Alfa Romeo

Fahrbericht Alfa Romeo Giulietta 2.0 JTDM 16 V: Dr. Jekyll und Mr. Hide

Diesel muss den echten Alfisti doch stinken. Ein Selbstzünder in einem Alfa ist aber schon lange kein Widerspruch mehr. Denn die Italiener kaufen generell mehr Diesel als die Menschen nördlich der Alpen. Und bei unserem Alfa Romeo Giulietta 2.0 JTDM 16 V in der Ausstattungsvariante Turismo ist der Zwei-Liter-Vierzylinder mit 125 kW / 170 PS erste Wahl – in erster Linie wegen der Art der Kraftentwicklung, nicht wegen seines Verbrauchs.

Giulia und Giulietta

Giulia und Giulietta, beide Namen haben die Alfa-Geschichte lange bestimmt als die schnellen Italiener. „Auto, Motor und Sport“ schrieb in den frühen 70er Jahren über die Spitzenversion Giulia 1600 ti Super mit 82 KW / 112 PS: „Überlegenheit, die man nur mit Maßen ausnutzen darf, wenn man nicht die übrigen Verkehrsteilnehmer ängstigen will.“ Bangemachen will Alfa sicher nicht.

Exterieur

Vielleicht wählte man deshalb mit Giulietta die Verniedlichungsform von Giulia, nicht wegen der Größe. Mit 4,35 Metern Länge und der Höhe von 1,47 Metern passt sie in die Familie der Golf-Wettbewerber. Doch anders als der klar gezeichnete, zurückhaltend gestaltete Golf, haut der Alfa auf die Design-Pauke. Coupéform mit im Fensterrahmen versteckten Türgriffen für die hinteren Türen, kurze Überhänge, ausgeprägte Keilform, markante Linien, deutliche Schweller, ausgestellte Radhäuser und ein Gesicht mit großen Augen, dem typischen Alfa-Grill in Form eines auf der Spitze stehenden Dreiecks und großen Lufteinlässe sprechen lautes, emotionales Italienisch.

Das ebenfalls sehr stark gegliederte Heck betont mit breiten Schultern, einem schwarzen Einsatz à la Diffusor unterhalb des Stoßfängers und den beiden Endrohren der Auspuffanlage links und rechts die Breite. Ebenfalls den satten Auftritt vergrößernd wirken die LED-Heckleuchten, die bis in die Heckklappe hineinreichen. Darunter verbirgt sich ein Kofferraum von klassenüblicher Größe, der sich von 350 Liter durch [foto id=“403104″ size=“small“ position=“right“]Umklappen der Rücksitze auf 1045 Liter vergrößern lässt. Doch wen interessieren beim Alfa schon solche Zahlen? Wichtiger ist der optische Appell an die Gefühle des Betrachters.

Interieur

Innen geht der Appell an die Emotionen weiter. Zu den sportlich geformten Vordersitzen und den beiden ähnlich stark konturierten Sitzen im Fond sowie dem unten abgeflachten Drei-Speichen-Lederlenkrad mit wenigen Bedientasten bestimmen klassische Rundinstrumente die Szene, alle umrahmt mit dickem Chrom, eingepasst in eine matt-metallic lackierte Armaturentafel und umrahmt von quellend runden Teilen aus griffsympathischem Kunststoff. Ein breiter Chromstreifen umgibt auch die Konsole auf dem Mitteltunnel mit dem Wahlhebel für die Automatik und einem Schieberegler für das D.N.A.-System.

D.N.A.-System

Die drei Buchstaben stehen für „Dynamic“, „Normal“ und „Allwetter“. Solche Systeme, die den Motor schneller reagieren und höher drehen lassen, die Schaltzeiten der Automatik verkürzen (soweit das bei einem Doppelkupplungsgetriebe überhaupt möglich ist), auf jeden Fall einen tieferen Gang wählen, das elektronische Sperrdifferenzial ins Spiel bringen und vorsichtshalber schon einmal das Bremsen vorbereitet, [foto id=“403105″ size=“small“ position=“left“]sind heute keine Seltenheit mehr. Aber selten haben wir bisher eines erlebt, das den Charakter eines Autos so stark verändert. Wer das Auto startet, bewegt sich im Normal-Modus, freut sich über den Start-Stopp-Automatismus und ahnt nicht, welches Gokart in diesem Alfa steckt: Dr. Jekyll und Mr. Hide.

Das sportliche Herz lernt man im D-Modus dann sehr gründlich kennen und schätzten, auch wenn der Motor dann nicht mehr Sprit sparend an jeder Ampel ausgeht. Darüber können den Fahrer die Anzeigen zum D.N.A.-System auf dem in der Mitte der Armaturen ausklappbaren Bildschirm der Navigation hinwegtrösten. Hier kann man sich Ladedruck sowie Längs- und Querbeschleunigung anzeigen, seine Unterhaltungselektronik steuern und sich natürlich navigieren lassen (Aufpreis 1700 Euro).

Die D.N.A. macht aus einem Mr. Hide jederzeit einen Dr. Jekyll und umgekehrt. Sie kann sich im Familienbetrieb als sehr nützlich erweisen, weil sich die N-Giulietta benimmt wie ein normales Kompaktfahrzeug mit sportlichem Ambiente. Wenn man dann allein am Steuer die D-Giulietta herausfordert, bringt das Spaß pur, nicht nur wegen des agilen Kurventurnens, sondern auch wegen der [foto id=“403106″ size=“small“ position=“left“]Harmonie des Antriebs. Beim Fahrverhalten schließt die Giulietta an Geist und Leistung ihrer Vorfahren gleichen Namen an.

Verbrauchswerte

Der Diesel und das Sechs-Gang-Doppelkupplungsgetriebe Alfa TCT sind gut zueinander. Die 350 Newtonmeter Drehmoment und die Schaltung, die sich auch über Paddel am Lenkrad oder sequenziell von Hand schalten lässt, sorgen für immer passenden und – angesichts der rund 1,5 Tonnen Leergewicht – beeindruckenden Vortrieb. Im D-Modus kann das schon einmal acht Liter auf 100 km kosten, im N-Modus einen guten Liter weniger. Wer den Normverbrauch von 4,5 Liter auf 100 km erfahren will, muss sich sehr zurücknehmen. Wir können uns nach der Erfahrung mit der kleinen Giulia nicht vorstellen, dass jemand in diesem Alfa so charakterstark sein wird, sich der D-Versuchung widersetzen zu können.

Datenblatt Alfa Romeo Giulietta 2.0 JTDM 16 V Turismo DSG

Länge x Breite x Höhe (m): 4,35 x 1,80 x 1,47
 
Motor: Vierzylinder-Diesel, 1,6 l Hubraum,
Multiair-System, Turbolader, Direkteinspritzung
Leistung: 125 kW / 170 PS bei 4000 U/min
Max. Drehmoment: 350 Nm bei 1750 U/min
Durchschnittsverbrauch 4,5 Liter (nach EU-Norm)
CO2-Emissionen: 119g/km (Euro 5)
Höchstgeschwindigkeit: 218 km/h
Beschleunigung 0 – 100 km/h: 7,9 Sek.
 
Leergewicht/Zuladung: 1410 kg / 430 kg
Kofferraum: 350 – 1045 Liter
Räder / Reifen: 7 J x 16 LM / 205/55 R 16
Max. Anhängelast: 1300 kg
 
Basispreis: 30 700 Euro

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