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Fiat
Jürgen Winkler – Der Fiat 500L scheint für den italienischen Autohersteller ein Glücksfall zu sein. Die aufgepumpte Knutschkugel, die unter dem durchaus zutreffenden Slogan »Growing Up Is Cool« vermarktet wird, ist bei den Fiat-Kunden beliebt. Auf einem Fahrtest stellte Fiat das Auto mit einem fast neuen und einem wirklich neuen Motor vor – mit sehr verschiedenen Resultaten
Gianluca Italia sprang gut gelaunt auf die Bühne eines Hotels im mondänen Cannes. Der Mann, auf dessen Visitenkarte der Titel »Head of Fiat Brand« steht, konnte zur Pressekonferenz mit positiven Zahlen glänzen. Fiat verkaufte seit der Markteinführung des 500L[foto id=“455120″ size=“small“ position=“left“] 38.000 Einheiten, 57 Prozent der Käufer wechselten von anderen Marken zu Fiat, und im Januar 2013 war der Wagen sogar das meistverkaufte Fahrzeug seines Segments in Italien.
Das bunte Popmobil zieht vor allem junge Käufer und Familien an – wie von Fiat erhofft. Doch deren Freude wurde manchmal durch die wenig spritzige Motorisierung getrübt. Gianluca Italia und Fiat-Motorenentwickler Aldo Marangoni präsentierten nun die Lösung des Problems: Der Fiat 500L erhält zwei neue Motoren – mit mehr Leistung und geringerem Verbrauch.
Der 0.9 TwinAir Turbo Benzinmotor ist schon seit Anfang 2013 erhältlich. Der Zweizylinder mit Hochleistungsturbo und 875 Kubikzentimer Hubraum wurde auf 105 PS gepusht. Den 1.6 Multijet Diesel – ebenfalls mit 105 PS – gibt es dagegen erst ab Mitte März.
Fiat bewirbt das Downsize-Wunder als »leistungsstärksten Zweizylinder aller Zeiten«. Die nackten Daten scheinen den Superlativ zu bestätigen:[foto id=“455121″ size=“small“ position=“right“] 180 km/h Höchstgeschwindigkeit, Beschleunigung von null auf 100 km/h in 12,3 Sekunden, 80 Prozent des maximalen Drehmoments von 145 Nm schon bei 1.700 Umdrehungen. Sparsam und umweltfreundlich ist er auch noch, sagt das Datenblatt: 4,7 Liter Verbrauch auf 100 km und CO2-Emmissionen von 112 Gramm pro Kilometer; letzteres ist weniger als der europäische CO2-Grenzwert, der ab 2020 gelten soll. Drückt man den Eco-Knopf, sinkt der Verbrauch durch eine Reduzierung der Leistung (98 PS) und des maximalen Drehmoments (120 Nm).
Der Fiat 500L mit 0.9 TwinAir Turbo-Antrieb wird als Stadtauto positioniert: dynamisch, spritzig, verbrauchsarm. Dank der spezifischen Leistung von 120 PS je Liter Hubraum sieht ihn Fiat sogar auf Sportwagenniveau. Doch in der Praxis muss man diese Daten relativieren.
Jeder Tritt aufs Gaspedal wird vom Motor mit einem lauten Heulen beantwortet. Der groß gewordene Cinquecento ist beim Anfahren so auffällig laut, dass man versucht, die Geräuschkulisse durch behutsames Gas geben zu reduzieren – doch dann kommt der Motor nicht in die Puschen. Auch in höheren Gängen ist der TwinAir Turbo kein Flüsterantrieb. Das könnte man verschmerzen, wenn der Wagen flott und spritzig durch die Stadt brausen würde. Unser Fahreindruck war aber eher durchwachsen.
Nach Ampelstopps braucht das Auto seine Zeit um zu beschleunigen. Ist das innerstädtische Tempolimit von 50 km/h erreicht, muss man sich entscheiden,[foto id=“455122″ size=“small“ position=“left“] ob man den Wagen hochtourig im dritten Gang oder untertourig im vierten Gang fahren will. Elastizität gehört nicht zu seinen bevorzugten Eigenschaften.
Auch außerhalb der Ortschaften muss man Geduld aufbringen. Über hüglige Straßen geht es vor allem in den unteren Gängen nicht gerade rasant voran. Die größte Überraschung erlebten wir jedoch beim Verbrauch. Statt der angegebenen 4,7 Liter zeigte der Bordcomputer einen Durchschnittswert von 7,4 Liter auf 100 km an. Nicht nur hier schien das Downsizing des 0.9 TwinAir Turbo an seine Grenzen zu stoßen.
Auch der Dieselmotor wurde aufgebohrt: von 1.248 Kubik und 85 PS auf 1.598 Kubik und 105 PS. Doch der Unterschied zwischen beiden Motoren ist enorm. Steigt man vom TwinAir Turbo in den Multijet um, hat man das Gefühl, in einer anderen Dimension zu fahren. Was für den TwinAir Turbo versprochen wurde, wird beim Multijet eingelöst: dynamisch, spritzig, verbrauchsarm – und dazu nicht übermäßig laut.
