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Verschlafen deutsche Unternehmen die Elektromobilität, weil sie als Innovationsführer zu lange auf den Verbrennungsmotor gesetzt haben? Wenn man einen Rundgang über die Münchener eCarTec macht und bestaunt, was gerade auch hiesige Entwickler für das Projekt eMobility leisten, erscheint die oft geäußerte Kritik allzu pessimistisch. Auf dieser Internationalen Leitmesse für Elektromobilität, zeigen 503 Unternehmen aus 24 Ländern den aktuellen Stand zur elektrischen Zukunft. Darunter auch hiesige Hersteller wie Mercedes-Benz und Opel, Energieunternehmen wie eOn und RWE, Forschungseinrichtungen wie die Uni Karlsruhe oder das Fraunhofer Institut.
Doch es sind die hoch spezialisierten Unternehmen aus der zweiten Reihe, die als Zulieferer zwar unter dem Radar einer größeren Öffentlichkeit bleiben, aber einen wesentlichen Anteil zum Projekt der Elektromobilität leisten. Wer kennt schon Namen wie EWAG, Brusa, enwi-etec oder Sedlbauer? Sie sind Engineering-Dienstleister, Hersteller von Elektromotoren und Range Extendern, sie bauen Ladestationen und sie entwickeln die intelligente Infrastruktur, die den Fahrer eines Elektroautos künftig über Batteriestand, Kosten, die nächste Station via e-Routing oder über die Kapazitäten des Netzes informiert.
Denn Netzlast-Management, Speichertechnologien, Energie, Infrastruktur sind auf der eCarTec ebenso Themen wie Antriebs- und Motorentechnik. Die Messe zeigt aber vor allem, dass die Elektromobilität nur dann Erfolg haben wird, wenn die einzelnen Akteure kooperieren. So sieht man zum Beispiel Stände von Regionen wie Hamburg oder dem Ruhrgebiet, die mit Autoherstellern, Energielieferanten und den Ladestationenexperten Pilotprojekte im Verbund gestartet haben, nicht zuletzt gefördert von der Elektro-Offensive der Bundesregierung. Es gibt auch Unternehmen wie smartlab, die mit ihrer Initiative ladenetz.de zusammen mit den Stadtwerken Aachen, Duisburg und Osnabrück, „die elektromobile Stadt der Zukunft“ auf die Beine zu stellen. Andere Bundesländer wie Bayern bringen sich mit ihrer „Cluster“-Philosophie in Position, bei der heimisches, konkurrenzfähiges Knowhow gebündelt wird.
Ideen rund um die elektrische Mobilität gibt es reichlich. So eröffnet beispielsweise Siemens mit Charge eMosphere ein Portal zur Elektromobilität, das Verwaltungssysteme für E-Flotten anbietet oder mit Park & Change den klassischen Parkscheinautomaten mit einem autorisierbaren Elektroladesystem koppelt. Auch ein kleines Gleichstrom-Schnellladegerät für zuhause haben die Techniker entwickelt. Aber eine große Hürde bleibt: verbindliche Standards. Zum Beispiel im Bereich der elektrischen Schnittstellen der Batteriemanagementsysteme. Die asiatischen Hersteller haben sich auf den sogenannten CHAdeMo-Standard geeinigt, deutsche Marken wie Mercedes, BMW oder Audi haben sich erst vor kurzem auf den Rivalen SAE verständigt. Doch Endverbraucher sind von ihren Computern und Smartphones verwöhnt. Sie wollen auch bei ihrem E-Auto am liebsten Plug & Play.
Neben Fragen wie Reichweitenvergrößerung, Finanzierung und Aufbau einer bundesweiten Infrastruktur für Stromer und Hybride, stellten sich auf der Messe auch Prüfer wie Dekra und TÜVSüd vor, die zeigen, dass auch sie für das mobile Stromzeitalter aufgestellt sind. Lucas-Nülle, ein Unternehmen aus Kerpen, das führend ist bei der Entwicklung von Lehrsystemen sorgt dafür, dass speziell ausgebildete Mechatroniker sicher Hand anlegen ans E-Auto.
Zwar nicht so offensichtlich unter Strom, aber dennoch für einen neugierigen Endverbraucher faszinierend: die Materialica, die zeitgleich mit der eCarTec und bereits zum 14. Mal ihre Pforten in München öffnet. Hier erfährt man alles über neue Werkstoffe und deren Anwendung sowie über Oberflächenbearbeitung. Standortvorteil mit Science Fiction-Effekt: deutsche Spezialhersteller, die extrem leichte Legierungen für Gewicht sparende Bauweisen für Stromfahrzeuge zeigen. Magnesium, Kunststoffe, Harze, textile Metalle, Industrie-Keramik, papierdünne, witterungsbeständige Folien für Photovoltaik – Materialien, die teils aus der Raumfahrt entlehnt sind und in Prototypen aber bereits auch in Serienfahrzeugen verbaut werden.
Parallel zu diesen beiden Messen findet auch noch erstmals die sMove360°statt. Diesmal waren noch wenig Stände eingerichtet worden, denn das vernetzte Auto und die Smart Car Communication, die Fahrzeuge miteinander und mit anderen Informationsquellen kommunizieren lässt, steht erst am Anfang, wird aber ein zentraler Akteur der Elektromobilität sein.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 19.10.2011 aktualisiert am 19.10.2011
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