Elektroautos: Leasing und Sharing statt Kauf

Die Zukunft fährt elektrisch, daran gibt es keinen Zweifel. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Auf dem diesjährigen Symposium „Motor und Umwelt“ der Motorenforschungs- und Entwicklungsgesellschaft AVL in Graz warnte Wolfgang Bernhart von Roland Berger Strategy Consultants vor überzogenen Erwartungen an die Elektromobilität.

Dazu zog er einen Vergleich mit der Entwicklung des Internets in der Periode um die Jahrtausendwende heran: „In vielen Medienberichten steckte zwar ein wahrer Kern, doch die Erwartungen waren zu hoch geschraubt und in der Folge kollabierten viele Geschäftsmodelle. Trotzdem hat das Internet seinen Weg gemacht und ist zu einem wesentlichen Teil unseres Lebens geworden. Vermutlich wird die Elektromobilität einen vergleichbaren Evolutionsprozess durchlaufen“.

An der Elektrifizierung des Antriebsstrangs führe kein Weg vorbei – einerseits, um die CO2-Emissionen zu begrenzen und der damit verbundenen globalen Erwärmung entgegenzuwirken und andererseits, um den Verbrauch fossiler Energien einzuschränken. Vor allem in den BRIC-Märkten (Brasilien, Russland, Indien, China) werde der Energiebedarf weiter steigen. Bernhart: „China hatte 2009 einen Rohölbedarf von täglich 9,5 Millionen Barrels – etwa 10 Prozent des globalen Angebots. Wenn die Nachfrage weiterhin so stark steigt, wird China im Jahr 2020 einen Tagesbedarf von rund 30 Millionen Barrels haben. Das wäre mehr als 25 Prozent der weltweiten Förderung. Zwei Drittel hiervon würden als Kraftstoff für Fahrzeuge verwendet.“

Die von den Regierungen festgelegten Ziele zur Reduzierung der CO2-Emissionen seien ambitioniert. Die EU habe sich auf durchschnittlich 95 Gramm pro Kilometer für Neufahrzeuge ab 2020 verständigt. Das entspreche einem Verbrauch von vier Litern Benzin beziehungsweise 3,6 Liter Diesel auf 100 Kilometern. Zwar erscheine es durch eine Vielzahl von Maßnahmen möglich, den Verbrauch um 30 bis 40 Prozent zu reduzieren und damit die Flottenemissionen unter 130 Gramm CO2 zu drücken. Das führt zu Mehrkosten für den Antriebsstrang zwischen 400 und 2 500 Euro pro Fahrzeug. Doch damit ist man von den anvisierten 95 Gramm CO2 immer noch weit entfernt. Deshalb müssten Null-Emissions- oder Fast-Null-Emissionsfahrzeuge ein Teil der Flotte werden, betonte Bernhart.

Die genutzte Technologie hänge vom Fahrzeugsegment und der Verwendung ab. Die einfachste Lösung wäre ein reines Elektrofahrzeug, doch dessen Reichweite sei durch die Batteriegröße begrenzt. Mehr als 150 Kilometer ließen sich mit Lithium-Ionen-Batterien zu akzeptablen Kosten nicht erreichen. Dieses Dilemma können Elektrofahrzeuge mit Range Extender überwinden. Das Antriebsaggregat, das auch die Batterie auflädt, werde in den nächsten zehn Jahren ein Verbrennungsmotor sein. Später würde wohl eine mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle diese Funktion übernehmen. Hybridfahrzeuge könnten vor allem im Stadtverkehr bei Fahrtstrecken zwischen 30 und 40 Kilometern rein elektrisch und daher mit Null-Emissionen betrieben werden.

Die Frage, ob wir alle im Jahr 2020 oder 2030 mit Elektrofahrzeugen unterwegs sein werden, beantwortete Bernhart mit einem klaren „Nein“. Nach einem optimistischen Szenario könne man 2020 einen Anteil von bis zu 20 Prozent an Elektrofahrzeugen und PHEV (Plug-in Hybrid Electric Vehicles) auf den Straßen der EU27 erwarten. Weltweit läge der Anteil bei acht bis zehn Prozent.

Dieser Prognose liegen Kraftstoffkosten von 2,20 Euro pro Liter zugrunde. Bei hoher Fahrleistung würden dann die niedrigeren Betriebskosten von elektrischem Strom den höheren Kaufpreis der E-Mobile kompensieren. Zudem müssten die Produktionskosten der Batterien von gegenwärtig rund 600 Euro je Kilowattstunde (kWh) um 50 Prozent fallen. Gelänge es darüber hinaus, die spezifische Energie um 65 Prozent zu erhöhen, wären Kosten von 250 Euro pro kWh denkbar.

Trotz aller erhofften technologischen Fortschritte wird der Preisunterschied zwischen einem Elektroauto und einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor auch im Jahr 2020 4 000 Euro nicht unterschreiten. Bei PHEV sei gegenüber konventionellen Pkw mit einer Preisdifferenz nicht unter 5 000 Euro zu rechnen. Nach einer Marktstudie von TNS Infratest würde nur ein Viertel der Befragten höhere Kosten für Elektromobilität akzeptieren. „Ein Verkauf von Elektrofahrzeugen wird nicht funktionieren“, resümierte Bernhart. Anbieter müssten neue Geschäftsmodelle wie Leasing oder Sharing entwickeln.

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Gast auto.de

September 30, 2010 um 11:07 am Uhr

wollen wirs hoffen. An sich skiziert er das Bild welches die Auto- und vor allem die Mineralöl-Lobby gerne hätte. Und aus Erfahrung haben die ziemlich viel Gewicht!

Gast auto.de

September 21, 2010 um 11:39 am Uhr

…heben Sie diesen Artikel doch mal 5 bis 10 Jahre auf und verwenden Sie diesen dann wieder unter der Überschrift "Die größten Irrtümer von Strategy Consultants"…

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