Fahrbericht Porsche 911 GT3: Der Straßenrennwagen

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So nah am Motorsport war bisher wohl noch kein Serien-Porsche. Der neue Porsche 911 GT3 strotzt nur so mit Genen aus dem Rennsport. Eindeutiger Beweis dafür ist die Rundenzeit für die Nordschleife des Nürburgrings. Mit 6.59,927 Minuten nimmt der GT3 der Generation 992 seinem keinesfalls schwächlichen Vorgänger fast 13 Sekunden ab. Das sind nicht nur Welten, das sind schon Galaxien.

Leistung und Drehmoment

Nein, es ist keineswegs ein enormer Leistungszuwachs, der dem neuen GT3 das Plus an Dynamik verleiht. Schließlich ist der Vier-Liter-GT-Boxermotor mit seinen 510 PS (375 kW) lediglich zehn PS stärker als der Vertreter der Generation 991. Und auch das Drehmoment des frei saugenden Sechszylinders haben die Entwickler um Porsches GT-Chef Andreas Preuninger lediglich von 460 auf 470 Newtonmeter erhöht. Der Motor entspricht dem Boxer des 911 Speedster und basiert auf dem Rennaggregat des 911 GT3 R. 3,4 Sekunden dauert der Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 (PDK / wie gehabt gibt es den GT3 auch mit einem manuellen Sechs-Gang-Getriebe, dann 3,9 Sekunden) und 10,8 Sekunden (11,9) vergehen, bis die Tachonadel 200 anzeigt. In der Spitze sind 318 (PDK) beziehungsweise 320 km/h Stunde möglich. Die Spitzenleistung erreicht der Motor dank des Hochdrehzahl-Konzepts bei 8.400 Touren. Erst bei 9000 Umdrehungen pro Minute setzt die Elektronik der Drehfreude Grenzen. Diese Werte des an die Anforderungen der Straßenverkehrsordnung angepassten Renntriebwerks sind jedoch nur die eine Seite der goldglänzenden Medaille. Weitaus entscheidender sind die vielen technischen Details, mit denen Preuninger und sein Team das neue Maß an Performance geschaffen haben.
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Cleveres Gewichtsmanagement

Da ist beispielsweise das Gewicht. Mit knapp über 1400 Kilogramm wiegt die Neuauflage des GT3 genauso viel wie das 991-Modell. Und das, obwohl die Plattform des 992 deutlich größer und zudem schwerer ist als die des Vorgängers. Die neue Leichtbau-Fronthaube aus kohlefaserverstärktem Kunststoff trägt ebenso dazu bei wie geschmiedete Leichtmetallräder (9,5x20 Zoll vorne und 12x21 Zoll hinten, optional bezogen mit 255er- beziehungsweise 315er-Michelin Pilot Sport Cup 2) oder Leichtbauglas für sämtliche Scheiben. Die Leichtbau-Sportabgasanlage ist trotz des Mehrgewichts der zwei getrennten Ottopartikelfilter – der Sound hat dennoch kaum gelitten – sogar noch leichter geworden. Das komplette Bauteil wiegt zehn Kilogramm weniger als das im GT3 der 991-Baureihe. Die neue Fondabdeckung hinter den Vordersitzen und das Doppelkupplungsgetriebe, das ohne achten Gang auskommt, steuern ebenfalls zur Diät bei. Zudem spart die nun serienmäßige 60 Ah starke Starterbatterie im Vergleich zum bisherigen 911 GT3 mehr als zehn Kilogramm ein. Optional steht auch eine 40-Ah-Variante zur Verfügung. Sie ist noch einmal 3,5 Kilogramm leichter. Mit einem Leistungsgewicht von 2,8 Kilogramm pro PS rückt der GT3 mit Schaltgetriebe noch näher an das Niveau reinrassiger Rennwagen heran als zuvor.
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Aerodynamischer Anpressdruck

