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Test Flying Spur
Drei Dinge hat sich Bentley auf die Fahnen geschrieben: Exklusivität, Tradition und höchste Handwerkskunst. So geht der Name der Limousine Flying Spur auf das Wappen der 1760 gegründeten Karosseriemanufaktur „H. J. Mulliner & Co.“ zurück. Heute bezeichnet Flying Spur quasi den Einstieg in die Welt der Luxuslimousinen des britischen Traditionslabels. Das letztmals 2013 aktualisierte Modell wagt den Spagat zwischen Manufaktur und Großserie und beschert damit Fahreindrücke der unvergesslichen Art. Angesichts 460 kW / 625 PS, 2,5 Tonnen Leergewicht und einem Grundpreis von 191 590 Euro darf die Erwartungshaltung die Latte hoch liegen.
Ob der persönliche goldene Füllfederhalter die Lackfarbe „Alter Ego“ angekreuzt hätte, in der Bentley den Testwagen ausgeliefert hat, darf bezweifelt werden. Der dunkel, ins Violette spielende Farbton, dünkt doch ein wenig hip für eine derart distinguierte Limousine, die sich über 5,3 Meter streckt und auch mit 1,92 Meter Breite und 1,49 Meter Höhe die restlichen Dimensionen des Raums mit Proportionen füllt, die jeden Gedanken an Parkmanöver in öffentlichen Parkhäusern und Tiefgaragen mit Schweißausbrüchen unterlegen. Macht aber nichts, denn Bentley führt über 100 weitere Lacktöne im Angebot für den Flying Spur, die sich mit 17 Ledervarianten und sieben Edelholzausstattungen kombinieren lassen.
Trotz seiner erhabenen Erscheinung generiert der Flying Spur im öffentlichen Straßenraum kaum Aufmerksamkeit. Der sanft dahin huschende 2,5-Tonner verdreht weder die Köpfe von Fußgängern und Radfahrern, noch zücken Jugendliche neben dem geparkten Bentley die Handys, um das seit 2005 amtierende Einstiegsmodell der Marke als Kulisse für ein Selfie zu missbrauchen.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Bentley
Der Flying Spur zählt zu jenen Limousinen, deren wahre erste Reihe im Fond zu finden ist. Zwei Einzelsitze, natürlich ebenfalls multipel verstellbar, in Verbindung mit einer fürstlichen Beinfreiheit, die aus 3,07 Meter Radstand schöpfen darf, bieten nicht nur unglaublichen Komfort, sondern dürfen auch als Belohnung verstanden werden, dass sich Lebensleistung lohnt.
Das perfide an dieser Limousine sind ihre zwei wesentlichen Charaktereigenschaften, die sich eigentlich total widersprechen. Wie wollen wir es halten? Fahren oder Fahren lassen? Denn neben einem geradezu staatstragendem Dahingleiten, erschließt der „Fliegende Sporn“, so die wörtliche Übersetzung für „Flying Spur“, dem Fahrer ein Maß an Fahrspaß, das an der Grenze zum Unanständigen kratzt. Der Zwölfzylinder mit sechs Litern Hubraum mobilisiert frei saugend 460 kW / 625 PS. Bereits bei 1700 Umdrehungen pro Minuten steht das maximale Drehmoment von schiffsdieseltauglichen 800 Newtonmeter zur Verfügung, um von acht automatischen Gangstufen, frei von spürbarem Schlupf, an alle vier Räder sortiert zu werden.
Der beherzte Druck aufs Gaspedal verwandelt den kultivierten, weltläufigen Dr. Jekyll in einen vernehmlich aufknurrenden Mr. Hyde, der nach 4,6 Sekunden aus dem Stand die 100 km/h passiert und die Performance eines Supersportwagens bis zur Höchstgeschwindigkeit von 322 km/h beibehält. Ein echter Bentley steht zu seinen sportlichen Genen und zeigt damit den bei 250 Sachen abgeregelten Luxuslimousinen aus Süddeutschland ein Lächeln. Und dass sie Weicheier sind. Ebenso wie diejenigen, die angesichts von 14,7 Litern Normverbrauch pro 100 Kilometer über ökologische Verwahrlosung hadern wollen.
Wie das zweitürige Coupé Continental auf identischer Plattform ist auch der Flying Spur ein überaus fahraktives Auto, das einen strammen Motorsound nicht in die Untiefen von Dämmmatten verbannt und sich bei trockenen Querfugen durchaus spürbare Reaktionen der Hinterachse gönnt.
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Doch heute feilen, nähen und polieren weniger Meister des Handwerks an den Komponenten des Flying Spurs. Die technische Basis gründet auf der Plattform des Volkswagen Phaeton. Dieses Konzept verleiht dem Bentley nicht nur eine gefühlte Wertigkeit, sondern eben auch jene Qualität der Zuverlässigkeit und Alltagstauglichkeit, die zu lange die Handwerkstradition nur beschworen und nicht mit wirklichem Leben erfüllt hat. Zumindest nicht bis VW 1998 das Zepter übernommen hat.
Seitdem funktioniert Bentley nämlich auch als Geschäftsidee. Mehr als 20 000 Kunden haben sich seit 2005 für einen Flying Spur entschieden. Inzwischen findet praktisch jeder zweite einen Käufer in China.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Bentley
Bei einem Grundpreis von 191 590 Euro und einer Aufpreisliste, mit der sich ein Flying Spur locker bis zu den rund 300 000 Euro aufdirndeln lassen, die für das Topmodell Mulsanne fällig sind, sollte der Spielraum für handgedrehte, gefeilte und polierte Bedienelemente drin sein. Von wegen Exklusivität, Tradition und höchster Handwerkskunst.
Bentley Flying Spur | |
Länge x Breite x Höhe (in m): | 4,63 x 1,78 x 1,44 |
Radstand (m): | 3,07 |
Motor: | W12-Benziner, 5996 ccm, Direkteinspritzung |
Leistung: | 460 kW / 625 PS bei 6000 U/min |
Max. Drehmoment: | 800 Nm ab 1700 U/min |
Höchstgeschwindigkeit: | 322 km/h |
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: | 4,6 Sek. |
ECE-Durchschnittsverbrauch: | 14,7 Liter |
CO2-Emissionen: | 343 g/km (Euro 5) |
Effizienzklasse: | G |
Kraftübertragung: | Acht-Gang-Automatik, Allradantrieb |
Luftwiderstandsbeiwert: | 0,29 |
Leergewicht / Zuladung: | min. 2475 kg / max. 2972 kg |
Kofferraumvolumen: | 442 Liter |
Wendekreis: | 12,1 m |
Räder / Reifen: | 275/45 ZR 19 |
Grundpreis: | 191 590 Euro |
geschrieben von AMP.net/Sm veröffentlicht am 17.03.2015 aktualisiert am 17.03.2015
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