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Weltweit müssen Autos künftig deutlich sparsamer werden. Bis zur Mitte des kommenden Jahrzehnt verlangt die EU für die Neuwagenflotte eine Verbrauchsreduzierung von 30 Prozent, die Chinesen haben sich 45 Prozent als Ziel gesetzt, die Amerikaner sogar 50 Prozent. Weil der Diesel für Pkw weltweit kaum eine Rolle spielt, werden sich die Ziele nur mit stark verbesserten Ottomotoren erreichen lassen. Die wichtigste Rolle bei der Effizienzsteigerung fällt dann der besonders sparsamen Benzindirekteinspritzung zu. Doch noch hat sie einen gravierenden Nachteil: die starke Rußentwicklung.
Bisher hat das Feinstaub-Problem den Siegeszug der direkten Einspritzung des Kraftstoffs in den Brennraum per Ventil oder Injektor nicht aufhalten können. Zu groß sind einfach die erzielbaren Verbrauchsvorteile: Im Vergleich zur herkömmlichen Saugrohreinspritzung werden rund 15 Prozent weniger Sprit auf 100 Kilometern benötigt. Gleichzeitig erhöht sich der Fahrspaß, weil schon bei niedriger Motordrehzahl mehr Durchzugskraft anliegt.
Seit der Volkswagen-Konzern Anfang des Jahrtausends die Technik in ihrer modernen Form – kombiniert mit Turboaufladung und verkleinertem Hubraum – unter den Labeln TSI und TFSI im großen Stil eingeführt hat, ist sie zumindest bei den deutschen Herstellern mittlerweile fast zum Standard geworden. Ford bietet sie unter der Bezeichnung Ecoboost an, bei Opel heißt sie DI-Turbo und bei Mercedes CGI. Ab der oberen Mittelklasse gibt schon heute es kein Auto mehr, das nicht mit Direkteinspritzung fährt, sieht man von Exoten wie McLaren und Aston Martin ab. Doch auch in den kleineren Klassen wird sich die Technik rasant verbreiten und die heute noch häufig anzutreffende Einspritzung ins Saugrohr vor dem Zylinder verdrängen. „Die Geschäfte mit der Benzin-Direkteinspritzung wachsen stark“, so Rolf Bulander, Geschäftsführer beim Zulieferer Bosch. Für 2016 rechnet er damit, dass allein in Europa jeder zweite neue Benziner seinen Sprit direkt in den Brennraum injiziert. Eine saubere Sache also, die sparsamen Direkteinspritzer. Wäre da nicht die starke Rußbildung.
Lange Zeit kannte man das Problem vor allem vom Diesel. Doch seit strengere Abgasnormen den Partikelfilter obligatorisch gemacht haben, ist der Selbstzünder in dieser Hinsicht fast so ein Saubermann wie der herkömmliche Benzinmotor mit Saugrohreinspritzung. Die Direkteinspritzung aber verkehrt das Verhältnis nun ins Gegenteil: entsprechende Motoren stoßen bis zu zehnmal mehr gesundheitsschädliche Rußpartikel aus als aktuelle Diesel. Noch dürfen sie das, rechtlich gesehen; doch wenn ab 2017 die Abgasnorm Euro 6c greift, erhalten auch sie Rauchverbot. Dann ist der Benziner normativ eingekeilt. Von den Verbrauchsvorgaben einerseits und den Abgasgrenzwerten auf der anderen Seite.
Der größte Vorteil der Direkteinspritzung ist in dieser Hinsicht auch ihr größter Nachteil: die sogenannte innere Gemischbildung. Weil der zündfähige Sprit-Luft-Mix nicht schon im Saugrohr gebildet werden muss, sondern besser dosiert erst im Zylinder selbst entsteht und diesen dabei kühlt, kann er besonders effizient, mit viel Frischluft und mit hoher Verdichtung angerührt werden. Das ist gut für den Verbrauch. Allerdings schlagen sich dabei einige der winzigen Sprit-Tröpfchen an der Zylinderwand und dem Kolben nieder, wo sie nicht vollständig verbrennen – und als Rußpartikel den Motor wieder verlassen.
Beim Diesel – übrigens längst schon ein Direkteinspritzer – hieß die Lösung „Rußpartikelfilter“. Auch beim direkt einspritzenden Benziner würde dieser das Emissions-Problem beheben – allerdings mit den vom Selbstzünder bekannten Nachteilen. Der Verbrauch würde steigen, der Platzbedarf für den Abgasstrang wachsen und regelmäßig reinigen müsste man den Filter letztlich auch irgendwie. Zulieferer sind jedoch überzeugt, den feinporigen Klotz im Auspuffrohr gar nicht zu brauchen und das Problem innermotorisch lösen zu können.
