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Den Zündschlüssel eine halbe Umdrehung nach rechts. 21, 22, 23 zählen, noch ein paar Sekunden warten, weiterdrehen – und hoffen, dass der Motor anspringt. „Vorglühen“ hieß diese Geduldsprobe damals, und was danach kam, war nicht viel besser. Denn es gab eine Zeit, da galt der Diesel gemeinhin als lauter, unkomfortabler Stinker. Zwar verbrauchsgünstig, robust und preiswert in der Anschaffung, dafür aber mit Begriffen wie Fahrkomfort, Laufkultur und Dynamik beim besten Willen nicht in Einklang zu bringen.
Über 80 Jahre nach dem ersten Pkw-Einsatz im Mercedes 260D, 25 Jahre nach der Einführung des ersten TDI-Motors im Audi 100 und knapp 20 Jahre nach der Premiere der Common-Rail-Technik in Autos wie dem Alfa 156 (1997) und der Mercedes C-Klasse (1998) hat sich das Bild vom Diesel gründlich gewandelt. Der Selbstzünder hat LeMans gewonnen und Geschwindigkeitsrekorde gebrochen. Er ist noch sparsamer und deutlich schneller geworden und hat es so zum Liebling der Kilometerfresser in potenten Dienstwagen gebracht. Er ist zumindest innen so leise, dass die Entwickler den Sound bei manchen Autos mittlerweile sogar künstlich verstärken müssen.
Und er ist dank konventionellem Katalysator, Rußfilter und Stickoxid-Falle[foto id=“518891″ size=“small“ position=“right“] mit Harnstoffbeimischung so sauber, dass die Luft, die hinten heraus kommt, oft reiner ist als die, die vorne rein geht. Doch genau das ist das Problem: Die anhaltende Aufrüstung der Diesel auf der einen Seite und die immer strengeren Schadstoffnormen auf der anderen Seite machen die Motoren extrem kompliziert – und teuer. Viele hunderttausend Kilometer Laufleistung mag sich damit keiner mehr vorstellen. Und mit einem halben Chemiewerk an Bord will das bald auch niemand mehr bezahlen. Weil dazu auch die Benziner immer sparsamer werden und der Siegeszug der Hybriden kaum aufzuhalten scheint, stimmen viele schon den Abgesang auf den Dieselmotor an und wollen das Konzept so langsam ad acta legen.
Das könnte etwas voreilig sein, mahnt Stefan Pischinger vom Lehrstuhl für Verbrennungskraftmaschinen an der RWTH Aachen University: „Die weltweit fortschreitende Limitierung der verkehrsbedingten CO2-Emissionen verlangt nach höchster Effizienz im Antriebsstrang. Weil der direkteinspritzende Dieselmotor nach wie vor das Aggregat mit dem höchsten thermischen Wirkungsgrad ist, ist er für die Erfüllung dieser Ansprüche die erste Wahl, “ sagt der Professor. Zwar gesteht er dem Benziner durchaus Fortschritte bei der Verbrauchsabsenkung zu. „Doch den Sparkurs beim Ottomotor gibt es ebenfalls nicht zum Nulltarif und die Hybridisierung verbessert die Kostensituation für den Dieselmotor massiv“, argumentiert der Experte. Außerdem biete der Selbstzünder über eher konventionelle und damit kostengünstige Technologieansätze nach wie vor noch ein erhebliches Potential zur Verbrauchseinsparung. Wie viel Luft noch im Diesel ist, zeigen ein paar ganz unterschiedliche Ansätze aus den Entwicklungsabteilungen der Fahrzeughersteller.
Die womöglich dickste Lanze für den Diesel bricht VW im neuen Passat. Denn mit der Premiere der Baureihe B8 gibt auch ein neuer Power-Diesel seinen Einstand, den Entwicklungschef Hein-Jakob Neußer als den „stärksten jemals von VW angebotenen Vierzylinder-TDI“ feiert. Dass der Motor bei 2,0 Litern Hubraum auf 240 PS und ein maximales Drehmoment von 500 Nm kommt, liegt laut Neußer vor allem an einem deutlichen Druckanstieg: Zwei kombinierte Lader ermöglichen einen Luftdruck von bis zu 3,8 bar , der Kraftstoff wird durch neue Düsen mit bis zu 2.500 bar in die Zylinder gespritzt und der Verbrennungsdruck steigt auf 200 bar. Kein Wunder, dass die Niedersachsen den gesamten Motor entsprechend verstärken mussten, um ihn für diese Beanspruchung zu wappnen. Obwohl deutlich kräftiger als der bisherige Spitzendiesel im Passat, soll der neue Motor aber kaum mehr verbrauchen: Wo das 177 PS-Aggregat bestenfalls mit 4,6 Litern zufrieden war, stellt Neußer für den Powerdiesel einen Normwert von 5,0 Litern in Aussicht.
Dass damit die Grenze des Machbaren noch nicht erreicht ist, zeigt gerade die Konzernschwester Audi. Die Bayern feiern das 25jährige TDI-Jubiläum mit einem Prototypen auf Basis des Sportwagens RS5, in dem sie dem sie erstmals öffentlich mit einem elektrischen Turbolader für den Diesel-Motor experimentierten. Sein V6-Motor holt aus drei Litern Hubraum 385 PS und maximal 750 Nm und beschleunigt so rasant, dass ein benzinbetriebener RS5 mit seinem 450 PS starken V8-Motor und einem Sprintwert von 4,6 Sekunden keine Chance hat.
