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Was denken wir nur immer über die bösen Russen? Seit Jahren versorgen sie uns zuverlässig mit Erdgas, decken den Energie-Hunger der Deutschen und wollen für uns jetzt sogar das Autofahren sauberer und billiger machen. Der russische Gaslieferant Gazprom hat mit einer Fernfahrt von Moskau über Paris bis nach Berlin jetzt nachgewiesen, dass die Gasversorgung entlang dieser wichtigen Ost-West-Routen, auf denen an jedem Tag Millionen Tonnen von Gütern und unzählige Menschen unterwegs sind, genügend Erdgastankstellen eingerichtet wurden, um die Strecke mit entsprechend motorisierten Fahrzeugen ohne einen Tropfen Benzin zurückzulegen.
13 Autos unterschiedlichster Kategorien haben die rund 4.500 Kilometer lange Route, den sogenannten Blue Corridor, in 16 Tagen bewältigt.
Mit dabei waren VW Passat, die vorherige Generation der B-Klasse von Mercedes-Benz (die aktuelle gibt es noch nicht mit Gasmotoren), VW Caddy, Mercedes-Benz Sprinter und Nutzfahrzeuge des russischen Herstellers Kamaz sowie ein Stadtbus des polnischen Unternehmens Solbus. Die schwereren Gefährte nutzen nicht das normale auf 200 bar Druck komprimierte Erdgas (CNG, Compressed Natural Gas) sondern greifen auf die weitaus höhere Energiedicht von LNG (Liquid Natural Gas) zurück, das den 2,5fachen Brennwert von CNG hat und bei tiefen Temperaturen zwischen -130 und -161 Grad Celsius in den schlanken hochfesten Tanks gespeichert wird.
Der geringe Platzbedarf des LNG macht gerade Busse flexibler. Ihre Tanks werden nicht mehr auf den Dächern der Fahrzeuge montiert sondern innerhalb des Aufbaus untergebracht. Daher stellen niedrige Brücken oder andere höhenbeschränkte Durchfahrten im Linienverkehr keine Beeinträchtigungen dar. Der Vorrat kann bei einem Einsatz auf festgelegter Strecke ebenfalls genau bemessen werden, die Busse brauchen so auch keinen bivalenten Antrieb, der notfalls im Benzinbetrieb bis zur nächsten Erdgastankstelle hilft.
Doch auch die leichteren Teilnehmer der Fernfahrt kommen auf gute Reichweiten. Mehr als 450 Kilometer schafft ein VW Passat Variant mit Erdgasmotor, er braucht dafür 21 Kilogramm des Brennstoffs, der im Gegensatz zu Benzin oder Diesel nicht in Litern gemessen wird. Der Kostenvorteil ist immens. Um einen Euro kostet ein Kilogramm CNG, 4,6 Kilogramm braucht der Passat für 100 Kilometer. Rund 21 Euro kostet die Erdgasfahrt an Treibstoff. Zum Vergleich: Im Benzinbetrieb verlangt der 110 kW/150 PS starke Passat 6,9 Liter Benzin für 100 Kilometer. Und die kosten je Liter gut 1,70 Euro, die gleiche Strecke schlüge demnach mit fast 53 Euro zu Buche. Der Grund für den attraktiven Preis ist vor allem die Steuerbegünstigung von Erdgas, die bis 2018 festgeschrieben ist. Eine anstehende Empfehlung der EU soll diesen Bonus bis 2023 verlängern, danach ist mit einer fünfzigprozentigen Besteuerung zu rechnen.
Dennoch hat sich der Mehraufwand bei der Anschaffung eines Erdgas-Fahrzeugs schnell amortisiert, meint David Graebe, Leiter CNG-Fahrzeuge bei Gazprom Germania. Rund 2.000 Euro verlangen die Hersteller zurzeit zusätzlich für die Erdgas-Ausführung. In einigen Städten und Regionen gibt es einen Bar-Zuschuss von den Gasversorgern, in Berlin zum Beispiel 300 Euro. Der restliche Mehrpreis würde im Fall einer Anschaffung in der Hauptstadt nach rund 25.000 Kilometern egalisiert werden. Danach beginnt das Sparen.
Eine Rolle spielt aber auch die Umweltverträglichkeit von CNG. Es entstehen beim Verbrennen 95 Prozent weniger Stickoxide als bei Diesel, die CO2-Emissionen sind um 24 Prozent niedriger als bei Benzin. Wird das vielerorts mit einem Biogasanteil von 20 Prozent angebotene CNG getankt, reduziert sich der CO2-Ausstoß sogar um 39 Prozent.
913 Erdgastankstellen gibt es aktuell bei uns, Gazprom und Kooperationspartner Eon wollen es beständig erweitern. Deutschland steht heute schon mit dieser Dichte an der Spitze in Europa. Obwohl die Erdgasflotte auf unseren Straßen gerade mal knapp 100.000 Einheiten zählt. In Italien dagegen müssen sich mehr als 780.000 Autos an nur 860 Stationen bedienen. Große Warteschlangen gibt es trotzdem nicht, in drei bis fünf Minuten ist der Tank eines Erdgasauto vollständig befüllt.
Die umfangreichste Modellpalette von CNG-Fahrzeugen bieten Opel und Fiat an, VW wird mit der Einführung des CNG Up im nächsten Jahr gleichziehen. Dass es jemals zu Versorgungsschwierigkeiten wegen politischer Verwerfungen kommt, ist zumindest im Fall von Gazprom unwahrscheinlicher, als ein Erdöl-Lieferstopp der OPEC-Länder. Sogar während der schlimmsten Jahre des Kalten Krieges kam sibirisches Gas kontinuierlich in Deutschland an. Und mit der Eröffnung der neuen Nordstream-Pipeline im vergangenen Jahr, die mitten durch die Ostsee führt, sind auch unberechtigte Entnahmen von Drittländern passé. Und die Brennstofflieferanten werden den Hahn kaum zudrehen, schließlich basiert der neue russische Wohlstand hauptsächlich auf dem mehr als einträglichen Geschäft mit Erdgas.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 26.09.2012 aktualisiert am 26.09.2012
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