Elektroauto – aber keine Angst vor leerem Akku

Elektroautos gelten als umweltfreundlich. Gekauft werden sie aber kaum: Ihre Batterien reichen nur für begrenzte Strecken, Aufladen dauert lange, die Fahrer haben Angst, mit leerem Akku liegen zu bleiben. Mehr und mehr schieben sich daher ‘Plug-in-Hybride’ und Modelle mit ‘Range Extender’ in den Vordergrund.

Die „Reichweiten-Verlängerer“ haben einen zusätzlichem Verbrennungsmotor, der bei leerem Akku für die Weiterfahrt sorgt und damit jede Angst vor plötzlichem Liegenbleiben überflüssig macht. Plug-in-Hybride und Modelle mit Range Extender rollen emissionsfrei in der Stadt und erzielen dennoch Reichweiten wie heutige Autos mit Benzin- oder Dieselmotor. Ihnen gehört die Zukunft, sie werden die Verbreitung des Elektroautos entscheidend voran bringen.

Ein Liter Benzin entspricht fast zehn Kilowattstunden. Diese simple Zahl beschreibt das ganze Dilemma von Elektroautos, die ihre Energie allein aus Batterien beziehen. Denn sie bedeutet, dass ein 16 kWh-Akku, wie ihn z. B. der Opel Ampera besitzt, nur so viel Energie enthält wie eineinhalb Liter Benzin. Kein Wunder, dass dem Ampera nach 40 bis 60 Kilometern der Saft ausgeht – wobei er überhaupt nur so weit kommt, weil sein E-Antrieb einen viel höheren Wirkungsgrad aufweist als der Verbrennungsmotor.

Die Zukunft für das Universal-Auto ist nicht der Elektro- oder der Verbrennungsmotor, sondern die Kombination von beidem – mit zusätzlichem großem Akku. Wie diese Zukunft aussieht, zeigen z. B. der Toyota Prius Plug-in und der neue Volvo V60 D6, genau so der Opel Ampera und sein Bruder Chevrolet Volt. Der 4,4 kWh-Akku im Toyota reicht für etwa 25 Kilometer Stadtfahrt – und lässt sich, wichtigster Unterschied zum normalen Prius (1,3 kWh-Batterie), an der Steckdose aufladen. Der neue Volvo V60 D6 schafft mit 11 kWh sogar bis zu 80 Kilometer (und ist nebenbei das erste Plug-in-Modell mit Dieselmotor).

Geht der Stromvorrat zur Neige, so springt der Verbrennungsmotor an. Bei Toyota und Volvo übernimmt er den Antrieb, er lädt auch die Batterie wieder. Ein Range Extender wie im Ampera oder Volt erzeugt ausschließlich Strom. Direkt antreiben kann der Verbrennungsmotor nicht (wenigstens nicht in klassischer Auslegung). Für den Fahrer spielt das keine Rolle, er bedient weiter nur Gas- bzw. Strom-Pedal und Bremse. Der Unterschied könnte aber Bedeutung bekommen: Es gibt Überlegungen, Verbrennungsmotoren aus Umweltzonen zu verbannen. Batteriefahrzeuge dürfen rollen, auch mit Range Extender, die hier freilich abgeschaltet bleiben müssen. Autos, die auch mit ihrem Verbrennungsmotor fahren können, müssen unter Umständen draußen bleiben.

Die Angst vor dem Blackout im Batterieauto ist nicht nur ein psychisches Hindernis, sondern ein sehr berechtigtes. Renault gibt für seinen im Juli in den Handel kommenden neuen ‘Zoe’ 210 Kilometer Reichweite an. Das ist ein Bestwert für kleine und einigermaßen preiswerte Modelle. Er gilt aber nur für spezielle Energiesparreifen von Michelin und nur unter Normbedingungen – also für die Schleichfahrt, die auch bei Benzin- und Dieselautos für sonst unerreichbare Bestwerte sorgt.

