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Ein Bentley oder Aston Martin? Da erscheinen Assoziationen stattlicher Landsitze, mit knirschenden Kiesauffahrten und dienstfertigem Personal. Bei den italienischen Luxusmarken Ferrari, Lamborghini und Maserati schwingt Rennatmosphäre mit, und ein Hauch von Jet-Set. Es ist eine andere Welt als jene der deutschen Luxusklasse oder auch der Porsche-Sportwagen, in der es um Perfektion und seriöses Repräsentieren geht – und es war in der Vergangenheit auch eine sehr teure Welt.
Inzwischen verwischen allerdings die Abgrenzungen, und damit gelangt der Schritt für nicht wenige Kunden in Reichweite: Preislich setzen die Einstiegsmodelle der Ultraluxus-Marken relativ nahtlos an die konventionelle Oberklasse an. Einen Bentley Continental GT V8 [foto id=“397169″ size=“small“ position=“left“]gibt es demnächst für gut 160.000 Euro, der Lamborghini Gallardo steht für 164.815 Euro in der Preisliste, einen Ferrari California gibt es ab 176.200 Euro. Der Maserati GranTurismo ist bereits für 112.280 Euro zu bekommen, und für einen Aston Martin V8 Vantage wechseln 115.150 Euro den Besitzer. Das ist für Normalverbraucher zwar weiterhin unerreichbar, doch es überschneidet sich mit weitaus konventionelleren Fahrzeugen. Ein Porsche 911 Carrera S kostet 102.436 Euro, der Turbo S allerdings 173.241 Euro. Und während das Programm der Mercedes S-Klasse bei 71.846 Euro beginnt (dann sind ein Vierzylinder-Diesel und Stoffsitze eingebaut), steht das Spitzenmodell von Haustuner AMG für 229.789 Euro in der Preisliste. Von einem schmerzlichen Preissprung kann da keine Rede mehr sein.
Dies gilt insbesondere in Anbetracht der inzwischen gut kalkulierbaren Wartungskosten. „Die sind einfach kein Argument mehr“, sagt Maserati-Deutschland-Chef Thomas Hajek. Tatsächlich kann man bei den früher notorisch unzuverlässigen Italienern bis zu fünf Jahre Garantie bekommen. Ähnliche Programme gibt es bei anderen Herstellern. Und bei Lamborghini werden für die Routineservices äußerst zivile Preise genannt – von denen ein 911er- oder S-Klasse-Kunde sich kaum schocken lassen dürfte. Dennoch sollte man das Modell des Begehrens genau unter die Lupe nehmen: Einen Satz Reifen für einen Lamborghini Gallardo bezahlt man nicht mal ebenso aus der Portokasse. Und auf den Durst eines Acht-, Zehn- oder [foto id=“397170″ size=“small“ position=“right“]Zwölfzylinders italienischer oder britischer Provenienz sollte man sich ebenfalls einstellen. Denn die Diesel-Option ist bis auf weiteres bei den Exoten nicht vorgesehen – und einen Gas-Umbau überlässt man doch lieber Geländewagenfahrern.
Übrigens besitzt die Technik der Exoten ebenfalls oft profanere Wurzeln, als es das Marketing-Skript vermuten lässt: Aston Martins Acht- und Zwölfzylindermotoren haben nachweislich Ford-Gene; der Lamborghini Gallardo ist technisch eng mit dem Audi R8 verwandt – und der Bentley Continental teilt sogar wesentliche Komponenten seiner Fahrzeugarchitektur mit dem Volkswagen Phaeton. Die schwere Aston-Martin-Plattform ist ein Eigengewächs, gleiches gilt für Maserati: Die hauseigene Quattroporte-Architektur wurde zunächst für GranTurismo und GranCabrio, schließlich auch für den Ferrari California verwendet.
