Stelldichein der Tuning-Szene

Essen Motor Show 2019: Am Ende siegt die Leidenschaft

Essen Motor Show 2019: Ford GT 40. Bilder

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Bei der Essen Motor Show (bis 8. Dezember) treffen sich Jung und Alt zum Fachsimpeln und Staunen. In diesem Jahr konnte die Messe Essen weniger Hersteller und Haustuner für sich gewinnen und strich gar die Eröffnungsshow auf dem Essen Showground. Neben einem kleinen Ausblick auf die E-Mobilität von morgen sind es aber die Szene-Stars, Oldtimer, Rennwagen und Tuning-Exponate, die der Motor Show dennoch ihr Leben einhauchen.

Fachsimpeln mit Carrie Schreiner

Die Frau der Messe war nicht etwa eines der Hankook-Messegirls, sondern die 21-Jährige Rennfahrerin Carrie Schreiner. Mit neun Jahren startete sie in den Kartsport, 2015 folgte die Formel 4, im letzten Jahr gewann sie drei GT3-Titel. Auch die Formel E hat sie schon angetestet.

Auf die Fahrten in den Stromer-Boliden angesprochen, konnte Schreiner nicht so recht Begeisterung für den Flair vermitteln. Besonders die halbe Stunde vor dem Rennen, bei der die Motoren warm laufen und die Spannung steigt, habe sie vermisst: „Es ist eben anders, aber das muss ja nicht unbedingt schlechter sein“, sagt sie.

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Max Hesse über seine junge Karriere

Auch der Motorsportler des Jahres, Max Hesse, ließ sich keine Butter vom Brot nehmen. So reagierte der 18-Jährige besonnen auf die Frage, ob die DTM eine Option für ihn sei. Er sei sich seines Alters bewusst und für die Klasse sei es zu früh, antwortete er sinngemäß auf Nachfrage von Jan Stecker. Klar ist, dass die steile Karriere beider Nachwuchs-Piloten keine Grenzen nach oben hat.

Ruhrpott-Tuning-Ikone Sidney Hoffmann (40) musste sich bei der Pressekonferenz unterdessen einen Alters-Gag nach dem anderen vom 19 Jahre älteren Moderator Jan Stecker gefallen lassen. Denn das Grau geht wohl auch an den Junggebliebenen nicht vorbei. So darf man sich angesichts sinkender Ausstellerzahlen fragen, ob die Tuningszene auch in die Jahre kommt. Wirkliche Innovationen jedenfalls bleiben bei der Essen Motor Show 2019 aus. Recaro stellte eine neue Carbonschale vor, Brabus bringt einen stärkeren A 35 4-Matic mit, Porsche hat nun ein Taycan-Safetycar – die wohl wichtigsten Neuheiten in Essen.

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Pleiten, Pech und Pannen

So blieb selbst die Eröffnungsshow gestrichen, stattdessen wurden dem Publikum für eine Stunde Taxifahrten für zehn Euro pro Fahrt angeboten. Später folgten dann vereinzelte Kurzinterviews, die die Tuningfans jedoch nicht aus den Messehallen locken konnten. Im Laufe des gestrigen Eröffungsnachmittags ereignete sich zu allem Überfluss noch ein folgenschwerer Unfall, bei dem ein Fahrer mit der Betonbegrenzung kollidierte, und schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht werden musste. Mehr Pech konnte der Essen Showground zumindest an diesem Preview-Tag nicht haben.

Die wahren Highlights findet man bei der Motor Show ohnehin auf dem Weg. Die Crazy Cars in Halle 2 entlocken erstaunte Blicke – denn von der nur 1,33 breiten Rinspeed-Studie, über ein aus einzelnen Schrottteilen geschweißtes Formel-1-Auto, bis zum 700 PS starken Ruf CTR Anniversary ist für jeden Zuschauer etwas zum Beschnuppern dabei. Internationale Sensationen wie der Volkswagen ID R und Ken Blocks Hoonicorn sind in weiteren Hallen ausgestellt. Am 8. Dezember kommt Ken Block – wie auch im letzten Jahr – zur Autogrammstunde in die Essener Messehallen.

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Der große Held der Tuningszene ist dennoch ein Auto: Der Toyota GR Supra

Das hat auch den Toyota-PR-Chef Thomas Schalberger von den Sitzen gerissen, der in der Pressekonferenz Rede und Antwort zu kommenden Projekten stand. So dürfen sich Freunde des kurzen Radstands demnächst über eine neuen Yaris von GR (Gazoo Racing) freuen. Und auch auf der Messe selbst sorgte ein Tuner für Aufsehen unter den Toyota-Fans: Turbozentrum hat sich dem 3,0-Liter-Reihensechser aus dem GR Supra angenommen und 781 PS aus dem Münchener Japaner gekitzelt – die bis dato höchste Leistung in einem straßenzugelassenen Exemplar. Direkt am Eingang West tummelten sich außerdem die drei Ahnen des aktuellen Supra.

