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Mercedes-Benz
Hier ist Unglaubliches denkbar und manches Unvorstellbare längst umgesetzt – hier im Silicon Valley, dem Epizentrum der Hochtechnologie, wo so manche Karriere immer noch in der Garage beginnt und mit dem eigenen Großunternehmen endet. Mitten hinein ins Phantasie fördernde Valley, in das scheinbar verträumte Städtchen Sunnyvale nördlich von San Francisco, setzte Mercedes-Benz sein Soft- und Hardware-Entwicklungszentrum mit dem Phantasie tötenden Namen Mercedes-Benz Research & Development North America, Inc Headquarters, kurz MBRDNA.
Auch schwäbelnde Amerikaner schaffen sich gern sprechbare Abkürzungen ohne Rücksicht auf die Folge der Buchstaben. So wird es auch dem Mercedes-Benz-Entwicklungszentrum für Hard-, Software und Applikationen im Valley gehen. Das Ende der Abkürzung DNA (auch für Desoxiribonukleinsäure) bietet sich angesichts der Aufgabenstellung für Sunnyvale geradezu als Bestandteil einer aussprechbaren Abkürzung an. Wie wär’s mit EmmDNA, wo doch hier neue Mercedes-Gene entstehen sollen?
Rund 100 Mitarbeiter vieler Nationalitäten und unterschiedlichster Kompetenzen arbeiten heute in dem Neubau. Später sollen es doppelt so viele sein, die hier die Mercedes-Benz-Apps entwickeln, Trends suchen, Geschäftsmodelle entwickeln und Start up-Unternehmen ebenso im Blick behalten sollen wie die Neuentwicklungen der bereits etablierten Unternehmen aus dem Silicon Valley.
„Wir wollen sein, wo die Technologie ist und unsere Kunden sind.“ Mit diesen Worten erklärte Prof. Dr. Herbert Kohler, Forschungschef der Daimler AG, die Standortwahl. Nichts, was für das Auto von Morgen wichtig sein könnte, soll an den Mercedes-Forschern vorbeigehen. Aber neben dem besseren Überblick übers kommende Angebot geht es auch um Geschwindigkeit. Mercedes-Benz geht davon aus, dass man neue Ideen schneller als andere umsetzen kann, wenn man an der Quelle sitzt. Mercedes-Benz ist jedenfalls der erste Automobilhersteller mit einem Entwicklungszentrum im Silicon Valley.
Es geht also auch darum, schneller als andere mit neuen Technologien am Markt zu sein. In der Kooperation selbst mit den Großen aus dem Valley ergeben sich Chancen, für ein paar Monate exklusiv mit einer neuen Leistung im Markt zu sein. So soll auch Google bereit sein, wie ein herkömmlicher Automobilzulieferer bei Entwicklungskooperation eine Zeit lang Exklusivität zu gewähren. Der Verzicht auf solche Kooperationen – so Kohler – koste Zeit, weil Entwicklungen im eigenen Haus länger dauern können. „Wenn wir schnell sind, erhalten wir die gewünschte Exklusivität automatisch“, weiß Kohler. Es gehe um „zuhören und schneller sein“.
In einer Umgebung, in der man sich ohne Google-Brille schon „hinter dem Mond“ fühlt, wundert man sich über Aussagen wie die, Google sei hier gewissermaßen schon „old economy“. Das Team betrachte deswegen die Großen im Valley und die Start ups gleichberechtigt. „Die kommen hier jeden Tag mit neuen Ideen an“, freut sich der Forschungschef. Was will er mehr?
Allein im Bereich Infotainment bestehen Kontakte und Zusammenarbeit mit rund 20 Start ups. Insgesamt bestehen unterschiedlich intensive Verbindungen zu bis zu 100 Unternehmen. Man sei sehr offen für jede Form der Kooperation und suche dabei stets die win-win-Situation. „Man weiß nicht, wohin sich die Zukunft entwickelt, aber man kann versuchen, sie zu gestalten“, formuliert Kohler ein Credo.
Das Ohr nicht nur am Puls der Zeit, sondern auch der Zukunft. Mit Vernetzung und Telematik kann das Auto alles, was diese Technologien bieten können. Das hat mit der Integration der Smartphone-Technologien à la Apple begonnen. Doch jetzt gerät das konkurrierende Betriebssystem Android immer mehr in den Blickpunkt. Die Vielzahl der Radar-, Kamera-, Ultraschall- und sonstigen Sensoren liefern Unmengen an Daten, an denen nicht nur der Autohersteller interessiert ist. Mit der Internet-Standleitung ins Auto können auch andere darauf zugreifen und eine Vielzahl von Dienstleistungen anbieten.
Dabei ist die situationsgerechte Navigation noch eine der einfachen und akzeptierten Dienstleistungen. Der automatische Notruf E-Call eine zweite, gefolgt von allen möglichen Angeboten, die dem Autofahrer und der Verkehrsführung dienen können. Angesichts der Fülle sieht aber auch Mercedes-Benz eine Reihe von Problemen. Die Ablenkung des Fahrers durch die Bedienung der Systeme und deren Nutzung birgt die Gefahr der Ablenkung des Fahrers vom Verkehrsgeschehen. „Das ist eine der größten Herausforderungen aller Autohersteller“, bekennt Kohler.