Die bewährte, in erklecklichen Stückzahlen gebaute Technik bürgt für Zuverlässigkeit sowie ein gewisses Maß an Wartungsfreundlichkeit – und einigermaßen erschwingliche Ersatzteile. Nachteile gibt es keine – zumal die bürgerliche Herkunft beim automobilen Hochadel erfolgreich verschleiert wird. Mehr noch: Hier kann sich die Kraft und Herrlichkeit erst so richtig entfalten – zum Beispiel bei Bentley, wo man sich nicht im Geringsten um politisch korrekte Selbstbeschränkungen interessiert: Der Bentley Continental GT W12 beispielsweise läuft stolze 318 km/h. Da kommt kein Phaeton, aber auch kein Mercedes oder BMW mit. [foto id=“397171″ size=“small“ position=“right“]Klangstark sind die meisten Exoten auch. Die widerstandsarmen Abgasanlagen kündigen die Ankunft der exhibitionistisch veranlagten Kundschaft oft schon von ferne an.
Während die exotischen Marken noch vor zwei Jahrzehnten oftmals mit einer Verarbeitungsqualität aufwarteten, die jedem Qualitätskontrolleur bei Dacia die Zornesröte ins Gesicht getrieben hätte, wird nunmehr hohe Kunstfertigkeit im Umgang mit Holz und Leder geboten. Die betuchte Kundschaft besitzt keine Toleranz mehr für handwerkliche Nachlässigkeiten, und sie legt im Übrigen auch Wert auf die mehr oder weniger überflüssigen elektronischen Helferlein, mit denen Autofahrer heute bereits in der Kompaktklasse behelligt werden. Auch das ist ein Grund dafür, dass die noblen Karossen gerne auf profanere Basistechnik zurückgreifen – sie müssen es einfach, denn die Anpassung der Elektronik an eigenständige Architekturen wäre immens teuer.
Die Manufakturen bemühen sich übrigens nach Kräften, neue Kundenkreise zu erschließen. Insbesondere Bentley steht vor einem Wandel – man möchte endlich weg vom altväterlich-britischen Stil und setzt auf High-Tech und Coolness, um ein jüngeres Publikum anzusprechen. Lamborghini hat sich längst von der etwas peinlichen Heckflügel-Vergangenheit verabschiedet und spielt – unter anderem als Kohlefaser-Kompetenzzentrum – geschickt die Karte eines Hochtechnologieträgers im Konzern. Aston Martin besticht durch eine zeitlos schöne, wenn auch inzwischen recht eingängige Formensprache – und Ferrari [foto id=“397172″ size=“small“ position=“left“]findet – zwar nicht mit dem California, aber doch mit dem 458 Italia – zu alter Innovationskraft zurück. Maserati wiederum expandiert nach unten, wo sich vielleicht sogar der eine oder andere enttäuschte Lancia-Aficionado auflesen lässt.
Wer einmal in einem Lamborghini Gallardo LP 560-4 die Gänge durchgepeitscht hat, wer in einem Bentley Continental GT lässig die magische 300-km/h-Marke durchmessen hat, oder wer über die Armaturentafel eines Maserati Quattroporte streichen durfte, für den verblasst der kühle Reiz automobiler Konfektionsware – und sei sie noch so perfekt. Ein gerüttelt Maß Selbstbewusstsein muss der Fahrer allerdings besitzen – denn die Aufmerksamkeit der Umgebung ist stets gewiss.
Die Bentley Mulsanne, Lamborghini Aventador und Rolls-Royce Phantom dieser Welt spielen dort, wo ihre Marken schon immer beheimatet waren: ganz oben, wo Geld keine Rolle mehr spielt – jedenfalls dann nicht, wenn es um die Befriedigung von Luxusbedürfnissen geht. Diese Modelle, um die es hier nicht geht, sind weit exzentrischer, viel seltener und zuweilen auch kapriziöser als die oben beschriebenen Einstiegsmodelle in die Ultra-Luxus-Markenwelt. Doch braucht nicht auch der, der „angekommen ist“, noch Träume?
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 30.12.2011 aktualisiert am 30.12.2011
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