„Da wir durch umfangreiche Simulationen, Motormessungen und Fahrzeugversuche mittlerweile wissen, in welchen Bereichen des Brennraums, an welchen Komponenten und bei welchen Fahrzuständen sich Partikel bilden, können wir nun zielstrebig mit Änderungen beginnen und diese in Serie bringen“, glaubt Sebastian Schilling, Benziner-Experte beim Zulieferer Delphi. Er setzt beispielsweise auf innovative Injektor-Konzepte und Spritzloch-Geometrien, um den Kontakt des Kraftstoffs mit der Zylinderwand, Kolben und Injektorspitze zu verhindern. Einen ähnlichen Ansatz hat Stefan Seiberth, Vorsitzender des Bereichsvorstands Gasoline Systems vom Wettbewerber Bosch. Die Stuttgarter bohren die Löcher ihrer Einspritzventile seit kurzem hochpräzise per Laser, wodurch nicht nur eine feinere Zerstäubung des Kraftstoffs möglich ist, sondern auch eine Steuerung der Einspritztiefe in den Brennraum. Dadurch wird der Kontakt mit metallenen Motorteilen vermieden. Bosch wurde dafür 2013 mit dem Deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet. Zudem arbeiten beide Zulieferer unter anderem an einer Druckerhöhung bei der Einspritzung über die aktuell üblichen 200 bar hinaus. Bosch rechnet mit künftig rund 300 bar.
Ganz vom Tisch ist die Filter-Lösung aber trotzdem nicht. Denn letztlich kann sich jeder Autohersteller frei entscheiden, ob er eher auf ein aufwendiges Einspritzsystem oder auf einen Rußfilter setzt. Wie teuer der von den strengeren Verbrauchs- und Emissionsnormen getriebene Siegeszug der Benzindirekteinspritzung den Autokäufer kommt, ist schwer zu sagen. Vergleicht man allein die Preise von Autos mit und ohne Direkteinspritzung (etwa beim Opel Astra 1.6 Turbo und 1.6 Di-Turbo) kommt man auf rund 600 Euro Aufschlag. Mit der Einführung von Euro 6c dürfte sich der Wert noch einmal erhöhen, entweder, weil die Einspritztechnik möglicherweise aufwändiger werden muss oder eine Abgasnachbehandlung per Filter bezahlt werden will. Noch härter als die Benziner-Käufer trifft es aber die Diesel-Kunden, denn die kommen künftig wohl nicht um vierstellige Kostensteigerungen herum. Denn das Rußproblem ist zwar gelöst, nun müssen aber auch die Stickoxidemissionen durch aufwendige Reinigungssysteme minimiert werden.
Bekannt ist die Benzindirekteinspritzung schon seit den 50er-Jahren. Premiere feierte sie beim Stuttgarter Autohersteller Gutbrod in den Modellen Goliath und Superior. Kurz darauf kam sie auch beim Mercedes 300 SL zum Einsatz, in erster Linie zur Leistungssteigerung. Bis dato war ein Vergaser üblich, um aus dem flüssigen Kraftstoff ein brennbares Gemisch zu machen. Ende der 50er-Jahre kamen dann die ersten Einspritzsysteme auf, die den Kraftstoff dann aber in der Regel nicht direkt in den Brennraum Injizierten, sondern in das vorgelagerte Saugrohr, wo er sich mit Luft vermischte und weiter in den Zylinder wanderte.
Die Direkteinspritzung kam im Jahr 2003 im Audi A3 Sportback 2.0 FSI zu neuen Ehren, bald darauf wurde sie im VW-Konzern in Kombination mit Aufladung zum sogenannten Downsizing von Motoren genutzt. Am weitesten verbreitet sind die 1,4-Liter-TSI-Motoren aus Golf, Polo, Passat und Co. Zunächst nutzten die Wolfsburger ein besonders ehrgeiziges System mit Schichtlade-Technik, ersetzte dieses aber bald durch das heute weit gebräuchliche System mit homogenem Gemisch. Mercedes und BMW hingegen arbeiten teilweise mit der bei großen Fahrzeugen besonders effizienten Schichtladung. Allerdings ist der Partikelausstoß dabei noch einmal höher als bei der normalen Direkteinspritzung.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 27.03.2014 aktualisiert am 27.03.2014
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