120 bis 150 Kilometer sind eine realistischere Annahme – für gemächliches Tempo in der Ebene. Steigungen, schon raschere Gangart auf städtischen Schnellstraßen lassen die Reichweite rapide schrumpfen. ‘Rekuperation’ erhöht sie wieder: Lässt der Fahrer das Strom-Pedal los, drückt er das Bremspedal, so wird der Antriebsmotor zum Generator. Er bremst und erzeugt Strom dabei. Geschickte Fahrer brauchen so die eigentliche Bremse nur sehr selten, ihre Scheiben und Beläge leben entsprechend länger. Renault fasst beim Zoe diese Rekuperation samt den Energiesparreifen und der neuen Klima-Wärmepumpe unter dem Begriff ‘Range Optimizer’ zusammen. Das hört sich nach Range Extender an – hat aber nichts damit zu tun. Energie-Rückgewinnung beim Bremsen und Leichtlaufreifen sind für E-Modelle ein alter Hut.

Auch winterliche Temperaturen schwächen die Batterie. Renault setzt deshalb beim Zoe auf eine Wärmepumpe für Heizung und Kühlung, die wesentlich weniger Strom verbrauchen soll. Andere wie Volvo sehen eine Heizung vor, die mit Brennstoff betrieben wird, etwa mit Ethanol. Oder sie empfehlen, nur die Sitze und das Lenkrad zu wärmen – mit geringerem Stromverbrauch. Verbreitet ist dazu, das Auto mit Netzstrom zu heizen oder zu kühlen, solange es am Ladekabel hängt, der Energiebedarf während der Fahrt ist dann viel geringer. Trotzdem: Selbst wenn, sagen wir, 60 Kilometer sichere Fahrtstrecke für die täglichen Büro- und Einkaufswege reichen, bleibt ein plötzlicher Stau auf winterlicher Autobahn ohne Ausweich- oder Wendemöglichkeit eine Horrorvorstellung für Fahrer reiner Batterieautos.

Ihre Kollegen in Modellen mit Range Extender oder in Plug-in-Hybriden haben dank Verbrennungsmotor nicht nur Strom, sondern auch die gewohnte Heizung (und die Klimaanlage im Sommer). Die zusätzliche Technik findet, wie z. B. von Kolbenschmidt in einem Prototyp vorgestellt, Platz unter dem Kofferboden. Zulieferer Behr, Spezialist vor allem für Klimaanlagen, brachte seinen Range Extender vorn im Motorraum unter, sogar in einem kleinen Audi A1. Verbrennungsmotor samt Generator müssen noch nicht einmal mehr kosten. Der Akku ist das teuerste Bauteil am Elektroauto. Mit zusätzlichem Stromerzeuger an Bord kann er kleiner werden – mithin leichter und billiger.

Plug-in-Hybride und Modelle mit Range Extender vereinen das Beste aus zwei Welten. In der Stadt rollen sie leise und ohne lokale Emissionen. Ihre Akkus lassen sich an der Steckdose aufladen (was bei Plug-in-Modellen auch für den Namen sorgt: ‘plug in’ ist Amerikanisch und bedeutet ‘Stecker einschieben’). Kommt aus dieser Dose regenerativ erzeugter Strom z. B. aus Wind- oder Wasserkraft, dann rollen die Autos sogar völlig emissionsfrei. Und draußen sind sie vollwertige Langstreckenmodelle, die sich zudem an jeder Zapfsäule problemlos auftanken lassen.

„Unter allen alternativen Antrieben hat der Plug-in-Hybrid in Zukunft die besten Erfolgsaussichten. Er wird bis 2018 die konventionellen Hybridmodelle bei den Verkäufen überholen“, prognostiziert die internationale Wirtschaftsberatung KPMG, nachdem sie weltweit 200 Verantwortliche in der Autoindustrie zum Thema befragt hatte. Dies gilt auch für den Range Extender: Der Kombination aus Elektro- und Verbrennungsmotor plus Ladung an der Steckdose gehört zunächst einmal die Zukunft. Für die Hersteller ist sie eine der wichtigsten Alternativen, um den CO2-Ausstoß der Neuwagenflotte auf 95 Gramm pro Kilometer zu begrenzen, wie es die EU ab 2020 vorschreibt. Die ersten Modelle stehen bereits im Schaufenster.

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