für die deutsche Automobilindustrie ist sicher kein Anlass zur Schadenfreude. Was immer in den USA mit den Drei Großen geschieht, wird nicht ohne Folgen für unsere Wirtschaft bleiben. Zu eng sind die Verflechtungen zum Beispiel bei den großen Zulieferern wie Bosch und Continental mit ihren Werken in den USA, als das man gelassen zuschauen könnte.
Die deutschen Hersteller werden ebenso wenig wie die japanischen einfach in die Bresche springen können, wenn ein Amerikaner aufgibt. Der Amerikaner an sich neigt im Zweifelsfall zu nationalistischen Entscheidungen, und von den Demokraten, zu denen der Präsident elect Barak Obama ja nun einmal gehört, weiß man, dass sie schnell die Grenzen schließen, wenn’s eng wird. Spannende Zeiten, und wir können sagen, wir sind dabei gewesen.
geschrieben von (ar/Sm) veröffentlicht am 23.12.2008 aktualisiert am 23.12.2008
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