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MV Agusta ist zwar ein ob seiner zahllosen Rennerfolge in den sechziger und siebziger Jahren in der Motorradszene weithin bekannter Name, doch das Renommee der vor 16 Jahren wiederbelebten Marke steht im umgekehrten Verhältnis zur Verbreitung ihrer Motorräder: Gerade mal 10.000 Stück wies das Kraftfahrtbundesamt Ende 2012 für Deutschland nach. 850 sind im vergangenen Jahr dazugekommen; so gering war die Zahl der Neuzulassungen in den letzten zwölf Monaten.
Auch angesichts der produzierten[foto id=“499720″ size=“small“ position=“right“] 7.500 Stück im vergangenen Jahr ist MV Agusta also nach wie vor eine exklusive Marke, obwohl die Entwicklung eines 800 Kubikzentimeter großen Dreizylindermotors in Verbindung mit einer Änderung der Firmenpolitik die Einstiegshürden deutlich reduziert hat. Nachdem man seit 2013 mit den Nakedbikes Brutale 800 und Rivale 800 schon zwei Modelle parat hält und den Tourer Turismo Veloce 800 bereits vorgestellt hat, kommt jetzt das nächste 800er Derivat auf den Markt: Die Brutale 800 Dragster ist wegen ihres gekürzten Hecks eine nochmals radikalisierte Variante der Brutale. Nomen est Omen?
Schon die Basisversion der Brutale ist ein ausgesprochen giftiges Teil: 92 kW/125 PS leistet der 798 Kubikzentimeter große, knurrig ans Werk gehende Dreizylindermotor bei 11.600/min. Seine Leistungsentwicklung ist gelungen: der Zug aus dem Drehzahlkeller elastisch, ab 3.000/min wird der Triple stark, ab 6.000 dann bärig. Wirklich brutal wird’s ab 8.000 Touren, dann ist eine deutliche Wheelie-Tendenz nicht nur im ersten Gang unverkennbar. Ein zorniger, [foto id=“499721″ size=“small“ position=“left“]drehzahlgieriger Antrieb, der in Verbindung mit dem relativ geringen Gewicht von fahrfertig 187 Kilogramm exzellente Fahrleistungen realisiert. Man bewegt sich auf Superbike-Niveau, wenn’s denn sein soll.
Diesen Antrieb besitzt auch die Dragster-Version, und zwar unverändert. Wichtig ist in diesem Fall zu wissen, dass die Entwicklungsabteilung des Vareser Herstellers in den letzten Monaten das Ride-by-wire-System der Motorelektronik gründlich überarbeitet hat. Dadurch konnten die bislang spürbaren Mängel – eine indifferente, teils unsaubere Gasannahme – ausgemerzt werden. Jetzt geht das 800er Triebwerk absolut einwandfrei und geschmeidig ans Gas. Erfreulich für die Besitzer von mängelbehafteten Fahrzeugen der letzten zwei Jahre ist, dass die neue Software vom MV-Händler kostenfrei aufgespielt wird.
Weil auch das Fahrwerk der Dragster-Variante – abgesehen vom 20 Zentimeter breiten Hinterreifen – identisch ist mit dem der Basis-Brutale, ergeben sich die Unterschiede im Fahrverhalten allein aus den Veränderungen der Ergonomie. So ist der Lenker nicht mehr 75,5 Zentimeter breit, sondern nur noch 69,5 Zentimeter, er wurde auch ein wenig weiter vom Fahrer weggerückt und etwas[foto id=“499722″ size=“small“ position=“right“] höher positioniert; auch die Oberkante des (spärlichen) Sitzpolsters ist bei der Dragster um sechs Millimeter weiter vom Boden entfernt. Für den Piloten heißt das, dass er nochmals ein ganzes Stück vorderradorientierter positioniert ist, zugleich aber eine schmalere Lenkstange zur Verfügung hat. Damit fällt das Einlenken in Kurven nicht mehr so leicht wie bei der Brutale; die Dragster gibt sich etwas störrischer, muss entschlossener abgekippt werden. Weil die Sitzmulde auch deutlich kompakter ausfällt und stärker ausmodelliert ist, steht für den Fahrer weniger Bewegungsspielraum zur Verfügung. Das ist insbesondere von Fahrern mit 1,85 Meter Körpergröße und mehr als unangenehm empfunden.