Fiat sieht den 1.6 Multijet Diesel als Ergänzung zum TwinAir Turbo.[foto id=“455123″ size=“small“ position=“right“] Während der Benziner für kurze Wege in der Stadt konzipiert wurde, ist der Multijet für lange Strecken gedacht. Mit dieser erweiterten Motorenpalette will Fiat 80 Prozent der Nachfrage im Segment abdecken. Ob der TwinAir Turbo dabei helfen kann, wird sich zeigen – der 1.6 Multijet Diesel ist auf jeden Fall ein fettes Plus im Fiat 500L-Angebot.
auto.de fuhr den Langstrecken-Dieselmotor tatsächlich auf langer Strecke, über Autobahnen und durch Städte und Dörfer mit Stau und Kriechverkehr in engen Gassen. Egal, ob auf glatten Highways oder über gewundene Bergstraßen, der Motor trieb den Wagen jederzeit problemlos an. Seine Spurtstärke ist enorm, jeder Ampelstart wird zum Vergnügen, und wer schaltfaul ist, kann im dritten Gang die Stadt durchqueren. Das maximale Drehmoment von 320 Nm liegt bereits bei 1.750 min an, das maximale Tempo wird bei 181 km/h erreicht.
Der Motor macht Beschleunigungs- und Überholvorgänge auf Autobahnen und Landstraßen sicherer. Es fährt sich einfach risikoloser, wenn man nicht endlos Schwung holen muss, um sich vor der nächsten Kurve an einem Lkw vorbeizuschieben. Und schließlich stimmt hier auch der ermittelte Verbrauch – mit 4,5 Litern je 100 Kilometer lag er nicht weit vom Datenblatt (3,9 Liter) entfernt.
Der 0.9 TwinAir Turbo Benziner ist in jeder der drei Ausstattungslinien Easy, Pop Star und Lounge nur 1.300 Euro günstiger als der 1.6 Multijet Diesel. Diese Preisdifferenz dürfte kein K.O.-Kriterium zugunsten des TwinAir Turbo sein.[foto id=“455124″ size=“small“ position=“left“] Denn mit dem Multijet besitzt Fiat ein exquisites Argument für seine Kunden. Der neue Dieselmotor macht den Fiat 500L zur bequemen Reisekutsche, die auch für die täglichen Wege in der Stadt geeignet ist. Und wenn die Kinder auf der Rückbank mehr Licht für Facebook brauchen, schiebt Mama den Himmel zurück, lässt die Sonne durchs Glasdach scheinen und schaut sich die Palmen an, die die Straßen säumen.
Datenblatt Fiat 500L | 0.9 TwinAir Turbo | 1.6 16V Multijet |
Länge/Breite/Höhe (m) | 4,14/1,78/1,66 | 4,14/1,78/1,66 |
Radstand (m) | 2,61 | 2,61 |
Motor | 0.9 TwinAir Turbo | 1.6 16V Multijet |
Leistung | ||
Hubraum (cm³) | 875 | 1.598 |
Leistung (kW/PS) | 77/105 | 77/105 |
max. Drehmoment (Nm bei U/min) | 145 bei 2.000 | 320 bei 1.750 |
Höchstgeschwindigkeit (km/h) | 180 | 181 |
Beschleunigung 0-100 km/h (s) | 12,3 | 11,3 |
Verbrauch | ||
Verbrauch laut Hersteller (l/100 km) | 4,70 | 3,9 |
CO2-Ausstoß laut Hersteller (g/km) | 112 | 117 |
Schadstoffklasse | Euro 6 | Euro 5+ |
Ausstattung (Basismodell) | ||
sechs Airbags, elektronisches Fahrstabilitätssystem ESP inklusive Antischlupfregelung (ASR), Berganfahrhilfe, Antiblockiersystem (ABS) mit elektronischer Bremskraftverteilung, Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung, elektrische Servolenkung, höhenverstellbarer Fahrersitz, Lederlenkrad mit Multifunktionstasten, Klimaanlage, Lenkrad und Schaltknauf in Leder, Geschwindigkeitsregelanlage (Cruise Control), Außenspiegeln in Wagenfarbe | ||
Gewicht und Zuladung | ||
Leergewicht (kg) | 1.335 | 1.510 |
Kofferraumvolumen (l) | 343 (max. 1.310) | 343 (max. 1.310) |
Preis (Euro) | ||
Ausstattung Easy ab | 18.500 | 19.800 |
Ausstattung Pop Star ab | 19.000 | 20.300 |
Ausstattung Lounge ab | 20.100 | 21.400 |
geschrieben von auto.de/win veröffentlicht am 25.02.2013 aktualisiert am 25.02.2013
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