„Wir wollen dem Diesel noch einmal einen Kick geben“, sagt TDi-Chefentwickler Ulrich Weiss und lobt den eBooster als wirkungsvolle Waffe im Kampf gegen das Turboloch. [foto id=“518893″ size=“small“ position=“right“]Während normale Lader in der Regel zwei und im besten Fall noch immer eine Sekunde brauchen, bis sie so richtig auf Touren kommen, beschleunigt der Elektromotor das Turbinenrad hier binnen 200 Millisekunden auf 72.000 Umdrehungen und verhilft dem Motor so zur nötigen Spontanität: „Ein, zwei Sekunden beim Anfahren oder beim Beschleunigen aus der Kurve heraus reichen schon aus, um den gewünschten Effekt zu erzielen“, erläutert Weiss. Auch diese Technik geht nicht zu lasten des Verbrauchs, rechnet der Entwickler vor. Wo der A5 V6 TDI mit 245 PS bislang mit 5,7 Litern in der Liste steht, stellt Weiss für den Prototypen einen Verbrauch von weniger als fünf Litern in Aussicht.
So gut sich die Wuchtbrumme in dem Technologieträger bei einer ersten Testfahrt schon anfühlt, so herb muss Weiss die Hoffnungen auf einen Sportdiesel im RS5 enttäuschen. „Ganz so schnell wird der Motor dann doch nicht kommen“, dämpft er die Erwartungen. Denn damit die Turbine so schnell läuft, braucht es ein Bordnetz mit 48-Volt. Und das ist erstens teurer als der eLader, der kaum mehr kostet als ein konventioneller Turbo, und zweitens so aufwändig, dass es wohl erst mit einer komplett neuen Fahrzeuggeneration kommt. Der nächste Q7 oder der neue A4 könnten dafür die heißesten Kandidaten sein, deutet Weiss an.
Während VW und Audi an der Leistungsschraube drehen, verordnet Mercedes dem Diesel gerade einen strengen Sparkurs und greift dabei auf ein vermeintlich simples Bauteil zurück: Den Kolben. Ihn wollen die Schwaben künftig nicht mehr wie in den letzten Jahrzehnten aus Aluminium, sondern wieder wie in den Kindertagen des Diesels aus Stahl fertigen und allein damit bis zu drei Prozent Sprit sparen. In den Hochzeiten des Leichtbaus klingt das zwar erst einmal ziemlich widersinnig, räumt Joachim Schommers ein, der die Motorenentwicklung in Sindelfingen leitet. Doch für den Wechsel sprechen vor allem zwei Gründe: Weil Stahl die Wärme nur etwa ein Viertel mal so gut leitet und damit aus dem Brennraum abführt wie Aluminium, arbeitet ein Diesel mit den neuen Kolben bei höherer Temperatur und deshalb effizienter. Und weil sich Stahl unter Wärme zudem weniger stark ausdehnt, kann das Kolbenspiel feiner justiert und so die Reibung minimiert werden, so Schommers weiter. Den Gewichtsnachteil von Stahl wollen die Schwaben mit der größeren Stabilität kompensieren: Die Kolben können flacher und damit im besten Fall sogar leichter werden als solche aus Aluminium, sagt Schommers und ist überzeugt, dass sich diese Technik durchsetzen wird. Mercedes kommt damit im Sechszylinder OM642 in der E-Klasse, baut die Technik danach in einem Vierzylinder auch in der C-Klasse und den Frontantriebsmodellen ein.
Davon unbenommen steht der Diesel unter einem enormen Kostendruck und tut sich deshalb zumindest bei den Kleinwagen entsprechend schwer. Für Modelfamilien wie VW Up, Seat Mii und Skoda CitiGo oder die neuen Drillinge Citroen C1, Peugeot 108 und Toyota Aygo wird er deshalb gar nicht erst angeboten. Doch das könnte sich bald wieder ändern, ist Motorenbau-Professor Pischinger überzeugt:[foto id=“518894″ size=“small“ position=“left“] „Zwar wird die Dominanz der Diesel vor allem auf die großen, schweren und auf der Langstrecke eingesetzten Fahrzeuge beschränkt bleiben. Aber mit den sich verschärfenden Emissions- und Verbrauchsgrenzwerten erwächst gerade wieder ein verstärktes Interesse, an kleinen, kostenattraktiven Dieselmotoren für die Einstiegssegmente“ erwartet der Experte.
Den ersten Beweis dafür liefert gerade Mazda und stellt einen neuen 1,5-Liter großen Vierzylinder vor, der in der nächsten Generation des Kleinwagens Mazda2 zum Einsatz kommen soll. Er leistet 105 PS, hat mit 250 Nm so viel Drehmoment wie ein 2,5 Liter großer Benziner und überrascht mit Kunstgriffen wie der niedrigsten Verdichtung in seiner Klasse oder einem ausgeklügelten Schutz gegen Kühlverluste. Das Ergebnis: Der Motor soll nicht nur ausgesprochen sparsam, sondern auch extrem sauber sein und ohne teure NOx-Katalysatoren die kommenden Schadstoffnormen erfüllen, verspricht ein Mazda-Entwickler: „Damit haben wir den Kostennachteil des Diesels überwunden.“
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 10.07.2014 aktualisiert am 10.07.2014
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Gast auto.de
Juli 10, 2014 um 5:20 pm UhrUnd er ist dank konventionellem Katalysator, Rußfilter und Stickoxid-Falle mit Harnstoffbeimischung so sauber, dass die Luft, die hinten heraus kommt, oft reiner ist als die, die vorne rein geht.
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Totaler Quatsch! Direkt aus dem Marketing abgeschrieben?