Dazu trägt zudem ganz wesentlich die Verbesserung des Abtriebs bei. Der neue Heckdiffusor erzeugt viermal so viel Abtrieb wie beim Vorgänger. Grund dafür sind unter anderem die Diffusoren an der Front, die gemeinsam mit der Spoilerlippe für eine veränderte Anströmung des vollverkleideten Unterbodens sorgen. Komplett auf Abtrieb ausgerichtet ist der mächtige Heckflügel. Die Schwanenhals-Aufhängung kommt in ähnlicher Form beim GT-Langstrecken-Rennwagen und Le-Mans-Klassensieger 911 RSR zum Einsatz. Da zwei Aluminium-Winkel das Flügelelement von oben halten, kann der Fahrtwind die aerodynamisch wichtigere Unterseite störungsfrei umfließen. Das bedeutet, dass der GT3 in der Summe in der Aerodynamik-Werkseinstellung 50 Prozent mehr Downforce generiert als bisher. Wer die Performance-Position für die Fahrt auf der Rundstrecke wählt, der darf sich bei Tempo 200 gar über eine 150-prozentige Steigerung des Abtriebs freuen.
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Mit Kraft durch die Kurve

Mehr Stabilität bei hohen Geschwindigkeiten auf der Geraden und mehr Performance in den Kurven bringen außerdem die vorderen Radaufhängungen. Ihre komplett neu entwickelte Doppelquerlenker-Konstruktion stammt ursprünglich aus Formel-Fahrzeugen, wurde von Porsche bereits 2005 im legendären LMP2-Prototypen RS Spyder eingesetzt und 2017 für den Le-Mans-Klassensieger 911 RSR übernommen. Jetzt kommt sie erstmals einem Straßenfahrzeug des Sportwagenherstellers zugute und verleiht dem 911 GT3 mit einer vorderen Spurweite von 1,60 Metern – hinten sind es 1,55 Meter – eine beispielhafte Einlenkagilität sowie größere Bremsstabilität. Apropos Bremsen: An der Vorderachse kommen Scheiben mit einem Durchmesser von 408 statt bisher 380 Millimetern zum Einsatz. Die LSA-Fünflenker-Hinterachse ist mit zusätzlichen Kugelgelenken für die besonders belasteten unteren Querlenker ausgestattet. Anstelle elastokinematischer Gummielemente sorgen sie nun auf der Innen- und Außenseite für eine praktisch spielfreie und damit besonders präzise Anbindung an die Karosserie. Andreas Preuninger: „Damit bieten sie eine besonders direkte Verbindung zur Straße.“
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Rennstrecken-tauglich

In der Praxis machen sich die Verbesserungen vor allem dann bemerkbar, wenn ein Profi am Steuer sitzt. Sicher, schon die selbst gefahrenen Runden auf dem anspruchsvollen Kurs am Bilster Berg zeigen, dass sich der GT3 wirklich ohne Probleme mit hohem Tempo um den Kurs prügeln lässt. Da könnte der Gedanke aufkommen, über Nacht seien die Fahrkünste quasi im Schlaf besser geworden. Doch wenig später, auf dem Platz auf der Beifahrerseite, entpuppt sich dieser ohnehin absurde Gedanke als Träumerei. Am Steuer sitzt nun der langjährige Porsche-Werksfahrer und jetzige Markenbotschafter Jörg Bergmeister. Und der lässt es richtig fliegen. Schon nach den ersten zwei, drei Kurven wird klar, was der GT3 tatsächlich leisten kann. Es geht unfassbar schnell um die Ecken. Auf den welligen Geraden kommt nie das Gefühl auf, dass der Wagen auf der Hinterachse leicht wird.
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Teurer Spaß

Mit einem breiten Grinsen im Gesicht lässt Bergmeister den Renner schließlich in die Boxengasse rollen. „Das Auto macht unglaublich viel Spaß. Jede Runde ist ein Vergnügen. In Sachen Balance ist dieser GT3 das mit Abstand beste Serienauto, das ich je gefahren bin. Wir sind hier ganz nah dran am Rennwagenniveau.“ Wer das am eigenen Leib spüren möchte, muss mindestens 171.000 Euro investieren. Und wer nicht unbedingt Rennstreckenrekorde anpeilt, der sollte auf das Touring-Paket warten. Denn auch diesen GT3 wird es ohne den mächtigen Heckflügel geben. Wer noch komfortableres Reisen bevorzugt, sollte die sportliche Langstrecke-Limousine Porsche Panamera inspizieren. Noch mehr Platz und eine erhöhte Sitzposition bieten nur noch Porsche Macan und Porsche Cayenne.
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