Doch hin zu den Sensationen, die die Szene selbst schafft: Das digitale Zeitalter gibt Tuning einen neuen Anstrich. Größere Tuningscrews haben Social Media für sich entdeckt und sich zu Ikonen in der Szene entwickelt. Der Verkauf von Merchandise – zum Beispiel in Form von Shirts und Basecaps – gehört dazu. Denn der individuelle Lifestyle ist ein Konzept: Getreu dem Vorbild der Ruhrpott-Tuning-Stars Jean-Pierre Krämer und Sidney Hoffmann ist Buntes, Wildes, Übertriebenes der Schlüssel zum Erfolg. So prangt in Krämers Supergolf ein Turbolader in der Größe eines ganzen Gouda, außen ist der Breitbau wie ein Baustellenfahrzeug foliert. Die Menschentraube hält den Golf trotzdem warm. Später enthüllt „JP“ an seinem Stand einen KTM X-Bow mit zwei außenliegenden Turboladern, der die Messehalle zum Beben bringt.

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Highlights auch bei den beiden wohl bekanntesten Damen der Szene

Mareike Fox und Lexy Roxx. Die beiden Tuning-Ikonen verdienen sich ihre schweren Portemonnaies durch Erotikvideos zusammen und zeigen auf der Motor Show ihre Luxusautos. So sind am Stand von Lexy Roxx ein Lamborghini Huracan und eine G-Klasse zu bestaunen, Mareike Fox bringt sogar eine eigene Tuning-Interpretation des neuen GR Supra mit, nebst bis auf den Boden abgesenktem Nissan GTR. Autos zu slammen – also auf den Boden zu werfen – ist der große Trend. Nahezu jedes spektakulärere Fahrzeug steht auf gigantischen Tiefbettfelgen und wird per Luftfahrwerk so weit wie möglich in die Knie gezwungen.

In einer anderen Ecke der Motor Show steht Sidney Hoffmann, der aktuell zusammen mit VW einen Beetle mit Elektroantrieb zum Stromer-Boliden umbaut. Er wolle das Image von Elektroantrieben steigern, hieß es in der Pressekonferenz. Er habe außerdem den Eindruck, dass sich viele vor alternativen Antrieben verschließen würden. So war neben dem Beetle-Projekt auch ein Tesla Model X im Folientrimm von Sidney Industries auf der Motor Show zu sehen. Noch mehr Elektrizität hatte e-Share One zu bieten, ein Mobilitätsanbieter für Elektrofahrzeuge. Neben ausgestellten Elektrofahrzeugen, die aktuell über Deutschlands Straßen rollen dürfen, war auch ein kleiner Roboter zur Stelle, der – mal mehr, mal weniger direkt – auf Fragen der Besucher antwortete.

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Zurück in die Vergangenheit

Die Sifa stellt historische Fahrzeuge aus der Geschichte des Automobils aus und fährt – wie eigentlich jedes Jahr – einen zentralen Stand mit hochpreisigen Supercars auf. Drumherum tummeln sich Händler mit historischen Modellautos, Postern, aber auch Luxusartikeln wie etwa einem voll verchromten Kickerspiel und Louis-Vuitton-Koffersets. Als Highlight warten auf die Besucher Filmfahrzeuge aus „Zurück in die Zukunft“, „Batman“ oder „Transformers“. Auch das Original-Filmfahrzeug aus dem Auto-Kultstreifen „Manta, Manta“ ist mit von der Partie. Und auch wenn, zumindest in Essen, die großen Stars, Sternchen und Sondershows auszubleiben schienen, gab es willkommene Überraschungsmomente: Robert Geiss fand den Weg zu Tuner Prior Design, wo eine modifizierte Version des neuen Lamborghini-SUV Urus zu bestaunen war.

Der Motorsport indes stellt sich breit auf: Kartsport, VLN, GT3, Tractor Pulling – und sogar Slot-Car-Rennfahrer zeigen in ihren Hallen, wie die Leidenschaft für den schnellen Gangwechsel auch heute noch in der Breite erlebbar ist. Wichtige Informationsarbeit leistet auch der ADAC, der im Großformat mit Hubschrauber, Rennfahrzeugen aus TCR und VLN, sowie zahlreichen Fahrsimulatoren und Breitensport-Exponaten angereist ist. Im Gegenzug präsentiert der VDAT (Verband der deutschen Automobiltuner) mit der Kampagne "Tune it. Safe!" einen Abt RS4-R Avant im Polizei-Look.

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Der Sparfuchs hat ich eingeschlichen

Ob die Motor Show in diesem Jahr ihre 16 Euro an der Tageskasse wert ist, muss der Besucher entscheiden. Die großen Neuheiten bleiben aus, dafür gibt es Altbewährtes in neuen Formen, und viele Möglichkeiten für die Szene, sich auszutauschen und Ideen zu sammeln. Für jeden, der die Motor Show kennt, ist aber eindeutig zu erkennen: Auch die Spezialmessen leiden unter dem Sparkurs der Hersteller. Letztere, und deren Haustuner, sind merklich weniger vertreten. Da wird das gesunkene Messebudget auch leicht erklären, weshalb mancher beliebter Programmpunkt ausblieb. Schade nur für diejenigen, die für den Preview-Day 28 Euro gezahlt haben, ohne echten Mehrwert zu erhalten.

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