Dass sich die Brutale 800 Dragster nicht als Tourenbike oder für die Bewältigung des Arbeitsweges eignet, weiß auch Giovanni Castiglioni, der Firmenchef von MV Agusta. „Dieses Modell ist ein typisches Zweitmotorrad für Leute, die alle wichtigen Transportaufgaben gelöst haben und ein reines Spaßfahrzeug haben wollen“, sagt er. Der erste Fahreindruck auf südfranzösischen Land- und Bergstraßen zwischen Marseille und Toulon bestätigt das; auch einige Runden auf der Rennstrecke „Paul Ricard“ in Le Castellet untermauerten den Eindruck, dass die MV Agusta Brutale 800 Dragster ein extremes Motorrad ist: Gemacht für Exzentriker und extrovertierte Typen, denen nicht alleine brutale Fahrdynamik wichtig ist, sondern für die auch der Showeffekt eine Rolle spielt.[foto id=“499723″ size=“small“ position=“left“]
Auf diesem Feld liefert die neue Dragster Bestwerte. Die kompakte, gedrungene Erscheinung mit dem extrem kurzen Fahrzeugheck, die seitliche Dreiflöten-Auspuffanlage, das filigran gezeichnete Hinterrad (Typ Pirelli Corsa Rosso II) und die chic gewählten Mattlackierungen in weiß und grau machen aus der Dragster einen echten Hingucker. Erfreulicherweise zudem ein Motorrad, das – wie ab sofort alle Dreizylindermodelle von MV-Agusta – nun endlich auch mit ABS erhältlich ist. „Als Premiummarke brauchen wir dann natürlich auch ein Premium-ABS“, begründete Castiglioni die Wahl des Bosch ABS 9M Plus; das System verfügt über eine Abhebeerkennung für das Hinterrad und verhindert damit den aufgrund des kurzen Radstands ansonsten bei Brutalbremsungen drohenden Überschlag. Serienmäßig.
Mit einigen feinen Ausstattungsfinessen wie dem serienmäßigen Schaltautomaten (Quickshifter), dem modifizierten Heck, dem hochklassigen ABS und der sehr exklusiven Erscheinung stellt die MV Agusta Brutale 800 Dragster zweifellos eine Besonderheit auf dem Zweiradmarkt dar. Allerdings besteht die Gefahr, dass die Preisfestsetzung auf 13.390 Euro (zuzüglich 275 Euro Liefernebenkosten) höheren Absatzzahlen im Weg steht. Denn einerseits liegt dieser Preis um 1.800 Euro über dem der technisch identischen Basis-Brutale, die serienmäßig freilich keinen Schaltautomaten besitzt und sich auch mit einem 18 Zentimeter-Hinterreifen begnügen muss. Auch die außen am Lenker montierten und in der Praxis eher unvorteilhaften Klappspiegel weist sie nicht auf. Und andererseits kommt dieses Frühjahr mit der neuen BMW S 1000R ein nochmals deutlich stärker motorisiertes Motorrad auf den Markt, das schon für 12.800 Euro erhältlich ist. Nicht ausgeschlossen, dass Dragster-Käufer also ein wirklich außergewöhnlich exklusives Bike erwerben.
Motor: | Flüssigkeitsgekühlter Dreizylinder-Reihenmotor, vier Ventile pro Zylinder, DOHC |
Hubraum: | 798 ccm |
Leistung: | 92 kW/125 PS bei 11.600/min |
maximales Drehmoment: | 81 Nm bei 8.600/min |
Anti-Hopping-Kupplung, Sechsganggetriebe, Quickshift, Kette | |
Fahrwerk: | Stahl-Gitterrohrrahmen in Kombination mit Alu-Profilen; USD-Telegabel, Ø 43 mm, voll einstellbar; Einarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein, voll einstellbar; Doppelscheibenbremse vorn Ø 320 mm, radiale Vierkolben-Festsättel; Scheibenbremse hinten Ø 220 mm, Zweikolben-Schwimmsattel; Zweikanal-ABS Bosch 9M Plus; Reifen vorne 120/70 ZR 17, Reifen hinten 200/50 ZR 17 |
Maße und Gewichte: | |
Radstand | 1.38 m |
Sitzhöhe: | 81,1 cm |
Gewicht trocken: | 167 kg |
Tankinhalt | 16,6 Liter |
Vmax: | über 200 km/h |
0-100 km/h: | ca. 3,5 s |
Praxisverbrauch: | ca. 7,5 Liter/100 km |
Preis: | 13.390 Euro (+ 275 Euro Liefernebenkosten) |
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 11.02.2014 aktualisiert am 11.02.2014
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