Land Rover

Eastnor Castle – Die heimliche Heimat von Land Rover

Das Gelände ist riesig, aber Pip Archer kennt hier jeden Baum und jede Bodenwelle. Denn der Ingenieur ist der oberste Tester beim britischen Geländewagenhersteller Land Rover und der Landsitz von Eastnor Castle seine zweite Heimat: Seit 50 Jahren kommen er und seine Kollegen schon auf die Latifundien derer zu Hervey-Bathurst, um hier durch den Schlamm zu pflügen, über Hügel zu kraxeln und durch die Wälder zu krauchen. 2 500 Hektar groß, von einem kleinen Gebirge durchzogen und in jeder Ecke reichlich Matsch und Modder, ist der Schlosspark die ideale Spielwiese für die Entwickler und ihre Prototypen.

Davon zeugen nicht zuletzt Streckenabschnitte wie der „Gearbox Hill“, an dem sich seit einem halben Jahrhundert alle Getriebe und Traktionshilfen bewähren müssen. Es gibt Passagen, die den Namen einzelner [foto id=“397149″ size=“small“ position=“left“]Entwickler tragen, und selbst die Königin von Holland stand Patin für ein besonders schweres Offroad-Stück.

„Nirgendwo in Europa gibt es für Geländewagen so viele schwere Prüfungen auf so engem Raum wie hier in Eastnor Castle“, lobt Archer das Terrain. Zwar schickt er seine Prototypen mittlerweile natürlich auch zum Wintertest an den Polarkreis, erprobt sie in der Hitze des Death Valley oder der arabischen Wüste und reist den neuen Stammkunden nach Russland, China oder Indien hinterher. „Doch ihre erste Geländefahrt machen unsere Autos alle hier in Eastnor Castle“, sagt Archer. „Hier merken wir gleich nach ein paar Kilometern, ob das Konzept stimmt und wie sich das Auto später einmal schlagen wird.“ Zwar sieht das Areal auf den ersten Blick so friedlich und unscheinbar aus wie eine deutsche Mittelgebirgslandschaft, und die oft nur an den Reifenspuren im Schlamm und ein paar abgebrochenen Zweigen an den Büschen zu erkennenden Teststrecken messen gerade einmal 100 Kilometer. Aber das Gelände um das verwitterte, gerade einmal 200 Jahre alte Landschloss hat alles, was es zum Testen braucht, schwärmt Archer: „Ein Auto, das hier durchkommt, hat auch nirgends sonst auf der Welt ein Problem“, zitiert er den früheren Entwicklungschef Spencer King und legt noch einen drauf: „Ein Auto, das hier scheitert, hat den Namen [foto id=“397150″ size=“small“ position=“right“]Land Rover nicht verdient.“

Dass Eastnor Castle zur heimlichen Heimat von Land Rover wurde, verdanken die Briten einem glücklichen Zufall: Der Ingenieur eines Zulieferers war dort am Wochenende regelmäßig beim Jagen und hat die Entwickler auf den entlegenen Landsitz nur eine Stunde entfernt vom Stammwerk in Solihull aufmerksam gemacht. Genervt von dem bis dato stundenlangen Fahren in den Süden von London, waren die Testfahrer begeistert und standen irgendwann im Herbst 1961 tags drauf mit dem ersten Erlkönig vor den Toren des verwitterten Schlosses. Der riesige Pick-Up, den alle wegen seines Radstandes von 129 Inch nur den „129er“ nennen, war weniger für die schottischen Highlands gedacht als für die Wüsten am Golf, erinnert sich Roger Crathorne, der zu den Testern der ersten Stunde gehörte und jetzt noch einmal in einem Erprobungsfahrzeug aus jener Zeit sitzt. „Dort sollte er auf den Ölfeldern dem Dodge Powerwagon Konkurrenz machen.“ Der Auftrag der Ölmultis blieb aus und das Projekt wurde nach nur sechs Prototypen wieder eingestellt. „Aber die Partnerschaft zu Eastnor Castle blieb bestehen“, freut sich Crathorne. Sie wurde sogar enger und enger. Weil Hausherr Bathurst auch Vorsitzender des Rover Midlands’ Owners Club [foto id=“397151″ size=“small“ position=“left“]war, fand er schnell Gefallen an den schmutzigen Spielen in seinem Vorgarten und wurde zum Gastgeber zahlreicher Rallyes und Spaßfahrten. Kamen die Ingenieure unter der Woche mit ihren Prototypen, standen sie am Samstag mit ihren Privatfahrzeugen deshalb gleich wieder im Hof.

Mittlerweile ist Eastnor Castle aber nicht mehr allein das Refugium der Tester. Sondern seit mehr als 20 Jahren hat auch die Land Rover Experience hier einen Stützpunkt, veranstaltet Fahrkurse für Offroad-Anfänger, bildet Gelände-Spezialisten für Expeditionen aus und bereitet die Teilnehmer auf Wettfahrten wie früher die Camel Trophy oder heute die G4-Challenge vor. Allein in diesem Jahr werden hier deshalb über 6 000 Kunden aus aller Herren Länder durchs Unterholz gekraxelt sein.[foto id=“397152″ size=“small“ position=“right“]

Immer wieder in der Land Rover-Geschichte gab und gibt es Modelle oder Technologien, die mit Eastnor Castle besonders eng verbunden sind. Die elektronische Bergabfahr-Hilfe Hill Descent Control zum Beispiel wurde hier in den Midlands erdacht und erprobt, erinnert sich Urgestein Crathorne. Und die Entscheidung für den Range Rover als ersten luxuriösen Geländewagen der Welt und damit den Vorläufer aller modernen SUV fiel nicht in einem Vorstandsbüro, sondern just hier im ehemaligen Snooker-Salon von Major Bathurst. Auch dessen Sohn James hat die Geländewagenfahrer gerne zu Gast und ist besonders stolz darauf, „dass in jedem Land Rover auf der Welt ein kleines Stück Eastnor Castle mitfährt.“ Das wird auch in Zukunft so bleiben, verspricht Testchef Pip Archer mit einem wissenden Lächeln im Gesicht. Denn während sich die Gäste der Land Rover Experience noch mit dem aktuellen Range Rover oder dem nagelneuen Evoque durch den Schlamm wühlen, hat er hinter dem Haus bereits einen Prototypen des nächsten Range Rovers stehen. Viel sagen kann und will er noch nicht zu dem Auto, das wohl im Herbst 2012 enthüllt wird. Aber zumindest daraus macht er keinen Hehl. „Auch das neue Modell hat hier schon die härtesten Prüfungen bestanden.

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