Die Akzeptanz der neuen Angebote durch den Autofahrer stellt die Hersteller vor eine zweite Herausforderung. Wollen eigentlich alle Autofahrer diese Dienstleistungen? Können alle damit so umgehen, dass sie den Nutzen erfahren können? Einer der Sunnyvale-Experten sprach zunächst von denen, die alle neuen Techniken an Bord haben wollen, von den early adopters. Beim großen Rest zeige sich eine Akzeptanzkurve mit der Form einer Badewanne: Die Jüngeren wollen alles verstehen und anwenden können, das Mittelalter wählt nur ein paar der Leistungen für sich aus und die älteren Autofahrer kümmern sich wieder intensiv um die neuen Systeme. „Am Ende sollen sie alle Kunden werden“, fordert der Forschungschef.
Die USA sind eine schnell wachsende, junge Gesellschaft mit hohem Wirtschaftswachstum und Energieüberschuss dank Fracking. Hier wollen die Menschen andere Autos fahren und andere Dienstleistungen nutzen als auch in Europa. Auch aus der Siedlungsstruktur in den USA ergeben sich andere Mobilitätsangebote. Für die vielen Vorstädte hat Sunnyvale ein Transportsystem für die Junioren entwickelt. Den Transport von bis zu sieben Babys, Schulkinder und Jugendliche wollen sie mit Sprinter-Bussen samt Betreuern als Dienstleistung anbieten.
In Sunnyvale werden alle Applikationen für Mercedes-Benz weltweit entwickelt. Zur Zeit werden 20 angeboten, und die Entwicklung geht weiter. Dabei unterliegen die Apps fürs Automobil bestimmten Regeln für die Bedienbarkeit. Die National Highway Safety Administration (NHTSA, in den USA ausgesprochen als „Nitze“) schreibt zum Beispiel die Schriftgröße vor und auch die Anzahl der Schritte (maximal fünf) mit denen man ein System einstellen und steuern kann. Andere Länder, andere Vorschriften.
Andere Länder, andere Erwartungen an den Umgang mit den Daten. Amerikaner sind es mittlerweile gewohnt, eine Black box an Bord zu haben, die Fahrstrecke, das Fahrverhalten und auch die letzten Sekunden vor einem Unfall beobachtet. Speziell in Deutschland betrachtet man solche automatischen Unfalldaten-Schreiber mit Argwohn.
Andere Länder, andere Erwartungen an die Zuverlässigkeit. Viele der Apps stammen aus dem Bereich der Smartphones, aus der Elektronik für Jedermann, der Consumer Electronics. Ein heute zukunftweisendes Angebot dort kann morgen schon von einem neuen überholt werden. Das ist eine Geschwindigkeit, bei der ein Automobilhersteller mit einem Produktzyklus von fünf bis acht Jahren nicht mithalten kann. Auch stellen die Automobilhersteller andere Forderungen an die Zuverlässigkeit. Eine Fehlermeldung, die den Smartphone-Besitzer zum Neustart zwingt, ist für ein Auto unvorstellbar. Die Zuverlässigkeit und der schnelle Wandel bei der Software zwingen die Autohersteller zur Entwicklung flexibler Hard- und Software, die mit den Apps und mit anderen Dienstleistungen aufwachsen können. Beides entsteht hier in Sunnyvale.
Amerikaner tun sich da leichter (siehe Black box und Versicherungsprämien, die vom Fahrverhalten abhängig sind) als die Europäer, die ewigen Bedenkenträger mit der typischen Frage: Wem gehören die Daten, die mein Auto generiert?
Die Techniker geben vor die Antwort nach dem Zugriff auf die Daten den Hinweis, dass es zunächst um die Sicherheit der Datenübertragung gehe. Heute könne man gewährleisten, dass die Daten im Internet sicher übertragen werden. Das gelte für alle Geräte und Dienstleistungen. Zur Frage der Sicherheit vor der Datennutzung durch andere, hat Kohler eine klare Antwort: „Wir haben nicht die Absicht, die Daten herzugeben.“ Zu dieser Art der Datensicherheit führen heute zwei Wege: Der Käufer muss ausdrücklich bestätigen, dass der mit der Weitergabe – anonymisiert oder personalisiert – einverstanden ist. Außerdem werden die Daten zum Beispiel für die Navgation nur anonymisiert weitergegeben werden. Nur der Hersteller weiß, wer sie mit seinem Auto generiert hat.
Und der Hersteller hat tolle Ideen, was man mit denen anfangen kann. Als nicht ganz ernstgemeintes aber beeindruckendes Beispiel für die Möglichkeiten, die sich aus der Verknüpfung von Fahrzeugdaten, Navigationsdaten und Apps ergeben, zeigten die Entwickler ein „Dayogram“. Auf Knopfdruck produziert das Auto ein Video über die gerade beendete Tour mit Streckenführung, Pausen- und Tankstopp, Sehenswürdigkeiten am Rande der Strecke, Fahraufnahmen aus dem Speicher und so weiter. So wurde die Frage per Video illustriert: Brauchen wir alles, was wir können?
geschrieben von auto.de/(ampnet/Sm) veröffentlicht am 26.11.2013 aktualisiert am 26.11.2013
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